Ski-WM in Garmisch: Bilanz:Spiele, keine Festspiele

Bei der Ski-Weltmeisterschaft präsentiert sich Garmisch für die Olympischen Winterspiele als solide Wahl - mehr nicht. Das Motto vom großen Spektakel wurde trotz bester Organisation verfehlt.

René Hofmann

Der Anspruch war gewaltig. Die alpine Ski-Weltmeisterschaft in Garmisch-Partenkirchen sollte nicht nur eine Ski-WM sein. "Festspiele im Schnee" wollten die Organisatoren aufziehen - eine Party mit Strahlkraft also, die sich besonders auf die Münchner Bewerbung um die Olympischen Spiele 2018 richten sollte. Schon vor den letzten Rennen, den Slalom-Wettbewerben an diesem Wochenende, ist klar: Das Motto wurde nicht komplett erfüllt. Die WM hat den Olympia-Bemühungen aber zumindest nicht geschadet.

Mehr war auch nicht zu erwarten, denn über die Vergabe der Spiele entscheiden nicht Partystimmung, Schnee- lage oder einheimische Siege bei einem wichtigen Test. Richten wird allein die Vollversammlung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) mit ihren mehr als hundert Delegierten am 6. Juli in Durban in Südafrika. Um das Votum im Dreikampf mit Pyeongchang in Südkorea und Annecy in Frankreich maßgeblich zu beeinflussen, muss eine Test-Veranstaltung wie die Ski-WM schon Ausschläge ins Extreme aufweisen, also ein Desaster oder ein nie zuvor erlebtes Sportfest werden. Beides war die WM nicht.

Vor allem bestätigte sie ein Urteil, das seit der Fußball-WM 2006 weltweit betoniert ist: Organisieren können sie, die Deutschen.

Allerdings hat Garmisch-Partenkirchen auch etwas anderes erneut gezeigt: Die Menschen hierzulande sind am Wintersport interessiert, und wenn Ausnahmetalente wie Maria Riesch auftreten, applaudieren sie auch und schwenken schwarz-rot-goldene Fähnchen. Eine flächendeckende Wintersport-Begeisterung aber, wie sie suggeriert wird, wenn die öffentlich-rechtlichen Sender von früh bis spät Biathlon, Skispringen und Rodeln zeigen, die gibt es nicht.

Ernsthaft beeinflusst, zum Negativen, hätte die Ski-WM die Olympia-Chancen, wenn es große Proteste gegen die Kandidatur 2018 gegeben hätte. Die sind ausgeblieben. Die nächste, vermutlich wirkungsvollere Gelegenheit, Ablehnung zu artikulieren, bietet sich den Olympia-Gegnern aber bald. Anfang März kommt die 14-köpfige Prüfungskommission des IOC nach Oberbayern, der in Südkorea und Frankreich sogar die Staatenlenker ihre Aufwartung machten.

Dann wird sich zeigen, wie stark die Olympia-Opposition wirklich ist. Ernst nehmen muss man sie, weil sie ernstzunehmende Argumente vorbringt. Im Kern geht es um die Grundsatzfragen, ob kommerzielle Wintersport-Feste auf aufwendig beschneiten Bergen noch in die Zeit passen. Und ob solche Spektakel einem Land mehr bringen, als sie kosten.

Wer diese Fragen mit "Ja" beantwortet, den hat die alpine Ski-WM in seiner Meinung bestärkt. Wer die Fragen verneint, den hat das Sportfest nicht vom Gegenteil überzeugt. Der größte Test vor der Entscheidung hat in erster Linie das unterstrichen, was vorher schon klar war: Deutschland wäre für das IOC eine solide und verlässliche Wahl.

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