Ski-WM:Hubschrauber statt Gold für Lara Gut

FIS World Ski Championships - Women's Super G

Kreuzbandriss und Saisonende für Lara Gut.

(Foto: Alexander Hassenstein/Getty)
  • Der Schweizer Ski-Heldin Lara Gut reißt beim Einfahren das Kreuzband - statt Gold in der Kombination zu gewinnen, fliegt sie ins Krankenhaus.
  • Dafür holt ihre Landsfrau Wendy Holdener den WM-Titel.
  • Gut muss ihre Saison frühzeitig beenden.

Von Johannes Knuth, St. Moritz

Der Moment, der Monate des Trainierens und Vorbereitens zertrümmerte, währte nicht einmal eine Sekunde. Lara Gut stimmte sich nach der Abfahrt am Freitag gerade für den Slalom ein, den zweiten Teil der alpinen Kombination bei der Ski-WM in St. Moritz, und weil irgendjemand ein Video davon in die sozialen Netzwerke spülte, konnte man bestens studieren, wie die 25-Jährige plötzlich von einer Sekunde des Kontrollverlusts gepackt wurde. Guts Oberkörper zuckte, sie stürzte, sank hinter einer Kuppe zu Boden. Dann sah man erst mal nicht mehr viel. Außer Nebel und Schnee.

Das Schweizer Fernsehen zeigte bald Bilder von einem Helikopter, sie zeigten die "Klinik Gut" (ohne Verbindung zur Fahrerin), in der sie Gut untersuchten. Hans Flatscher kam ins Bild, Trainer der Schweizer Frauen, er wisse noch nicht viel, sagte Flatscher, "das Knie" sei betroffen. Was freilich reichte, um die schlimmsten Befürchtungen zu nähren. Wenn das Knie im Skisport betroffen ist, das wusste Flatscher natürlich, ist das meistens: "sehr schlecht."

"Das tut einem wahnsinnig leid"

Die WM in St. Moritz hatte die Gastgeber bislang durch diverse heiße und kalte Momente geschickt, am Freitag lagen die Extreme dann noch weiter auseinander. Wendy Holdener gewann am Nachmittag Gold in der alpinen Kombination, 16 Jahre nach dem vorerst letzten WM-Titel einer Schweizerin durch Sonja Nef. Eine Ewigkeit für die Skination, klar. Holdeners Teamkollegin Michelle Gisin, 23, versüßte das Ergebnis als Zweite, vor Michaela Kirchgasser, Österreich. Kira Weidle, einzige deutsche Starterin, wurde wegen eines Regelverstoßes beim Material disqualifiziert. "In meiner Familie sind alle sehr emotional", sagte Gisin, "das war eher so ein Gequietsche."

Es dauerte aber nicht mal eine Stunde, ehe die Emotionen einfroren. Die Befürchtungen hatten sich bewahrheitet, Guts vorderes Kreuzband im linken Knie war gerissen. "Das tut einem wahnsinnig leid", sagte Gisin, "Freud und Leid liegen im Skisport nah beieinander". Sie wusste, wovon sie sprach.

Saisonende für Lara Gut

Auch die dritte Entscheidung dieser WM stand am Ende für die schönen und nicht so schönen Seiten des Sports, nach den Stürzen der ersten Tage. Kirchgasser, 31, hatte nach Knieproblemen zuletzt fast schon ihre Karriere stillgelegt, Gisins ältere Schwester Dominique, Abfahrts-Olympiasiegerin von 2013, hatte mehr als ein halbes Dutzend Knie-Operationen hinter sich gebracht. Und Holdener, 23, hatte bislang zwar weniger mit Verletzungen zu kämpfen, sie brauchte dafür ein paar Jahre, ehe sie Vertrauen in ihre eigene Stärke gewann. Sie ist eher der Gegenentwurf zu Gut. Sie tastete sich langsam, aber stetig in die Weltspitze, sie ist ein Kind des Verbands, nicht eines Privatteams, die Erwartungen brachen auch nicht so heftig auf sie herein wie auf Gut. Und jetzt? Weltmeisterin mit 23. "Unglaublich", sagte Holdener.

Lara Gut? Fällt für den Rest der Saison aus. Die Verletzung erfordere "keine notfallmäßige Operation", sagte Teamarzt Walter Frey, man prüfe derzeit, wie man Gut behandeln werde. Dafür bestand am Freitag in einer anderen Sache nahezu Gewissheit: Die Amerikanerin Mikaela Shiffrin dürfte nach Guts Ausfall nun wohl zum ersten Mal den Gesamtweltcup gewinnen. Falls Shiffrin gesund bleibt.

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