Sieben Kurven in der Formel 1:Verstappen straft Vettel mit beißender Ironie

Der junge Niederländer verteilt nach dem Crash seines Rivalen gute Ratschläge. Und Fernando Alonso funkt: kein Bock mehr. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes.

Von Elmar Brümmer, Le Castellet

Le Castellet

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(Foto: Getty Images)

Der Crash in der ersten Kurve des französischen Grand Prix muss einen nicht wundern. Die Formel-1-Piloten haben sich an das Prinzip gehalten, das rund um die in den Bergen hinter Marseille liegende Rennstrecke an allen Tagen galt: Stoßstange an Stoßstange, Chaos pur. Auch außerhalb der Rennstrecke. 28 Jahre lang hat es bis zum Comeback des Circuit Paul Ricard gedauert, und in diesen drei Jahrzehnten hat sich praktisch nichts geändert - was die Verkehrsführung rund um das Areal angeht. Stundenlange Staus, entnervte Besucher, die umdrehen, völlig überforderte Gendarmen. Dabei war die Kapazität schon auf 65 000 Fans beschränkt worden, viele von ihnen reisten auf Firmentickets von Renault an und durften sich nicht beschweren. Mit dem Charme der Gegend war das nicht mehr aufzuwiegen, zumal auch die Rennfahrer klagten. Über die in ihren Augen zu langweilige Piste, aber auch über die Anreise. Lokalmatador Romain Grosjean und Sebastian Vettel war die Durchfahrt verwehrt worden. Aber sie taten dann, was Rennfahrer eben so tun: Sie gaben einfach Gas.

Lewis Hamilton

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(Foto: Getty Images)

Die Frage, die der Sieger nach dem Chaos der ersten Kurve über Funk seinem Team stellte, erzählte schon die ganze Renngeschichte: "Mit mir hat das, was da passiert ist, nichts zu tun - oder?" Hatte es nicht. Er war ja schon durch, am Ende sicherte sich Hamilton seinen dritten Saisonsieg. Mit dem neuen Mercedes-Antriebsstrang, Version 2.1 getauft, ist der Titelverteidiger wieder ganz der Alte. Mehr Power im Heck führt zur so genannten Hammer-Time. Daimler-Lenker Dieter Zetsche hatte an einem dieselfreien Wochenende mal wieder Zeit, öffentlich seine Marke zu beklatschen. Und Hamilton sicherte sich mit Karriereerfolg Nummer 65 eine dieser kuriosen Formel-1-Bestmarken: Der 33-Jährige hat jetzt in 23 verschiedenen Ländern einen Grand Prix gewonnen. Er hat damit Michael Schumacher überflügelt: "Immer wenn so etwas passiert, erinnert es mich mehr und mehr daran, wie groß Michael ist."

Sebastian Vettel

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(Foto: AFP)

Was hätte er auch machen sollen in dieser Situation: um ihn herum zwei Silberpfeile, ein Red Bull, sein Ferrari mit dem Geschwindigkeitsüberschuss eines sehr guten Starts. Ausweichen war nicht mehr möglich, lenken nicht so richtig, er musste auf eine Lücke hoffen. Früher bremsen scheidet in diesem Beruf prinzipiell aus. Und so hing Sebastian Vettel in Kurve eins im Heck von Valtteri Bottas, dem nächstmöglichen Bremsklotz. Beide kreiselten raus, die Rennen beider Fahrer ruiniert. Die Streckenkommissaren sprachen Vettel als Verursacher schuldig, am Ende reichte es noch zu Rang fünf. Schadensbegrenzung. Die Schuld nahm er sofort auf sich, und er legte dabei erneut große Gelassenheit an den Tag. Kein Hadern, keine Vorwürfe, kaum Selbstverteidigung: "Ich war der, der daran Schuld war. Da war einfach kein Platz mehr." Fünf Sekunden Zeitstrafe bekam er - das ist so eine Art halbe Gelbe Karte, nicht wirklich konsequent.

Max Verstappen

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(Foto: Getty Images)

Schlagen die Erziehungsmaßnahmen etwa an? Ein Chaos am Start, und kein Verstappen mittendrin, das ist ungewöhnlich. Mit einem Mix aus etwas Glück, einem geschickten Ausweichmanöver und einer anschließend konstant und kontrolliert guten Leistung hat sich der Red-Bull-Pilot sein bestes Saisonergebnis geholt - Platz zwei. In der Interviewrunde nach dem Rennen drehte der Niederländer vor lauter Genugtuung auf. Es ist ja so: Vettel gehört zu Verstappens größten Kritikern, mehrfach hielt er ihm schon Strafpredigten. Nun drehte Verstappen das einfach um: "Er sollte seinen Fahrstil ändern, denn was er macht, ist nicht akzeptabel. Er sollte daraus lernen und sich weiterentwickeln." Die beißende Ironie ließ Hamilton schmunzeln, weiter ließ er sich aber nicht darauf ein. Vettel selbst, mit Verstappens Provokation konfrontiert, winkte ebenfalls gleich ab: "Für sowas bin ich zu alt."

Fernando Alonso

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(Foto: Getty Images)

Wer verlässt das Team zuerst: Eric Boullier oder Fernando Alonso? Das ist die entscheidende Frage beim dauerkriselnden McLaren-Rennstall. Dem Franzosen an der Spitze lasten die Briten den teuren Zickzack-Kurs bei technischen Entscheidungen an, die sich sportlich nicht auszahlen - und jüngst ein Überstundenhonorar für die Mechaniker, das aus einem Schokoriegel bestand. Der Spanier, der sich nach seinem Le-Mans-Sieg selbst als "Revolutionär des Motorsports" feierte, will die Formel 1 gegen die IndyCar-Serie tauschen. Möglichst mit McLaren, möglichst ohne Boullier. Entnervt funkte er nun aus dem Renngeschehen: "Keine Bremsen mehr, kein Reifengrip, außerhalb der Punkte." Auf gut Deutsch: kein Bock mehr. Ein Aufhängungsschaden in der 50. von 53 Runden enthob ihn der Schmach, als 16. durchs Ziel fahren zu müssen. Zitat: "Ich hoffe, dass so etwas nie mehr vorkommt."

Charles Leclerc

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(Foto: Getty Images)

Es passiert selten, dass die BBC einen Rennfahrer in seinem ersten Formel-1-Jahr mit den Worten "A star is born" ehrt (und noch seltener, wenn dieser Rennfahrer nicht aus Großbritannien stammt). Den Monegassen Charles Leclerc hat der Sender dennoch genau so genannt. Erst schaffte der 20-Jährige in seinem achten Grand Prix mit einem prinzipiell unterlegenen Rennwagen den Sprung auf den achten Startplatz, dann holt er im Rennen seinen elften Punkt. Im direkten Vergleich mit Teamkollege Marcus Ericsson ist er damit gleichgezogen, nur dass der Schwede dafür viereinhalb Jahre brauchte. Leclerc ist Ferrari-Junior, und nach Insider-Informationen überlegt man in Maranello jetzt ernsthaft, ihn bereits im kommenden Jahr anstelle von Kimi Räikkönen im zweiten roten Werkswagen neben Sebastian Vettel fahren zu lassen. Aktuelle Chancenprognose: 65:35 für den Rookie. Weltmeister Lewis Hamilton hat das Talent bereits auf der Liste: "Was Charles da macht, ist wirklich sehr, sehr beeindruckend."

Aseel Al-Hamad

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(Foto: REUTERS)

Aseel Al-Hamad hat in Le Castellet einen alten Lotus-Renault um die Strecke chauffiert. Das war nicht wegen ihrer Schnelligkeit von Interesse, es ging um den symbolischen Wert. Al-Hamad ist Geschäftsfrau aus Saudi-Arabien, sie hat als Erste einen Ferrari in das Land importiert, außerdem ist sie das einzige weibliche Mitglied im nationalen Motorsportverband. Da war es praktisch zwingend, die Aufhebung des Fahrverbotes für Frauen in ihrer Heimat mit einer Formel-1-Spritztour zu feiern: "Heute ist ein Feiertag. Ich fühle mich sehr geehrt, mein geliebtes Heimatland zu repräsentieren", sagte sie.

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