Ski-WM:Weshalb Janica Kostelic es Bode Miller gleichtat

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Von Wolfgang Gärner

Was wünscht sich eine Skifahrerin, die dreimalige Olympiasiegerin ist und drei Mal Weltmeisterin war? Immer mehr, vor allem mal was anderes: Es scheint Trend zu sein bei jenen, die im Torlauf Spitze geworden waren, dass sie auch in der Abfahrt die Welt auf den Kopf stellen wollen. Was Bode Miller vormachte am Samstag, tat ihm Janica Kostelic, 23, am Sonntag gleich. ¸¸Mein Traum ist es, einmal eine Abfahrt zu gewinnen", verriet sie, als der Winter begann. Traum erfüllt - nicht in beliebigen Weltcuprennen, sondern bei der WM auf der Piste Deborah Compagnoni, mit 26/100 Sekunden Vorsprung auf die ganz und gar unbekannte Italienerin Elena Fanchini; Dritte wurde Renate Götschl (Österreich), die vor sechs Jahren diesen Titel gewann und heuer lange erste Anwärterin war, aber in der vergangenen Woche schier jede Hoffnung fahren ließ.

Hilde Gerg, 29, hatte nie von ihrer Zuversicht gelassen, auch nicht nach dem 13. Platz im Super-G. ¸¸Wenn ich in der Abfahrt nicht unter die besten Fünf komme, dann verstehe ich gar nichts mehr", war ihre Reaktion. Denn schlechter war sie nie gewesen in dieser Saison: Siegerin in Lake Louise, Dritte in Santa Caterina und in Cortina. Schlechter platziert war sie erstmals gestern, im wichtigsten Rennen des Winters: Achte, 1,42 Sekunden hinter der Siegerin, eine hinter der Dritten. Spurensuche auf der Piste: Die Gescheiterte war sich keines Fehlers bewusst. ¸¸Man sieht sich ja aber nicht selbst fahren." Könnte die Materialverteilung auf dem Podium einen Hinweis geben: Salomon - Dynastar - Salomon? So was spricht nicht an, wer ein verlässlicher Partner seines Ausrüsters sein will. Den Sprung erwischt, die Kurven nicht zu weit gefahren, kein Hakler, kein Rutscher, aber das Zwischenergebnis wies dennoch einen gravierenden Rückstand auf Elena Fanchini aus Montecampione bei Brescia auf. ¸¸Als ich das sah, wusste ich, dass es nicht besonders gut gewesen sein konnte", sagte Hilde Gerg. ¸¸Bei ein paar Zehnteln, hätte man spekulieren können." Aber nicht mehr bei 1,16 Sekunden hinter einer, die bisher vier Weltcuprennen bestritt und als herausragende Resultate zwei 17. Plätze in den Testrennen auf derselben Piste vorzuweisen hatte.

Die Schwedin Lindell-Vikarby hat die beste Deutsche endgültig vom Podest gefahren; weil außerdem Petra Haltmayr (Rettenberg) mehr als zweieinhalb Sekunden zu spät eingelaufen war, stand das Urteil über die deutsche Abteilung in diesem Rennen fest, ehe es beendet war: dass wie in Super-G und Kombination wieder keine unter die ersten Drei finden würde. ¸¸Natürlich sind wir hier, um Medaillen zu gewinnen - die beiden besten Möglichkeiten dazu sind vertan", hat Cheftrainer Wolfgang Maier gesagt, ¸¸nun müssen wir uns überraschen lassen." Natürlich hatte alles an Hilde Gerg gehangen, nachdem Maria Riesch mit schwerem Kniedefekt ausgefallen war. Maier: ¸¸Wir haben uns danach zurückpositioniert, keinesfalls vorgedrängt. Wir müssen akzeptieren: Die anderen waren schneller. Die Fahrt von Hilde sah gut aus, aber es hat nicht gereicht. Wir sind nicht sang- und klanglos abgedriftet, sondern: Wir haben es nicht geschafft, unter die ersten Drei zu kommen."

Hilde Gerg hatte aus (schlechter) Erfahrung gewusst: ¸¸Beim Großereignis reicht es nicht, hinzugehen und zu sagen: Jetzt hole ich meine Medaille ab." Es müssten auch die Umstände passen, das war an diesem Tag offensichtlich nicht der Fall. Mit zunehmendem Alter lerne man, damit umzugehen, sagte sie, aber die besondere Bitternis des Moments war trotz all ihrer Gelassenheit durchzuschmecken - das ist ihr letztes Rennen bei einer WM gewesen, also stand fest: ¸¸Dann ist es halt nichts geworden mit einer Abfahrtsmedaille in meiner Karriere." Andere hätten an diesem Tag, bei dieser WM auch nichts zu lachen gehabt: ¸¸Schaut Euch die Dorfi an."

Michaela Dorfmeister, Österreich, war als Titelverteidigerin im Super-G an einem Tor vorbeigefahren, gestern mit einer Bruchlandung nach dem Canaletto-Sprung ausgeschieden. Bei diesen Personalien verwundert es nicht, dass Renate Götschl, nach drei Titeln kürzlich in Cortina von ihren Landsleuten emphatisch zur Speedqueen ausgerufen, Glücksgefühle über Rang drei äußerte: ¸¸Weil ich als Einzige aus dem Favoritenkreis auf dem Podium bin." Andererseits hatte sie am Tag zuvor nicht frei von Sarkasmus gesagt: ¸¸Die Kostelic braucht sich zur Zeit offenbar nur auf die Ski draufzustellen", also nicht ganz aus ihren Rechnungen draußen gehalten die Frau, die als ihre entscheidenden Maßnahmen dafür schon früher mal genannt hatte: ¸¸Ich schaute, das mein Arsch breiter wurde und meine Ski schneller." Das ist jedenfalls lustiger als die Widmung von Elena Fanchinis Silbermedaille an Marco Pantani, ihr Idol. Leider war der nicht nur Radheros, sondern auch Dopingsünder und Drogenjunkie bis in den Tod.

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