Ski-WM: Team-Wettbewerb:Unterschätztes Spektakel

Großartige Stimmung im Zielbereich, die Fahrer loben das "geniale Event": Der Team-Wettbewerb überrascht seine Kritiker. Am Ende gewinnt Frankreich - und nicht der große Favorit aus Österreich.

Carsten Eberts

Sie dürften diese WM wohl sofort verlassen. Das Team-Hotel räumen, wortlos, grußlos - sie müssten sogar den Antrag stellen, dass das vertraute Attribut "Ski-Nation" nie wieder im Zusammenhang mit dem österreichischen Männerteam genannt werden darf.

Die Kritik im eigenen Land, dass es für das österreichische Männerteam in Super-G und Abfahrt trotz Favoritenstellung nicht zu einer Goldmedaille gereicht hatte, war relativ heftig. Nur die Frauen waren erfolgreich, sehr sogar, die Männer nicht. Der Team-Wettbewerb sollte nun endlich das erste Gold bescheren - bei den vergangenen drei Weltmeisterschaften hatte Österreich schließlich gewonnen.

Doch es kam alles anders. Die Österreicher zogen zwar recht souverän ins Finale ein, unterlagen dort jedoch Frankreich. Wieder kein Gold - beim Endstand von 2:2 hatten die Franzosen die bessere Gesamtzeit.

Die Enttäuschung darüber war groß - sie rückte jedoch bald in den Hintergrund, als die Schwere der Knieverletzung von Benjamin Raich bekannt wurde: Riss des vorderen Kreuzbandes im linken Knie, Knorpelabbruch des äußeren Schienbeinkopfes und einen Teileinriss des äußeren Meniskus. Raich soll noch am Mittwoch operiert werden.

Die Einordnung des Team-Wettbewerbs, dem jüngsten aller WM-Formate, ist schwierig. Eigentlich ist das Team-Rennen eine attraktive Angelegenheit - ein Parallel-Riesenslalom, ein direktes Duell, bei dem die Zuschauer vom Zielbereich aus das gesamte Rennen verfolgen können. Zwei Frauen und zwei Männer pro Runde, der Sieger erhält jeweils einen Punkt, am Ende wird addiert. Steht es nach vier Fahrern 2:2, entscheidet die bessere Gesamtzeit der besten Frau und des besten Mannes.

Unattraktiv war jedoch, dass viele Nationen den Wettbewerb nicht sonderlich ernst nahmen: Fünf sagten ihren Start ganz ab, viele andere schonten ihre besten Fahrer, unter anderem Deutschland, das auf Maria Riesch, Viktoria Rebensburg und Kathrin Hölzl verzichtete. Da half es nichts, dass der Weltskiverband einzig für diesen WM-Wettbewerb ein Preisgeld auslobte.

Die Österreicher hingegen starteten hochambitioniert. Sie fuhren in voller Besetzung - mit Anna Fenninger, Marlies Schild, Michaela Kirchgasser, Benjamin Raich, Romed Baumann und Philipp Schörghofer, besser geht es kaum. Im Viertelfinale gegen Kroatien musste noch die bessere Zeit entscheiden, im Halbfinale hatte Italien dann keine Chance. Im Finale gegen Frankreich gewannen Fenninger und Baumann ihre Läufe, Schörghofer und Kirchgasser verloren jedoch. Schörghofer kam eine halbe Sekunde hinter Richard Cyprien ins Ziel - zu viel für Gold.

"Leider bin ich ausgerutscht"

Wie spektakulär dieser Team-Wettbewerb trotz verbreiteter Geringschätzung sein kann, zeigte gleich das erste Duell im Achtelfinale. Der Kanadier Paul Stutz stürzte bereits beim Start, sein kroatischer Kontrahent Natko Zrnic-Dim muss das Rennen eigentlich nur noch locker zu Ende fahren. Dann rutschte jedoch auch Zrnic-Dim weg, rettete seinen Vorsprung dennoch ins Ziel.

Ohnehin waren ausschließlich positive Kommentare zu hören: Alle lobten das Spektakel, das direkte Duell, die großartige Stimmung im Zielbereich. "Ein geniales Event", lobte Felix Neureuther, mehr konnte er kaum sagen, weil er unter lautem Getöse im Zielbereich sein eigenes Wort nicht verstand. Der Team-Wettbewerb hat die WM in Garmisch erobert - Fortsetzung bei Weltmeisterschaften und Olympischen Winterspielen unbedingt erwünscht.

Bei der deutschen Mannschaft stellte sich unweigerlich die Frage: Was gewesen wäre, hätten Maria Riesch oder Viktoria Rebensburg an den Start gehen können? Das Achtelfinale gegen die Slowakei entschieden die deutschen Fahrer noch 4:0 für sich, im Viertelfinale war der spätere Weltmeister Frankreich jedoch zu stark: Zunächst gewann Lena Dürr hauchdünn, dann stürzte Fritz Dopfer, auch Veronique Hronek verlor ihren Lauf. Als letzter Fahrer stürmte Felix Neureuther den Hang hinab, war schneller als Cyprien Richard, am Ende hatten die Franzosen jedoch die bessere Gesamtzeit.

"Es ist sehr schade, dass wir ausgeschieden sind", sagte Felix Neureuther, "ab dem Halbfinale wäre sicher alles drin gewesen." Unglücksrabe Dopfer entschuldigte sich: "Leider bin ich ausgerutscht. Aber ich habe versucht, mein Bestes zu geben."

Auch Alpin-Direktor Wolfgang Meier haderte: "Ein bisschen wurmt es mich schon, dass wir wegen des Zeitunterschiedes ausgeschieden sind, aber so groß ist die Enttäuschung nicht, weil wir ein gutes Rennen gezeigt haben. Wir können den Kopf hochhalten."

Die Ausrede, dass es mit Riesch oder Rebensburg besser gelaufen wäre, wollte er in diesem Moment nicht gelten lassen.

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