Ski alpin:"Di ganz Schwiiz, steit hinner dier"

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Vor den Rennen am Wochenende in Wengen sind zwei Schweizer im Gesamt-Weltcup ganz vorn mit dabei. Der Jüngere der beiden hat 20 Jahre nach Zurbriggen wieder das Zeug zum Helden: Daniel Albrecht.

Thomas Becker

Nach der Goldmedaille ging alles ganz schnell. Innerhalb von 24 Stunden war der Song fertig. Auch bei der Suche nach einem sprechenden Titel hielt man sich nicht lange auf: "Dani Albright - Wältmeischter!" Kurz darauf lief das Liedchen der Schweizer Popgruppe Gismo bereits im Radio - was den Besungenen reichlich überraschte. Wenn Daniel Albrecht das sagt, klingt das so: "Mich het's fascht butzt wenn ich das im Radio kehrt hä, hüre güet!"

Jubelberechtigt: Daniel Albrecht nach Platz zwei in Adelboden. (Foto: Foto: dpa)

Fast ein Jahr ist es her, dass der Schweizer bei der Ski-WM in Åre überraschend zum Medaillensammler mutierte: Gold in der Super-Kombination, Silber im Riesenslalom, Bronze im Team-Wettbewerb. Doch der junge Mann setzt seine Erfolgsserie in der neuen Saison fort: Hinter dem Österreicher Benjamin Raich und Didier Cuche belegt Albrecht kurz vor Saisonhalbzeit einen sehr beachtlichen dritten Rang im Gesamt-Weltcup.

In 13 Rennen gelangen ihm zwei Siege und vier Podestplätze - und das sowohl in den technischen Disziplinen als auch im Speed-Bereich. Einen solchen Allrounder, der in allen vier Disziplinen in die Punkte fahren und den Sieg in der Gesamtwertung anpeilen kann, hatten die Eidgenossen wohl seit Pirmin Zurbriggen nicht mehr - und dessen Karriere ist fast seit 20 Jahren vorbei. Kein Wunder also, dass große Hoffnungen in den 24-Jährigen gesetzt werden.

Dabei ist Albrecht ein ruhiger, bescheidener Typ. Fast schüchtern wirkt er neben seinen kracherten Skizirkus-Kollegen. Wie selbstverständlich bleibt er nach den Rennen bei jedem interessierten Journalisten stehen und wirkt mit seinem ansteckenden Lächeln auch nach verkorksten Läufen angenehm wenig verbissen. Zum Beispiel nach dem Super-G in Gröden. Auf Platz 49 ist er da bloß gelandet - in Beaver Creek war er in der selben Disziplin kurz zuvor Vierter geworden.

Egal, Albrecht lächelt. Sagt: "Es hätte schlimmer ausgehen können." Das Downhill-Rennen für den kommenden Tag hat er dann gleich mal gestrichen: "Da muss ich abslout perfekt fahren, um zwischen 15 und 20 zu landen." Man kann wirklich nicht sagen, dass er den Mund zu voll nimmt.

Für Albrecht sind die Speed-Strecken des Weltcups noch Neuland, er kommt vom Slalom und Riesenslalom. Die Saslong in Gröden fuhr er beim Super-G überhaupt erst zum dritten Mal hinab - davor gab's nur zwei Trainingsläufe. "Im Prinzip ist es nicht steil, hat aber viele Wellen und Schläge sowie wechselndes Licht." Dinge, die die älteren Kollegen seit vielen Jahren kennen.

Zum Beispiel Didier Cuche, sein 33-jähriger Landsmann und Abfahrts-Weltcup-Sieger 2007. Zwischen den beiden entwickelt sich ein Duell um den Status des besten Schweizers. Beim Heim-Riesenslalom in Adelboden am vergangenen Wochenende standen sie lange Zeit als Führende des Klassements gemeinsam in der sogenannten Kühl-Box - eine ungewohnte Situation für beide.

Sie trainieren in unterschiedlichen Teams: Albrecht gehört mit Marc Berthod, Sandro Viletta und Marc Gini zur Slalom-Gruppe des österreichischen Coachs Sepp Brunner, der einst Sonja Nef betreute, und Cuche fährt in der Speed-Gruppe um den ehemaligen Weltklasse-Abfahrer Franz Heinzer. Der fand in Gröden Grund zum Ärger: "Von den Jungen war heute keiner unter den ersten 30, nur die Alten waren vorn. Die fahren aber nur noch zwei Jahre. Bis dahin muss was passieren ..."

Mit Daniel Albrecht ist bereits so einiges passiert. Der dreifache Junioren-Weltmeister von 2003 und ehemalige Gastschüler des österreichischen Ski-Internats in Stams ist zum Beispiel recht kräftig geworden - was dringend nötig war. Früher "dünn wie ein Skispringer", verteilen sich jetzt 88 Kilo auf 182 Zentimetern. Mit dem Kollegen Berthod baute er sich vor Jahren in Eigeninitiative einen alten Heuschober zum Kraftraum aus und organisierte einen Konditionstrainer. Wer in allen Disziplinen erfolgreich sein will, muss eine Bären-Konstitution besitzen - und auch mal ein Rennen auslassen, wie Albrecht nun in Bormio.

Kommendes Wochenende stehen die Rennen in Wengen an. Heimspiel, aber auch Verpflichtung für Daniel Albrecht. Mittlerweile kann er nicht mehr aus Jux Interviews als Marc Berthod geben, wie das zuletzt noch möglich war. Die Band Gismo aus seinem Heimatort Fiesch formulierte das in ihrem Weltmeister-Song schon ganz treffend:

"Dini Sache machsch dü nid halb und glehrt hesch es uf dr Fiescheralp. Vor diner Hüsport liggt vill Schnee D'Luscht zum schgiine chunnt meh und meh. D'Lifta embrüf und di Pischta embri fahrsch ganz schnäll ane Tor verbii. Mach so witer gang in d'Hocky dü kämpfsch meh wa der Balboa-Rocky." Di ganz Schwiiz, steit hinner dier Di ganz Schwiiz, isch bi dier Di ganz Schwiiz, fer immer bi dier DANI ALBRIGHT!"

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