Six Nations im Rugby:Grobiane bei der Arbeit

Waldmenschen, Typen aus Blei und irische Bierkistenschlepper: Beim Sechsnationen-Turnier treffen Europas härteste Rugby-Zupacker aufeinander. Mit einigen Athleten ließe sich jede Schlacht gewinnen - wenn nicht ein Hundebiss dazwischenkommt.

Von Jonas Beckenkamp

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28 01 2015 London England 6 Nations Launch Team captains & coaches pose with the new trophy; Chris O'Connell

Quelle: imago/Action Plus

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Ein Mann wie gemalt für den Rugby-Sport: Irlands Kapitän Paul O'Connell trägt nicht nur einen Namen aus dem Grüne-Insel-Bilderbuch - er sieht auch noch aus wie ein Bierkistenschlepper aus einem Dubliner Pub. Mit diesem freundlichen Herren auf ein Guinness, das wäre doch eine feine Sache. Mr. O'Connell würde dann bestimmt aus dem blechernen Henkelpott an seiner Seite trinken.

Beim Six Nations der Sportart Rugby Union treten jeden Winter die Nationalteams aus England, Frankreich, Irland, Italien, Schottland und Wales gegeneinander an. Der Gewinner wird in fünf Runden nach dem Prinzip jeder gegen jeden ausgespielt, wobei das Heimrecht für die Paarung Jahr für Jahr wechselt. Derzeit befindet sich der Wettbewerb in der entscheidenden Phase - Paul O'Connell und seine Iren treffen am kommenden Sonntag auf England.

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Quelle: AFP

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In Aktion sieht O'Connell dann so aus (rechts, im Spiel gegen Frankreich). Voller Stolz mit akkuratem Kratzer an der Stirn, Zahnschutz und Rausschmeißer-Antlitz. Dass sich die Kollegen dezent an die Gurgel gehen, scheint ihm keine Sorgen zu bereiten. Beim Rugby ist vieles erlaubt, was anderswo zu mindestens acht Spielen Sperre führen würde. Aber wer würde einen Sympathieträger wie Paul O'Connell derart bestrafen wollen? Er schaut ja nur zu.

Sergio Parisse e Martin Castrogiovanni Italia durante l inno nazionale Roma 7 02 2015 Stadio Olimp; Martin Castrogiovanni

Quelle: imago/Insidefoto

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Mit seinem Neandertaler-Look steht Martin Castrogiovanni für einen anderen Typ Rugby-Spieler. Der Italiener trägt das Haar verzottelt, eine Rasur scheint ihm fremd. Dafür glänzt er mit gemütlicher Holzfäller-Plautze und gladiatorischen Pranken. Castrogiovannis Kollegem zur Linken verleiht das Stirnband (das eigentlich als Schutz gegen "Blumenkohlohren" dient) einen Hauch buddhistische Bedächtigkeit.

Ireland's O'Brien runs to score a try during their Six Nations Rugby Union match against Italy at the Olympic stadium in Rome

Quelle: REUTERS

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Und noch ein Italiener, der sich eindeutig inspirieren ließ: Luca Morisi schmückt seinen Kopf mit einem gestreiften Schweißband (auch bei ihm gilt in Wahrheit: keine Blumenkohlohren!) - und erinnert mit seinem Zahnschutz an den Fußballdracula Luis Suarez. Der Uruguayer hatte bei der WM 2014 den italienischen Verteidiger Giorgio Chiellini herzhaft gebissen, jetzt bietet ihm Morisi beim Six Nations der Rugby-Elite eine Hommage. Athletisch anspruchsvoll gestalten sich zudem die Knieschoner des davonrennenden Iren. Sie sitzen viel zu hoch (es handelt sich tatsächlich um Greifhilfen für den Anwurf in der Gasse). Aber vielleicht stecken in ihnen einfach Bleiplatten. Zum Stählen der Beinmuckies.

Ireland's Murray is tackled by Italy's Ghiraldini during their Six Nations Rugby Union match at the Olympic stadium in Rome

Quelle: REUTERS

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Noch ein Italiener, diesmal aus der Riege der Möbelpacker. Leonardo Ghiraldini ist in etwa so breit wie hoch, seine Frisur firmiert bei römischen Stylisten unter "Borste mit luftigen Ecken" und selbst seine Finger durchziehen drahtige Muskelsehnen. Wer einen Umzug in den fünften Stock unternehmen will, braucht unbedingt eine Armada an Ghiraldinis. Dieser Kerl schnippt Klaviere, Wandschränke und Spülmaschinen mit einer lässigen Jonglier-Einlage die Treppe hinauf. Bestimmt.

Dougie Fife Vs Teddy Thomas Mathieu Bastareaud RUGBY France vs Ecosse Tournoi VI Nations Sta; Mathieu Bastareaud

Quelle: imago/PanoramiC

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Und damit zur Kategorie "Raufbolde". Samstagnachmittag, Vorweihnachtszeit, Fußgängerzone. In Begleitung der Franzosen Teddy Thomas (vorne) und Mathieu Bastareaud würden plötzlich Wege frei, wo sonst nur Verstopfung herrscht. Mit diesen beiden Prellböcken kommt man überall durch. Ansonsten könnte Thomas auch direkt bei den Tokioter Verkehrsbetrieben anheuern. Als Menschenquetscher und Türenschließer in der übervollen U-Bahn. Bei Bastareaud wiederum überkommt einen die Idee, ihm umgehend ein ganzes Wildschwein zu servieren.

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Quelle: AFP

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Keine Rugby-Bilder ohne echte Engländer: Hinten links passt Dan Cole genau auf, dass seinem Kollegen Billy Vunipola nichts passiert. Cole verkörpert den klassischen britischen Bulldozer: Stiernacken, fleischfarbene Badekappe, immer bereit für eine kernige Wrestling-Einlage. Mit Typen wie Dan Cole grölend durch einen spanischen Badeort ziehen und sich gemeinsam einen Sonnenbrand abholen. Ein Traum.

Rugby Union 2015 Six Nations England vs Italy England s Chris Robshaw at Twickenham COLORSPORT; Chris Robshaw

Quelle: imago/Colorsport

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Sein Mitspieler Chris Robshaw sieht sich derweil umzingelt von Italiens Grobianen. Seine Situation ist dabei nicht ganz so ausweglos wie die seines liegenden Kollegen. Über den walzt sodann eine etruskische Büffelherde hinweg, weshalb er schon einmal in Deckung geht. Robshaw versucht als Leidender der Passion Christi mit dem Rugby-Ei davonzukommen. Doch rechts wartet bereits ein kampferprobter Hundling auf frische Beute zum Umreißen: Martin Castrogiovanni, der Mann mit dem Waldmenschen-Cut, der "italienische Braveheart", der Genussmensch des Rugbytacklings. Laut einem Bericht der BBC erwischte es den bärtigen Kämpfer jetzt übrigens selbst mit einem Wehwehchen: Ein Hund soll ihn in die Nase gebissen haben. Einsatz im Spiel gegen Schottland ungewiss.

Rugby

Quelle: pixathlon / DPPI

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Austeilen können die Engländer natürlich auch. James Haskell verpasst seinem Gegenspieler einen zärtlichen Nasenstüber, der auch noch ein wenig ins Auge hineinschmeckt. Sein Gummihelm (natürlich zum Schutz gedacht) bedeckt dezent den Stiernacken - aber auch so lässt sich erahnen, dass Haskell ein Mensch ist, der gerne "gut in die Zweikämpfe kommt", wie es der Volksmund formuliert. Die Bandage ...

James Haskell of England covered in blue paint BPI_KM_WALES_ENGLAND_060215_044 jpg PUBLICATIONxNOTxI; James Haskell

Quelle: imago/BPI

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... am Unterarm bedeckt vermutlich ein furchteinflößendes Tattoo oder krachende Muskelsehnen. Insgesamt lässt sich bilanzieren: Haskell tut jeder Abwehrreihe gut. Vielleicht schrubbt er seine Arbeitskluft anschließend sogar eigenhändig mit der Zahnbürste.

15 02 2015 Edinburgh Scotland 6 Nations Championship Scotland versus Wales Wales s Richard Hibb; Richard Hibbard

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Mit Körperbemalung kennt sich auch Richard Hibbard aus - der Waliser verkörpert eine Art aufgepumpten Rugby-Beckham. Blonde Mähne mit Zopf, eine Statur wie die Römer in den Asterix-Comics, dazu ein treuer Hundeblick. Stattliche 114 Kilogramm Kampfgewicht verteilt er auf 183 Zentimeter Körpergröße. Ob er wie Beckham auch gerne auf Fashion-Events oder Empfängen herumhängt?

Rugby Union 2015 Six Nations Championship Wales vs England Dave Attwood of England appeals for; Dave Attwood

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Wenn Wales auf England trifft, gehen die Beteiligten mit viel Liebe zum Detail zu Werke. Es wird gezupft, gerangelt und gebalgt. Dave Attwood scheint daran Gefallen zu finden, er schreit seine Freude über den herrlichen Fight in die Cardiffer Nacht. Seine Pose wirkt wie in jenen Momenten, wenn im Gladiatoren-Epos der letzte überlebt hat. Ob der Mann unter dem Menschenknäuel durchgekommen ist, konnte nicht abschließend geklärt werden.

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Quelle: AP

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Und warum das alles? Weil es Spaß macht, weil Rugby die Urinstinkte des Menschen anspricht, weil sich hinterher trotzdem alle wieder lieb haben - und weil Zuschauen im Regen sonst nur halb so lustig wäre.

© SZ.de/jbe/ebc/rus
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