Sicherheit im Ski alpin:Ja zur Luft im Anzug

Hans Grugger Ski Alpin

Hans Grugger, hier bei der Abfahrt in Wengen 2010, sollte in Kitzbühel nur knapp überleben.

(Foto: Getty Images)

Geschützt wie ein Motorradfahrer: Der Skiverband Fis genehmigt einen Airbag im Anzug der Athleten, er soll 80 Prozent der Kräfte eines Sturzes abfedern. Die wohl größte Verletzungsquelle bleibt allerdings bestehen.

Von Johannes Knuth

Es waren unangenehme Bilder, die der alpine Skisport im Januar 2011 in die Welt sendete. Fünf Skifahrer stürzten binnen fünf Wochen so schwer, dass sie bewusstlos auf der Piste liegen blieben. Der Österreicher Hans Grugger kam auf der Streif in Kitzbühel gar derart heftig zu Fall, dass er wiederbelebt werden musste, er entkam nur knapp dem Tod und musste seine Karriere beenden.

Die Stürze erinnerten die Fahrer an das Berufsrisiko, das sie bei ihrer Arbeit begleitet, einerseits. Andererseits forderten Sportler und Funktionäre den Ski-Weltverband (Fis) auf, bessere Schutzmechanismen für die Athleten zu installieren.

Fast vier Jahre später hat die Fis nun ein neues Sicherheitssystem für wettkampftauglich eingestuft: einen Airbag, rund 800 Gramm schwer, den die Fahrer unter ihrem Skianzug tragen, wie ein Korsett. Verliert der Rennfahrer die Kontrolle, bläst sich der Airbag binnen 100 Millisekunden auf, schneller als bei einem Lidschlag; Schulter, Nacken und Schlüsselbein werden von kleinen Luftkissen geschützt. Das System federe bis zu 80 Prozent der Kräfte eines Sturzes ab, verspricht der Hersteller.

Algorithmus soll die Gefahr erkennen

In der Motorrad-Weltmeisterschaft kommt der Protektor bereits zum Einsatz. Im alpinen Wettkampfbetrieb dürfen ihn die Fahrer vom 1. Januar 2015 an umschnallen - freiwillig. Dass bis zur Marktreife derart viel Zeit verstrich, ist auch der Komplexität des Sports geschuldet. Der Airbag wird durch einen Algorithmus ausgelöst, der ständig bestimmen muss, ob ein Fahrer gerade durch eine schwierige Passage manövriert oder bereits die Kontrolle verloren hat. Jetzt, nach rund 300 Testfahrten, glaubt die Fis, die richtige Rechenformel ermittelt zu haben.

Ob der Airbag schwere Kopfverletzungen wie bei den Stürzen im Januar 2011 verhindern kann, bleibt freilich ungewiss. Vollständigen Schutz gibt es sowieso nicht in einem Sport, der seine Athleten durch Streckenabschnitte jagt wie die "Mausefalle" oder den "Freien Fall". Wolfgang Maier, Sportdirektor im Deutschen Skiverband, glaubt: "Das verbessert in jedem Fall die Sicherheit der Athleten"; eine Investition in diesem Bereich zahle sich immer aus.

Die wohl größte Verletzungsquelle im Skisport bleibt davon allerdings unberührt: die Knieverletzungen, oft ausgelöst durch starre Skibindungen. Die Fis tüftelt an Schutzmaßnahmen, denkbar ist auch ein Airbag fürs Knie. Bis zur Produkt- und Marktreife dürfte allerdings noch etwas Zeit verstreichen.

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