Sicherheit:Alle fünf Meter ein Kontrolleur bei den French Open

Illustration picture shows the security at the Roland Garros French Open tennis tournament in Paris

Ungewohntes Bild: Auf der Anlage, auf der die French Open gespielt werden, sind Hunde zum Aufspüren von Sprengstoff hoch willkommen.

(Foto: imago/Belga)
  • Die French Open sind das erste mehrtägige Sport-Großereignis in Paris seit den Terror-Anschlägen.
  • Auf der Straße wimmelt es vor Polizeiautos und schwer bewaffneten Beamten, und auf dem Gelände patrouillieren Sicherheitskräfte mit Sprengstoff-Spürhunden.
  • Auch die Spieler spüren die Veränderungen.

Von Philipp Schneider, Paris

Die junge Französin im Designermantel ist wahrlich nicht zu beneiden an diesem Sonntagmorgen in Paris. Seit geschätzten 20 Minuten steht sie nun schon in einer Menschenschlange, die sich wie eine Perlenschnur entlangzieht auf einem der Trottoires am Boulevard d'Auteuil. Aus dem Himmel fallen dicke Tropfen auf ihr transparentes Regencape, zum Schutz hat sie es über ihre vermutlich nicht mehr allzu lang perfekt sitzende Frisur geworfen. "Monsieur", ruft sie einem der Sicherheitsleute zu, von denen hier alle fünf Meter einer an der Absperrung steht, "wie viele Kontrollen gibt es denn noch?" Nur noch eine, Madame, beschwichtigt dieser. "Nur noch eine. Am Eingang."

Am Sonntag haben die 115. French Open in Paris begonnen (mit wenig Tennis wegen Regens), es ist die erste mehrtägige Großveranstaltung, die in der französischen Hauptstadt stattfindet, seit diese im November überfallen wurde mit einer Reihe terroristischer Anschläge, bei denen 137 Menschen ums Leben kamen. Und natürlich sind die Konsequenzen dieser Erschütterung in diesem Jahr zu spüren bei dem Grand-Slam-Turnier im Stade Roland Garros, das seine Sicherheitsvorkehrungen deutlich verschärft hat.

Bis zu 30 000 Menschen werden sich bis zum Männerfinale am 6. Juni täglich über das vergleichsweise kompakte Gelände im 16. Arrondissement bewegen. Insofern gerät die Veranstaltung auch zur Generalprobe für Sicherheitsdienste, die während der anschließenden landesweit ausgetragenen Fußball-EM vom 10. Juni bis zum 10. Juli noch vor wesentlich größeren Herausforderungen stehen werden. Dann müssen nicht nur Sport-Stadien geschützt werden, sondern ganze Innenstädte mit ihren Public-Viewing-Zonen, Bars und Restaurants. Jüngst erst wurde ein warnender interner Bericht des deutschen Bundeskriminalamts zu möglichen Anschlägen bei der EM bekannt.

Der Boulevard d'Auteuil ist eine breite Tangente, die sich im Süden an den Tennispark schmiegt. In früheren Jahren strömten die Besucher über ihn aus beiden Richtungen zu den Eingängen. Das geht nun nicht mehr. Wer von Westen kommt, muss erst den gesamten Boulevard bis zum östlichen Ende ablaufen und sich dort einreihen in die Schlange auf dem nördlichen Bürgersteig, der hinter zwei Reihen Absperrgitter einen schmalen Sicherheitskorridor bildet.

Ein ganzer Häuserblock wurde so abgeriegelt, insgesamt gibt es drei "Points de Passage Obligatoire", drei Checkpoints, dort werden Taschen durchsucht, Körper abgetastet, wird mit Metalldetektoren gescannt. Auf der Straße wimmelt es vor Polizeiautos und schwer bewaffneten Beamten, und auf dem Gelände patrouillieren Sicherheitskräfte mit Sprengstoff-Spürhunden. Das Prozedere dauert naturgemäß eine Weile, ist aber noch immer weniger aufwendig als das gewöhnliche Check-in-Verfahren an den Flughäfen, bei dem das Gepäck durchleuchtet wird. Die meisten Besucher bringen für die Vorkehrungen viel Verständnis auf.

Auch die Spieler bekommen die Veränderungen zu spüren

"Ich denke, wir sollten denjenigen vertrauen, die sich in Sicherheitsfragen auskennen: der Präfektur der Polizei und den Spezialkräften", hat Guy Forget kürzlich der New York Times gesagt; der ehemalige Tennisprofi ist seit Februar Turnierdirektor der French Open. "Wir haben sie gefragt: Was sollen wir konkret machen? Wir wollen das Risiko so minimieren, dass es gen null tendiert. Und jetzt halten wir uns einfach an ihre Ratschläge."

Der Sicherheitsaspekt berührt auf der Tour der Tennisprofis zwei Ebenen: Es gibt eine Sicherheit, die für die Besucher garantiert werden muss. Und es gibt eine, auf die innerhalb des Stadions die Spieler zählen. Als am Freitag die Weltranglistenerste Serena Williams gefragt wurde, ob ihr, zumal sie in Paris ein Appartement besitzt, die verstärkte Polizeipräsenz in der Stadt gefalle, dachte sie zunächst an sich. "Mehr Sicherheit ist etwas, was alle Spieler wollten", sagte Williams. "Wir wollen einfach das machen, was wir machen. Wir wollen Tennis spielen. Wir wollen Spaß haben und unsere Leben leben."

Im vergangenen Jahr hatte es am Eröffnungstag einen wenig spaßigen Vorfall gegeben: Ein Fan stürmte auf den Court Philippe Chatrier, als Roger Federer gerade gespielt hatte, dort bat er den Schweizer um ein gemeinsames Foto. Die Sicherheitskräfte reagierten träge bis gar nicht. Und Federer, der nicht gerade berühmt ist für die Schelte anderer, fand die spontane Nähe zu einem Unbekannten alles andere als lustig. "Offensichtlich bin ich nicht eine Sekunde glücklich darüber", sagte er damals. Andererseits ist das Thema nicht neu. 23 Jahre nachdem sich ein verwirrter Steffi-Graf-Verehrer in Hamburg ungehindert über die Balustrade beugen konnte, um der Weltranglistenersten Monica Seles in einer Spielpause ein Messer zwischen die Schulterblätter zu rammen.

Angesprochen auf die Sicherheitslage hob die Weißrussin Wiktoria Asarenka auf das große geopolitische Bild an, das sie bedauere. "Die Welt ist derzeit ein bisschen beängstigend. Ich versuche einfach zu denken, dass Sportveranstaltungen dazu da sind, Freude zu bereiten, und ich hoffe, dass alles gut gehen wird", sagte sie: "Auch bei uns Spielern sind mehr Leute um dich herum, die aufpassen."

Sie dachte da an ihre Bodyguards, die aber auch nicht immer bei allen Trainingseinheiten dabei sein können. Turnierdirektor Forget sagt: "Wir werden jetzt die Daumen drücken und so aufmerksam wie möglich sein."

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