Sicherheit im Fußball:Hannover 96 sagt Training ab

Hannover 96 - Michael Frontzeck

Trainer Michael Frontzeck kann mit seiner Mannschaft nicht trainieren.

(Foto: dpa)
  • Die Terrorwarnungen haben erste Konsequenzen für die Bundesliga: Hannover 96 verzichtet nach den Ereignissen um das abgesagte Länderspiel auf das Training am Vormittag.
  • Der Spieltag an diesem Wochenende soll aber stattfinden, wie der Ligaverband DFL mitteilt.

Spielen oder nicht spielen, trainieren oder zu Hause bleiben? Diese Fragen treiben dieser Tage den deutschen Fußball um. Bei Hannover 96 ist am Mittwoch das Vormittagstraining aufgrund der Situation nach der Absage des Länderspiels zwischen Deutschland und den Niederlanden ausgefallen. "Dem einen oder anderen tut es sicher gut, nach den Geschehnissen etwas länger zu schlafen. Aber wir haben das Training schon aus logistischen Gründen abgesagt", sagte 96-Sprecher Alex Jacob und bestätigte eine Meldung des TV-Senders Sky Sport News HD. Die Übungseinheit am Nachmittag wird dagegen planmäßig stattfinden.

Doch die Debatte um Sicherheit in deutschen Stadion vertieft sich derweil. Nach den Ereignissen von Hannover könnte sich das Spiel und das Drumherum in eine andere Richtung bewegen. "Das wird den Fußball verändern und stellt uns vor eine neue Herausforderung", sagte Hannover-96-Präsident Martin Kind. Ligapräsident Reinhard Rauball versicherte trotz der kurzfristigen Absetzung der Testpartie zwischen der deutschen Nationalmannschaft und den Niederlanden wegen einer Terrorwarnung am Dienstagabend, die Bundesliga werde am Wochenende spielen. "Der Spieltag wird stattfinden", sagte Rauball.

Rainer Koch, der derzeit gemeinsam mit Rauball den Deutschen Fußball-Bund (DFB) führt, warnte vor übereilten Reaktionen. "Wir müssen jetzt entsprechend besonnen damit umgehen und einfach wachsam sein und auch die Sicherheitsvorkehrungen entsprechend für zukünftige Veranstaltungen kritisch überprüfen und gegebenenfalls auch erhöhen, wo notwendig", sagte Koch.

Für die deutschen Weltmeister war der Schock von Hannover das zweite Albtraum-Erlebnis nach den Attacken von Paris vier Tage zuvor. Nachdem Selbstmordattentäter während der Partie gegen Frankreich vor dem Stade de France Bomben gezündet hatten, verbrachte das Team von Bundestrainer Joachim Löw eine Nacht voller Angst im Stadion. Die Absage am Dienstag erreichte das Team auf dem Weg in die Arena. Der Mannschaftsbus wurde von der Polizei gestoppt, die Spieler wurden in Sicherheit gebracht.

"Mein Eindruck ist, dass der Fußball in Deutschland mit dem heutigen Tage in allen Facetten eine andere Wendung genommen hat", sagte DFB-Interimschef Rauball. Auf die Frage nach zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen für die bevorstehenden Bundesliga-Partien sagte der Präsident von Borussia Dortmund: "Darüber denken wir natürlich auch nach."

Hannovers Vereinschef Kind forderte ein einheitliches Konzept für alle Vereine unter Federführung der Deutschen Fußball Liga (DFL). Auch der DFB sieht zunächst den Ligaverband in der Verantwortung, wie Übergangspräsident Koch sagte. "Für den Fußball in Deutschland gilt das gleiche wie für alle anderen Großveranstaltungen in Deutschland auch. Wir müssen uns unter diesem Aspekt entsprechend aufstellen, wir müssen uns bewusst sein, dass Gefährdungslagen bestehen", sagte Koch.

Die nächsten Spiele in den Fußball-Profiligen sind für Freitag angesetzt. In der Bundesliga treffen dann der Hamburger SV und Borussia Dortmund aufeinander. Für die deutsche Nationalelf ist das Länderspiel-Jahr nach dem traurigen Abend von Hannover beendet. Erst Ende März stehen die Klassiker gegen England in Berlin und gegen Italien in München an. "Was dann zu beachten sein wird, muss mit den Sicherheitsbehörden zu klären sein", sagte Rauball.

Die Bundesligisten bereiten sich derweil schon auf das Wochenende vor. Mit einem "umfangreichen Maßnahmenpaket" will Hertha BSC beim Heimspiel am Sonntag gegen die TSG Hoffenheim die Sicherheit im Berliner Olympiastadion gewährleisten. Das bestätigte Thomas Herrich, Mitglied der Geschäftsleitung und zuständig für Sicherheitsfragen. "Bei unseren Spielen im Olympiastadion setzen wir auf ein fundiertes und detailliertes Sicherheitskonzept, das wir vor jeder Partie mit den zuständigen Sicherheitsbehörden, den Ordnungskräften und allen Mitarbeitern absprechen. So haben wir immer die Möglichkeit, auf Ereignisse zu reagieren und Vorkehrungen zu treffen", sagte Manager Michael Preetz. Nach Informationen der Bild-Zeitung werden am Sonntag die Ordnungskräfte - durchschnittlich sind bei Heimspielen 700 Ordner im Einsatz - aufgestockt.

Über Einzelheiten des Maßnahmenpakets wird Hertha nach den Terror-Anschlägen von Paris nichts mitteilen, das unterliege "der absoluten Verschwiegenheit". Jeder Besucher des Olympiastadions könne gewiss sein, "dass generell alles getan wird, damit die Bundesligaspiele von Hertha BSC unter der größtmöglichen Sicherheit besucht werden können", heißt es auf der Hertha-Homepage.

Auch die Verantwortlichen von Bayer Leverkusen haben unterdessen Beratungen über weitere Sicherheitsmaßnahmen aufgenommen. Das erklärte Vereinssprecher Dirk Mesch am Mittwoch. Es sei klar, "dass man auf diese Ereignisse reagieren muss". Und es sei wichtig, den Zuschauern und Fans das Gefühl zu geben, dass sie sicher seien. Doch man müsse auch Faktenlagen schaffen, mit den anderen beteiligten Clubs und mit der DFL reden. Bayer-Sportdirektor Rudi Völler hatte sich bereits am Dienstag in der Bild für erhöhte Sicherheitsstandards in der Bundesliga ausgesprochen. "In Italien gibt es seit 2005 personalisierte Eintrittskarten. Und jeder hat sich am Flughafen schon mal geärgert, wenn es beim Sicherheitscheck dauert. Aber alles, was unserer Sicherheit dient, sollte uns wichtig sein", hatte Völler geäußert.

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