Sicherheitskonzept gegen Gewalt im Fußball:DFL geht auf Fans zu

Nach heftigen Protesten von Fans und Vereinen verändert die Deutsche Fußball Liga ihr Konzept "Sicheres Stadionerlebnis". Der Verband schwächt dabei einige der umstrittenen Punkte ab und fordert den Dialog mit den Anhängern. In der Hoffnung, dass die Klubs dem Papier zustimmen. Denn die Politik macht weiter Druck.

Der neue Lauf des VfB Stuttgart

Rauch des Anstoßes: Wie hier beim Europa-League-Spiel Kopenhagen gegen Stuttgart brennt in Fußballstadien bisweilen die Pyrotechnik.

(Foto: dapd)

Der Ligavorstand der Proficlubs will das umstrittene Sicherheitskonzept für den deutschen Fußball am 12. Dezember unbedingt durchbringen, hat aber nachgebessert und wird noch mehr auf die Fans zugehen. Die 36 Vereine aus der 1. und 2. Liga haben jetzt bis zum 22. November Zeit, nochmals Änderungsvorschläge zu machen. Dies teilte die Deutsche Fußball Liga (DFL) am Donnerstag mit. Geplant ist zudem ein Treffen der Kommission "Stadionerlebnis" mit verschiedenen Fan-Vertretern.

Verabschiedet werden soll das 32seitige Positionspapier "Sicheres Stadionerlebnis" bei der Vollversammlung des Ligaverbandes am 12. Dezember in Frankfurt/Main. Würde es im Dezember nicht zu einer Verabschiedung kommen, könnte das Heft des Handelns bei der Gewalt-Problematik von der Politik übernommen werden können. Das möchte der Verband weiterhin verhindern. Das Konzept war vor allem in Fankreisen heftig diskutiert worden, einige Vereine wie der VfL Wolfsburg und der FC St. Pauli hatten sich zunächst ablehnend verhalten.

Die Innenminister von CDU und CSU glauben allerdings, dass der nach ihrer Ansicht hohen Zahl von Ausschreitungen im Fußball Einhalt geboten werden müsse und fordern von der DFL mehr Engagement bei der Umsetzung des neuen Sicherheitskonzepts. Die Liga müsse jetzt endlich die Inhalte der Vereinbarung vollständig umsetzen, sagte Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) am Donnerstag in Celle nach einem Treffen der Unions-Innenminister.

Dazu zähle neben einer besseren Videotechnik auch eine intensivere Einlasskontrolle. Die DFL verweist in einer Pressemitteilung nun auf "Klarstellungen und Anpassungen" in drei Punkten: Der Dialog zwischen Clubs und Fangruppen soll in den Statuten verankert werden. "Der Dialog soll darauf gerichtet sein, Grundregeln für die Ausübung der positiven Fankultur im Stadion gemeinsam zu entwickeln und einvernehmlich zu vereinbaren", heißt es.

Der Dachverband betonte dabei erneut: "Folgende Grundsätze stehen dabei aus Sicht des Vorstandes nicht zur Disposition: der Verzicht auf Gewalt, Rassismus bzw. Diskriminierung, politischen Extremismus sowie Pyro-Technik." Für das Fehlverhalten einzelner sollen zudem keine Fan-Gruppierungen bestraft werden. Weiterhin will die DFL den Fans entgegenkommen, indem auf den so genannten "Verhaltens-Kodex" verzichtet wird.

"Vollkontrollen", bei denen Zuschauer in Zelten vor den Stadien nach versteckter Pyrotechnik und anderem abgetastet werden, will die DFL nicht vorschreiben. Diese liegen künftig wohl im Ermessen der Vereine, die zusammen mit der Polizei dies zum Beispiel bei Risikospielen anordnen kann. Kontrollen dieser Art hatten erst am vergangenen Wochenende beim Bundesliga-Spiel FC Bayern München - Eintracht Frankfurt für Unmut unter den Fans gesorgt. Die Arbeitsgemeinschaft Fananwälte hatte die Durchsuchungen in München als "rechtswidrig" und "intensiven Eingriff in Grundrechte" bezeichnet.

Klubs stimmen über einzelne Maßnahmen ab

Alle Maßnahmen des Konzepts sollen nach drei Jahren überprüft werden. Vor dem 12. Dezember ist noch ein Treffen der Kommission "Stadionerlebnis" mit der AG Fanbelange geplant. Dort sind unter anderem Sprecher der Fan-Beauftragten, die Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS), die Bundesarbeitsgemeinschaft der Fan-Projekte sowie Initiativen wie "Unsere Kurve", "Pro Fans" vertreten. Die Anhänger der Fußballclubs hatten sich massiv darüber beschwert, dass sie bei dem Konzept zu wenig Gehör finden. Das der Verband Vereine und Fangruppierungen zeitgleich über das neue Konzept informierte, wertete Volker Goll, stellvertretender Leiter der (KOS), als "symbolisch gutes und angemessenes Zeichen".

Zurück zum Dialog - dies war auch die Botschaft von 250 Fußballanhängern aus 49 Vereinen an die DFL und an den Deutschen Fußball-Bund (DFB) Anfang des Monats in Berlin. In einer Abschlusserklärung an die Verbände, Vereine, Politik und Polizei zeigten die Anwesenden Eckpunkte auf, die einen Konsens ermöglichen könnten. Stehplätze müssen erhalten bleiben, mehr Geld für Präventionsarbeit zur Verfügung gestellt und Fans in Gremien in Vereinen und Verbänden integriert werden.

Karl-Heinz Rummenigge hatte kürzlich als Vorstandschef des FC Bayern München in dem Konflikt alle Seiten zum Einlenken aufgefordert. "Wenn es dem Fußball nicht gelingt, Lösungen zu finden, laufen wir Gefahr, dass die Politik diese Lösungen selbst findet - ohne Einbeziehung von Vereinen, DFL, DFB und Fans", warnte er.

Trotz der Änderungen beharrt die DFL weiter auf dem 12. Dezember als Termin für eine Verabschiedung des Konzeptes. Auf der Mitgliederversammlung soll aber nicht mehr das Konzept im Paket zur Abstimmung gestellt, sondern über einzelne Punkte gesondert abgestimmt werden.

Damit ist es zumindest theoretisch möglich, dass bestimmte Punkte noch kurzfristig gestrichen werden. Damit entgeht die DFL auch der Gefahr einer kompletten Ablehnung des Konzeptes der Klubs und kann so noch in diesem Jahr definitiv ein konkretes Ergebnis präsentieren.

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