Serena Williams im Wimbledon-Endspiel:Problemlos ins Finale gedonnert

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Ihre Aufschläge kommen wie Geschosse, ihre Athletik ist im Frauentennis unerreicht. Serena Williams dominiert in Wimbledon nach Belieben und unterhält die Fachwelt mit offenen Worten - doch es bleiben Zweifel: Ihre enorme Kraft brachte die Amerikanerin immer wieder unter Verdacht, sie könne mit unerlaubten Mitteln nachhelfen.

Michael Neudecker, London

Es gab eine anhaltende Diskussion über Geld in diesen knapp zwei Wochen in Wimbledon, der Franzose Gilles Simon hatte damit angefangen. Er fände es ungerecht, sagte Simon, ein guter, aber nicht weiter beachteter Tennisprofi, dass die Frauen in Wimbledon ebenso viel Preisgeld wie die Männer bekämen; der Sieger erhält 1,15 Millionen britische Pfund, das entspricht in etwa 1,44 Millionen Euro.

Eine einschüchternde Erscheinung: Serena Williams während ihres Halbfinalsiegs gegen Viktoria Asarenka. (Foto: AFP)

Die Männer, sagte Simon, würden wesentlich mehr öffentliches Interesse auf sich ziehen als die Frauen. Natürlich wurde Serena Williams dann gefragt, was sie dazu sage, Serena Williams ist schließlich eine der besten Tennisspielerinnen der Gegenwart, und keine redet so offen über das, was sie denkt, wie Serena Williams.

"Oh Mann", sagte sie, "ihr wisst doch, dass ich mir nicht auf die Zunge beißen kann", und dann führte sie aus, was sie davon im allgemeinen und von Gilles Simon im speziellen halte. Ihre Meinung lässt sich nun zusammenfassen in diesem einen Satz: "Ich denke nicht, dass ich das Geld weniger verdiene als die Männer, nur weil ich Brüste habe und sie nicht."

Die Reporter grinsten bei diesem Satz, sie waren zufrieden, auch wegen solcher Sätze mögen sie Serena Williams ja: Sie ist keine Agnieszka Radwanska, keine Viktoria Asarenka, keine Petra Kvitova, die alle gute und freundliche Tennisspielerinnen sind, das schon. Serena Williams aber ist eine, die sich abhebt. Sie zieht mehr öffentliches Interesse auf sich als die meisten Männer.

Das liegt nun aber nicht nur an ihrem Wesen, das sie selbst als "offen und lustig" beschreibt; daran, dass sie keine Probleme hat, Fragen nach ihren Lieblingsblumen ("Rosen, am liebsten rot, gerne auch pink"), nach dem Schauspieler Dustin Hoffman ("Er war großartig in Die Reifeprüfung") und anderem tennisfernen Zeug zu beantworten. Es liegt vor allem an diesen Zahlen, die die Karriere der Tennisspielerin Serena Williams begleiten. 122 Wochen die Nummer eins, 41 Turniersiege, 13 Grand-Slam-Titel, allein vier Mal gewann sie Wimbledon, an diesem Samstag bestreitet sie in Wimbledon zum 18. Mal das Finale eines Grand-Slam-Turniers.

Sie spielt gegen Agnieszka Radwanska, die Polin, die die Deutsche Angelique Kerber so leidenschaftslos wie deutlich im Halbfinale besiegt hatte. "Sie ist eine tolle Spielerin", sagt Serena Williams, aber das ist wohl als Teil des üblichen Final-Vorspiels zu betrachten. In Wahrheit zweifelt niemand daran, dass Serena Williams dieses Finale gewinnen wird.

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In ihrem Halbfinale gegen die Weißrussin Viktoria Asarenka kam ja noch eine Zahl hinzu: Sie schlug 24 Asse, das ist ein Rekordwert in Wimbledon. Im Turnierverlauf gelangen ihr bereits 85 Asse, im Frauentennis ist das ein geradezu sensationeller Wert. Williams' Aufschläge erreichen regelmäßig Geschwindigkeiten jenseits der 200 km/h, Agnieszka Radwanska ist 1,72 Meter groß und wiegt 56 Kilogramm. Es wird spannend sein zu sehen, wie Radwanska versucht, Williams' Aufschläge zu returnieren.

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Aber der Aufschlag ist nicht nur Serena Williams' wichtigste Waffe, sondern mitunter auch ihre einzige. Serena Williams ist eine wuchtige Erscheinung, das war sie schon immer, doch seit sie ein Jahr lang wegen einer Fußverletzung und einer Lungenembolie pausierte und erst kurz vor Wimbledon 2011 zurückkehrte, ist sie noch auf der Suche nach ihrer körperlichen Form.

Polizei statt Doping-Probe

In Wimbledon reichte das dennoch weitgehend problemlos zum Finaleinzug, weil ihre Schläge immer noch härter sind als die der meisten Konkurrentinnen, und weil diese eben alle Mühe haben, mit Williams' Aufschlag umzugehen. "Es gibt keine Frau, die so aufschlägt wie Serena", sagte Asarenka in einer Mischung aus Respekt und Furcht.

Die Sache mit der Kraft allerdings brachte Serena Williams in der Vergangenheit auch immer wieder unter Verdacht, sie könne mit unerlaubten Mitteln nachhelfen. Im November des vergangenen Jahres geriet sie bei einer unangemeldeten Dopingkontrolle derart in Panik, dass sie die Polizei rief: Sie hielt den Kontrolleur für einen Einbrecher. Die Sache wurde rasch aufgeklärt, offen ist dagegen noch die Frage, ob sie damit gegen eine Anti-Doping-Regel verstoßen hat oder nicht; der Tennisweltverband ITF will sich dazu nicht äußern.

Ebenso wenig zu der Frage, die noch dringlicher erscheint: Nach offizieller ITF-Statistik wurde Serena Williams weder 2010 noch 2011 auch nur ein Mal außerhalb der Turniere getestet. Warum? Eine Anfrage an die ITF seitens der SZ dazu blieb bis Freitagabend unbeantwortet.

In Wimbledon ist das ohnehin kein Thema, über das gesprochen wird, in Wimbledon spielen sie in weiß, niemand hier hört gerne solche Fragen, auch deshalb hat niemand Serena Williams nach dieser Sache gefragt. Es wäre sinnlos gewesen, denn es gibt Fragen, die sogar sie nicht beantwortet.

© SZ vom 07.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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