Ski alpin: Frauen:Kurzfristiger Realitätsverlust

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Elisabeth Willibald findet beim Nachtslalom in der Flachau den Weg durch die Stangen so schnell, dass sie überraschend auf Platz 15 fährt. (Foto: Christophe Pallot/Getty Images)

Die 19-jährige deutsche Slalomfahrerin Elisabeth Willibald kurvt bei ihrem siebten Weltcuprennen in der Flachau überraschend auf Rang 15 - die Slowakin Velez-Zuzulova gewinnt erneut.

Von Marius Buhl, Flachau/München

Es gibt einen Satz, den Sportler regelmäßig dann aufsagen, wenn sie gerade Außergewöhnliches geleistet haben. Man hört diesen Satz gerne von Olympiasiegern und Weltmeistern, die meisten großen Sportler haben ihn schon in ein Mikrofon gesprochen. Der Satz geht so: "Das kann ich wohl erst morgen realisieren." Einen solch euphorietrunkenen Realitätsverlust erlebte beim Nachtslalom in der Flachau am Freitagabend auch eine deutsche Skifahrerin. Aber nein, Elisabeth Willibald war weder Weltmeisterin geworden, noch hatte sie aufs Podest steigen dürfen. Für Willibald dürfte sich Platz 15 aber fast so angefühlt haben. Denn gewöhnlich war das nicht.

Es sind derzeit die kleinen Dinge, über die man sich beim Deutschen Skiverband freut, besonders bei den Slalom-Frauen. Vergessen die Zeiten, als ein zweiter Rang von Maria Riesch schon eine Enttäuschung war. Und so war es fast als Sensation zu verbuchen, dass die gerade 19-jährige Willibald aus dem bayerischen Jachenau so weit vorne landete.

Mit Startnummer 41, also weit hinter den Siegesanwärterinnen, hatte sie sich im ersten Durchgang auf die Piste katapultiert. Unter Flutlicht und Schneefall carvte sie um die Stangen, tänzelte in den Vertikalen und versuchte, ihre Skier ausnahmslos auf den Stahlkanten zu fahren. Platz 23 war der Lohn, 2,20 Sekunden hinter der Führenden Nastasia Noens. Die Französin hatte überraschend die Slowakin Veronika Velez-Zuzulova und die Schwedin Frida Hansdotter abgehängt und führte das Rennen zur Halbzeit an.

Velez-Zuzulova gewinnt zum zweiten Mal binnen vier Tagen

Besonders von der Slowakin erwarteten die Zuschauer in Flachau im zweiten Lauf noch eine Steigerung. Bereits am Dienstag hatte sie den Slalom auf identischer Strecke gewonnen. Dass sie am Freitag nun noch einmal nach der Krone greifen konnte, war den wetterbedingten Wechselspielen im alpinen Skizirkus geschuldet: Eigentlich hätte der Slalom auf deutschem Boden gefahren werden sollen, doch in Ofterschwang im Allgäu fehlte der Schnee, Flachau sprang ein. So kam es, dass Velez-Zuzulova ihr Selbstvertrauen vor dem zweiten Lauf in Risikobereitschaft umwandelte und die Bestzeit angriff. Mit Erfolg: Sie gewann ihren zweiten Slalom der Saison. Zweite wurde Frida Hansdotter, Dritte die Slowakin Petra Vlhova. Nastasia Noens landete am Ende bloß auf Platz vier.

Für die deutschen Fahrerinnen Lena Dürr (21.), Christina Geiger (19.) und Susanne Weinbuchner (29.) endete das Rennen dort, wo derzeit alle Rennen enden: im Mittelfeld. Die 22-jährige Maren Wiesler war bereits im ersten Durchgang gescheitert: Nach hervorragender Zwischenzeit hakte sie auf dem Innenski ein und fuhr einen riesigen Umweg, ein Start im zweiten Lauf blieb ihr verwehrt.

Nur eine Starterin im weiß-schwarzen Zebradress war mit ihrem Ergebnis zufrieden: Elisabeth Willibald. Es war erst ihr siebtes Weltcup-Rennen, bis Freitag hatte sie es nie in einen zweiten Durchgang geschafft. Doch in der Flachau zeigte sie, dass von ihr noch einiges zu erwarten sein dürfte. Ihre angriffslustige Fahrt ließ sie Platz um Platz nach oben klettern, am Ende stand da Rang 15. Und wenn alles gut gegangen ist, dann dürfte sie diesen Erfolg am Samstag auch realisiert haben.

© SZ vom 17.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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