Ski alpin:Rebensburg ist jetzt wieder die Gejagte

Ski alpin: Drei Jahre musste Viktoria Rebensburg auf einen Sieg warten. Nun feiert sie ihre brillante Fahrt in Flachau.

Drei Jahre musste Viktoria Rebensburg auf einen Sieg warten. Nun feiert sie ihre brillante Fahrt in Flachau.

(Foto: Giovanni Auletta/AP)
  • Skirennfahrerin Viktoria Rebensburg dominiert den Riesenslalom in Flachau - und gewinnt mit weitem Vorsprung.
  • Es ist der erste Saisonsieg für die Alpinsparte des DSV und Rebensburgs erster Weltcup-Sieg seit drei Jahren.
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Von Johannes Knuth

Die Skirennfahrerin Viktoria Rebensburg ist im vergangenen Oktober 26 Jahre alt geworden. Mit 26 Jahren taucht man eigentlich erst ins beste Rennfahreralter ein, als 26-Jährige kann man aber schon auch einmal ein wenig fremdeln im alpinen Weltcup-Betrieb. Vor allem, wenn sich plötzlich Athleten in die Weltcup-Mannschaft drängeln, die noch nicht die Volljährigkeit erreicht haben.

Viktoria Rebensburg übernahm vor der Saison im Deutschen Skiverband (DSV) also die eine oder andere neue Pflicht, "ich gehe um 22 Uhr durchs Hotel und schaue, ob jeder schläft", sagte sie. Kleiner Spaß. "Im Ernst", fügte sie an, "ich merke, dass ich älter werde." Aber das habe auch seine guten Seiten. "Da bleibe ich auch jung."

Erster Saisonsieg für die Alpinsparte des DSV

Viktoria Rebensburg, 26, aus Kreuth am Tegernsee hat eben schon einiges erlebt in ihrem Skifahrerleben. Ihr erstes, größeres Rennen war der Olympia-Riesenslalom 2010 in Vancouver, sie lieferte den Leuten eine dieser Geschichten, die sie bei den Winterspielen lieben: Legte als 20-Jährige die beste Zeit im zweiten Durchgang vor, fasste sich nach jeder Läuferin, die an ihrer Zeit scheiterte ungläubig an den Kopf - bis halt keine Läuferin mehr übrig war, die Rebensburgs Zeit unterbieten konnte. Olympiasiegerin. Ihr erstes Weltcuprennen gewann sie zehn Monate später.

Die Erfolgswelle von Vancouver trug sie zu weiteren Siegen, irgendwann ebbte die Welle ab, mal war es eine Grippe, mal eine Verletzung. Die Gejagte wurde zur Jägerin, die Erinnerungen an den letzten Sieg im Weltcup, einen Super-G im Januar 2013 in Cortina d'Ampezzo, erkalteten. Fünf Mal stand sie seither auf dem Podest, das schon, aber halt nie mehr als Erste. Bei der WM in Vail im vergangenen Februar gewann sie Silber. Aber wer einmal ganz oben war, der möchte nicht mehrere Winter auf eine Wiederholung warten.

Nummer elf

Viktoria Rebensburgs Siege im Ski-Weltcup

23.10.2010 Sölden - Riesenslalom

06.02.2011 Zwiesel - Riesenslalom

11.03.2011 Spindlermühle -Riesenslalom

26.11.2011 Aspen - Riesenslalom

02.03.2012 Ofterschwang - Riesenslalom

03.03.2012 Ofterschwang - Riesenslalom

15.03.2012 Schladming - Super-G

18.03.2012 Schladming - Riesenslalom

19.12.2012 Are - Riesenslalom

20.01.2013 Cortina d'Ampezzo - Super-G

17.01.2016 Flachau - Riesenslalom

Außerdem gewann Rebensburg im Riesenslalom Olympia-Gold 2010 in Vancouver und Bronze 2014 in Sotsch sowie Silber bei der WM 2015 in Vail.

Die ereignete sich nun am Sonntag, beim Riesenslalom in Flachau. Rebensburg gewann, 0,94 Sekunden vor der Zweiten Ana Drev aus Slowenien. Es war der erste Saisonsieg für die Alpinsparte des DSV, und es war Rebensburgs erster Sieg seit ziemlich genau drei Jahren. "Das ist eine sehr lange Zeit", sagte sie, "aber egal. Ich bin mega-happy."

Rebensburgs Sieg wohnte am Sonntag auch ein wenig der Zauber des Neuanfangs inne nach der Ära von Maria Höfl-Riesch, Olympiasiegerin und Frontfrau a. D. Höfl-Riesch hatte mit ihren Erträgen lange definiert, ob es ein gutes oder nicht so gutes Wochenende für den DSV war, sie war das Schutzschild, hinter dem die anderen ihrer Arbeit nachgingen. Auch Rebensburg, die Olympiasiegerin.

Eine Sekunde Vorsprung

Im März 2014 mochte Höfl-Riesch nicht mehr, und ihr Rücktritt gab die Sicht frei auf eine Sparte im Umbau: Im Slalom-Ressort hatten die potenziellen Erben den Anschluss längst verloren. In Abfahrt und Super-G stockte bereits die Nachwuchsproduktion. Und Rebensburg, die einzige Fahrerin im Kreis der Weltbesten, war gerade damit beschäftigt, ihr Geschäftsmodell zu ändern: Von einer Riesenslalom-Olympiasiegerin hin zu einer Fahrerin, die in die schnellen Disziplinen expandiert, um irgendwann einmal den Gesamtweltcup zu gewinnen. Zudem hatte sie gerade den Ausrüster getauscht.

Wenn Rennfahrer den Ausrüster wechseln, ähnelt das durchaus einem Teamwechsel in der Formel 1. Die Fahrer tüfteln am sogenannten Setup, stimmen Schuhe, Platten, Bindungen und Skier aufeinander ab, ehe sie ihr Können in schnelle Zeiten überführen können. "Wir haben wirklich alle sehr hart gearbeitet", sagte Rebensburg am Sonntag, "ich, die Physios, die Trainer, das ganze Team. Man muss immer an sich glauben, sich und seinem Skifahren vertrauen." Wolfgang Maier, der Alpindirektor des DSV, assistierte: "Das ganze Team hat an der Vicky festgehalten, auch über die Jahre, wo es mal nicht so gelaufen ist." Von diesen Momenten hatte sie ja den einen oder anderen durchlebt.

Rebensburg hat wieder eine Welle erzeugt

Der Winter 2012/13 zum Beispiel war kein guter. Die damals 24-Jährige hatte phasenweise den Eindruck vermittelt, am Ende ihrer Entwicklung zu sein. Mitunter, berichtete Maier damals, hätten sich Rebensburg und ihr Techniktrainer Herbert Renoth regelrecht abgesondert. Er habe die Gefahr gesehen, "dass es das Team zerreißt" - also stellte der DSV Rebensburg vor die Wahl: Integration - oder ein eigenes Team gründen.

Rebensburg entschied sich flink für die Resozialisierung, auch, weil Privatteams in Zeiten von immer schlechteren Wetter- und Trainingsbedingungen und immer aufwendigeren Materialtests eher keine Zukunft haben. Er habe "selten erlebt, dass jemand so einlenkt, seine Fehler einsieht, sie nicht auf andere schiebt und sie korrigiert", sagte Maier.

Im vergangenen Sommer baute Maier das Frauen-Team dann weitgehend so um, wie Rebensburg es sich gewünscht hatte. Sie engagierten Rudi Soulard, einen Technik-Experten, der Rebensburg auch dann Nachhilfe im Riesenslalom geben kann, wenn sie gerade bei den Weltcups in den schnellen Disziplinen unterwegs ist. Der Saisonbeginn war zäh, aber dann erzeugte Rebensburg langsam wieder eine Welle, die sie in die Spitze trug. Eine Sekunde Vorsprung auf den Rest, "die nimmt man gerne mit", sagte Rebensburg.

Sie ist jetzt wieder die Gejagte.

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