Sebastian Rode beim FC Bayern:Mentalitätsmonster wie Jeremies

SV Darmstadt 98 v FC Bayern Muenchen - Bundesliga

Der beste Münchner in Darmstadt: Sebastian Rode.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Von Matthias Schmid, Darmstadt

Sebastian Rode ließ seinen Blick kurz schweifen im Bauch des Stadions am Darmstädter Böllenfalltor. Seine Augen verrieten Verblüffung. Sein Blick blieb hängen an diesem weißen, badewannengroßen Trog, der so aussah wie jener, den man von jedem Kreisligaverein in der Republik kennt, an dem sich die Feierabendkicker vor dem Gang in die Kabine erst die Schuhe putzen müssen, weil ein Zettel an der Tür dreckige Treter unter Strafe verbietet. Die grünen Bürsten lagen im Becken, der gelbe Wasserschlauch hing akkurat an der Wand, auch weitere von diesen Bürsten, an denen noch Gras klebte.

Rode kennt einen solchen Ort nicht vom FC Bayern, wo den Spielern die Mühen des Alltags abgenommen werden. Der enge Gang unter der Haupttribüne mit dem Trog, den Stahlrohren und dem Beton wirkte wie alles in diesem herrlichen Fußballstadion wie aus der Zeit gefallen, Darmstadt bietet Fußballpuristen noch Raum für Träume.

Auch Sebastian Rode fühlte sich im Paradies, er ist ein Kicker, der hierher passt, er ist ein Arbeiter, der sich nichts aus Luxus macht, sondern am liebsten sein Trikot schmutzig macht. Er haut auch dann keinen lauten Spruch in die Welt hinaus, wenn er nicht spielen darf, wie in dieser Saison, in der er erst acht Minuten auflaufen durfte - in allen Spielen zusammen wohlgemerkt.

"Er hat es verdient, mehr zu spielen", sagt Guardiola

"Es ist nicht immer einfach, positiv zu bleiben, wenn man auf der Bank sitzt und nur sehr wenig spielt", sagte Rode vor dem Trog, eigentlich kein Ort für tiefschürfende Erklärungen. Doch an diesem Tag rückte Rode in den Vordergrund, es war ein wichtiger Tag für ihn. Er war mit einer Vorlage und einem Treffer auffälligster Münchner beim lockeren 3:0 (1:0)-Sieg in Darmstadt.

Wie sehr sich seine Mitspieler und vor allem auch Bayern-Trainer Pep Guardiola für ihn freuten, konnte man schon nach seiner Vorlage für Kingsley Coman zum zwischenzeitlichen 2:0 beobachten. Guardiola nahm Rode leidenschaftlich in den Arm, als habe er einen alten Freund schon Jahre nicht mehr gesehen. "Auch nach dem Spiel kam er sofort auf mich zu und hat mich geherzt", erzählte Rode. Dem 24-Jährigen tut die Zuneigung des Cheftrainers gut. Das merkt man.

In der Tradition von Jeremies und Salihamidzic

Die Situation ist nicht einfach für ihn. "Der Trainer weiß, was er an mir hat", sagte Rode. Er würde ihn liebend gern häufiger von seinen Stärken überzeugen. Rode ist ein dynamischer Spieler, einer der auf vielen Positionen spielen kann, der nicht nur den Ball stibitzt, sondern es auch versteht, sauber zum Mitspieler zu passen und selbst Lücken in die Abwehrreihen zu laufen. Diese Vorzüge sind auch dem Spanier nicht entgangen, der ihn diesmal auf die Acht stellte, als Schnittspieler in der Zentrale zwischen defensivem und offensivem Mittelfeld.

"Sebastian ist ein Spieler, der es verdient hat, mehr für diesen Verein zu spielen", sagte Guardiola selbst. In der Pressekonferenz lieferte er zum Thema Rode ein erstaunliches Impulsreferat, an dessen Ende man sich fragte, warum er ihn dann so wenig spielen lässt. "Man stellt Sebastian auf diese und jene Position und immer zeigt er ein großes Lächeln und versteht sofort, worum es geht", betont der Bayern-Trainer.

Guardiolas Schmerzen

Es muss Guardiola tatsächlich schmerzen, Rode auf die Bank setzen zu müssen, weil er in Philipp Lahm oder Xabi Alonso zwei Weltmeister hat, die er in wichtigen Partien nicht auf die Bank setzen kann. Matthias Sammer bemüht sogar die Historie des Vereins, um den Stellenwert Rodes einzuordnen und zu erklären, warum es für den Klub keine Option war, Rode im Sommer gehen zu lassen. Der Bayern-Sportdirektor erwähnt Jens Jeremies und Hasan Salihamidzic.

"Das waren alles Spieler, die nicht so dargestellt wurden, als wären sie Torjäger oder was weiß ich", sagte Sammer. Mentalitätsspieler also, die er so sehr liebt. "Ich bin froh, dass Sebastian diese Tradition hier nun fortführt", fügte er hinzu und beendete seine Lobeshymne mit einem "blöden Begriff", wie er sagte. "Aber für mich ist Sebastian ein Mentalitätsmonster, das jede Mannschaft braucht, weil solche Spieler das Kitt zwischen den Elementen sind, die alles zusammenhalten."

Sebastian Rode wird das gerne hören, aber noch viel lieber würde er spielen, wie er unaufgeregt sagt. "Ich werde jetzt schauen, wie es weiter geht."

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