Ski-WM 2011: Super-G der Damen:Gold für das Goldkehlchen

Bei der Eröffnungsfeier schmetterte Elisabeth Görgl noch den WM-Song, tags darauf fährt sie zu Gold. Auch Maria Riesch ergattert eine Medaille - Gina Stechert droht hingegen das WM-Aus.

Carsten Eberts

Maria Riesch stand bereits im Zielbereich und schickte bange Blick den Hang hinauf. Von oben fuhr ihr Lindsey Vonn entgegen - und hätte Vonn einen richtig guten Lauf erwischt, wäre die Medaille für die Deutsche wohl futsch gewesen. "Mein Puls war höher als bei meiner eigenen Fahrt", sagte Riesch hinterher, "ich hatte die Medaille fast schon abgehakt."

Goergl of Austria reacts after competing during the women's super-G race at the Alpine Ski World Championship in Garmisch-Partenkirchen

Die erste Weltmeisterin der alpinen Ski-WM in Garmisch: Elisabeth Görgl gewinnt den Super-G.

(Foto: REUTERS)

Doch Vonn kam diesmal mit Verspätung ins Ziel, mit einem ungewöhnlich großen Rückstand sogar - und Maria Riesch hatte die freudige Gewissheit: Es ist Bronze, der Auftakt zur Ski-WM ist aus deutscher Sicht gerettet.

Zwei Fahrerinnen waren an diesem Tag jedoch zu stark: Die Österreicherin Elisabeth Görgl, die mit Startnummer 16 einen Riesenlauf hinlegte und knapp vor der Amerikanerin Julia Mancuso gewann. Riesch wurde mit 21 Hundertstel Rückstand Dritte.

Görgl, die tags zuvor bei der Eröffnungsfeier noch den WM-Song You're the Hero - between Heaven and Hell geschmettert hatte, lieferte eine überraschende Erklärung für ihren Lauf. "Eigentlich habe ich mich nicht gut gefühlt", sagte sie: "Aber im Ziel stand auf der einen Anzeigetafel, dass ich führe und auf der anderen der Vorsprung. Da wusste ich, dass es ein guter Lauf war." Die WM hat ihre erste Gewinnerin, eine sympathische noch dazu.

Auch Maria Riesch strahlte freudig umher. "Meine Erleichterung ist groß", sagte sie, "eine Medaille im ersten Rennen nimmt natürlich den großen Druck weg." Sie hatte einen guten Lauf gezeigt, ohne große Fehler, war an zwei, drei Toren vielleicht ein wenig zu spät dran. "Bronze bedeutet natürlich nicht, dass ich ab sofort weniger motiviert bin", sagte Riesch und lachte. Gemeint war vor allem die Abfahrt am kommenden Sonntag.

Dass Riesch am Ende jubeln durfte, lag auch an ihrer Freundin Lindsey Vonn. Vielleicht hatte sich die Amerikanerin mit ihren Psychospielchen vor dem Rennen selbst etwas verunsichert. "Schockiert und enttäuscht" hatte sich Vonn über die vereiste Piste gezeigt, kokettierte sogar mit dem Gedanken, ihren Start kurzfristig abzusagen. Das erinnerte an das unschöne Scharmützel von Vancouver, als Vonn auf einer Pressekonferenz über ihre Schienbeinverletzung klagte. Kurz darauf raste sie in Abfahrt und Super-G zu Gold und Bronze.

Trotz aller Ankündigungen startete Vonn natürlich auch beim Super-G in Garmisch. Diesmal ging das Spiel jedoch nicht auf. Vonn fuhr weniger erbarmungslos und verkrampfter als sonst - und hatte somit keine Chance auf eine Medaille. "Das war nicht ich, die da gefahren ist", sagte Vonn: "Die Konzentration war nicht da, mich hat alles überrascht. Ich war nicht aggressiv genug." Vonn wurde mit 84 Hundertstel Rückstand lediglich Siebte und kündigte Konsequenzen an: "Ich muss schauen, dass ich für die Abfahrt wieder fit werde, vielleicht lasse ich die Super-Kombination aus."

Es war nicht der Tag der Amerikanerin - und auch die Ergebnisse der anderen Favoriten zeigten, welch fulminante Läufe Görgl (die sonst eher auf dritte Plätze aboniert schien), Mancuso (die besonders im unteren Streckenabschnitt brilliant fuhr) und auch Riesch gelungen waren. Die Schweizerin Lara Gut fuhr hinterher, ebenso Anja Pärson, die eigentlich so starke Schwedin, die am Ende mit 1,17 Sekunden Rückstand Zehnte wurde. Gar nicht starten konnte Viktoria Rebensburg: Die 21-Jährige sagte grippekrank ab, will sich auf ihren Start im Riesenslalom konzentrieren.

Die große Sorge um die zu gefährliche WM-Piste hatte sich am Ende als unbegründet erwiesen. Wie anspruchsvoll die Strecke dennoch war, zeigten zwei Stürze. Die Österreicherin Andrea Fischbacher fädelte nach einem Fahrfehler bei rund 80 Stundenkilometern ein, verlor beide Ski und raste ohne Bremsmöglichkeit nach unten: erst auf dem Bauch, dann auf dem Rücken, Hunderte Meter die vereiste Piste hinab. Doch sie stand wieder auf, fuhr auf dem Rücken eines Betreuers in den Zielbereich, lächelte unten in die Kameras.

Weniger glimpflich verlief der Sturz von Gina Stechert. Sie rutschte auf der eisigen Piste weg, rauschte kopfüber mit 70 bis 80 Stundenkilometern in den Fangzaun. Während Fischbacher sofort wieder aufstand, blieb Stechert erst mal benommen liegen.

Da schickte Maria Riesch ein zweites Mal bange Blicke den Hang hinauf. Jedoch auch diesmal mit scheinbar gutem Ende: Stechert hatte sich nur am Finger verletzt, stand nach kurzer Zeit wieder auf, konnte den Hang selbst hinunterfahren. "Es ging alles sehr schnell, ich bin plötzlich aufgeschlagen", sagte Stechert hinterher. Die Verletzung sei nicht so schlimm: "Ich hab mir blöd den Daumen abgeknickt. Aber sonst ist alles okay soweit."

Erst einige Stunden später wurde bekannt, dass Stecherts Analyse etwas vorschnell war. Im Krankenhaus wurde ein Bruch des rechten Mittelhandknochens am Daumen diagnostiziert - Stechert wurde bereits operiert. Die WM dürfte damit für sie gelaufen sein. So fand dieser sportlich erfreuliche Tag doch noch ein eher betrübliches Ende.

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