Schwimmen bei Olympia:Das ist Chinas Bad Boy

Sun Yang macht abseits des Schwimmbeckens Schlagzeilen. Sechs Olympia-Schwimmer, auf die man achten sollte.

Von Saskia Aleythe, Rio de Janeiro

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Chad le Clos

Olympics - Previews - Day -4

Quelle: Getty Images

"Unglaublich, unglaublich, schaut ihn euch an!" Bert le Clos war bei den Spielen in London 2012 der stolzeste Vater überhaupt. Sein Sohn Chad le Clos hatte über 200 Meter Schmetterling Michael Phelps besiegt, was nicht nur ihn, sondern auch seinen Vater berühmt machte: Der freute sich auf der Tribüne und vor den Kameras so herzlich, dass er in der Heimat in Südafrika zum gefragten Mann wurde, Werbespots drehte und in TV-Shows sitzen durfte. "Ich bin berühmt dafür, berühmt zu sein", sagt er heute und zieht einen interessanten Vergleich: "Ich bin die Kim Kardashian des Schwimmsports." In Rio startet sein Sohn Chad mit Chancen auf eine weitere Medaille, er liegt auf Rang vier in der Welt, zwei Plätze vor Michael Phelps. Doch die Familie ist nicht mehr so unbeschwert wie vor vier Jahren: Im Frühjahr kehrte der Brustkrebs bei der Mutter zurück, Bert bekam die Diagnose Prostatakrebs. Beide sind nach ihren Behandlungen nach Rio geflogen. Der größte Wunsch des Schwimmers hat sich damit schon erfüllt.

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Inge Dekker

Swimming Day One - 13th FINA World Championships

Quelle: Bongarts/Getty Images

Die Zeiten im Wasser, die Technik bei der Wende, die Reaktionsfähigkeit beim Start - all das ist für Inge Dekker (2.v.l.) Mitte Februar ganz unwichtig geworden. Bei der 30-Jährigen wurde Gebärmutterhalskrebs diagnostiziert, statt um die Olympia-Qualifikation ging es nun um ihre Gesundheit. "Plötzlich steht das Leben still, und man sieht, wie relativ alles ist", sagte die Niederländerin. Doch die Hoffnung auf eine Teilnahme an ihren vierten Spielen war größer als alle Ängste und Belastungen, "Dinge, die ich nicht beeinflussen kann, lasse ich los", sagte sie damals, "aber die Spiele in Rio habe ich mir sicherlich noch nicht aus dem Kopf geschlagen." Sie ließ sich operieren und kämpfte dann weiter, als hätte sie nur eine Grippe geplagt. Drei Olympia-Medaillen hat sie schon, Bronze aus Athen 2004, Gold aus Peking 2008 und Silber aus London 2012 - immer mit der 4x100-Meter-Freistilstaffel. In Rio startet sie zusätzlich über 50 Meter Freistil. Ob sie wieder eine Medaille mitnehmen kann? Das ist in diesem Jahr Nebensache.

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Therese Alshammar

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Quelle: AP

Die Schweden hatten im Grunde keine andere Wahl, als Therese Alshammar als Fahnenträgerin ins Maracana-Stadion zu schicken. Schließlich nimmt die 38-Jährige zum sechsten Mal an Olympischen Spielen teil, so viel Ausdauer muss schon belohnt werden. 1996 in Atlanta war die olympische Welt für sie noch ein fremdes Terrain, heute hätte sie einen Doktortitel in Olympiologie verdient. Wobei sie in der Fachsparte "Genießen" noch ein bisschen weiterforschen muss. So richtig glücklich war Alshammar bei Olympia nie, auch wenn sie 2000 in Sydney drei Medaillen gewann. Mal lief die Vorbereitung schlecht, mal belasteten sie die Erwartungen, mal klemmte sie sich ungünstig einen Nerv ein - nun hofft die Mutter eines dreijährigen Sohnes darauf, doch noch Glückseligkeit zu erleben. In Rio wird sie neben der 22 Jahre alten Sarah Sjöström die 50 Meter Freistil bestreiten. Sjöström schwimmt ihre dritten Spiele. Und wer bei Olympia 2032 die Fahne für Schweden tragen wird, weiß freilich noch niemand.

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Sun Yang

Rio 2016 - Schwimmen

Quelle: dpa

Ohne Führerschein Auto zu fahren, ist generell dumm; dabei einen Auffahrunfall zu verursachen, noch viel schlimmer - und wird in China mit Gefängnis bestraft. So musste der Freistilschwimmer Sun Yang Ende 2013 sieben Tage einsitzen, da nützte auch sein Promistatus nichts. In London hatte er vier Medaillen geholt, war zweimal Olympiasieger, über 1500 Meter mit Weltrekord. Er schwimmt immer noch schnell, über 400 Meter gilt er als Medaillenkandidat - und als Bad Boy der Chinesen. Einige Skandale haben ihn in der Szene nicht gerade beliebt gemacht: Bei der WM 2015 soll er eine brasilianische Athletin beim Einschwimmen rüde aus dem Weg gekrault haben, nach dem Zoff trat er zum Finale nicht mehr an: Laut eigener Aussage wegen Herzproblemen. Mit Doping nimmt man es in China übrigens nicht so ernst wie mit dem Autofahren: Dass Sun Yang Anfang 2014 positiv auf das Stimulans Trimetazidin getestet wurde, vertuschte der Verband lange. Und verhängte dann rückwirkend nur drei Monate Sperre.

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Ruta Meilutyte

Swimming - 16th FINA World Championships: Day Ten

Quelle: Clive Rose/Getty Images

Wer am Sonntag tatsächlich in die Vorläufe über 100 Meter Brust starten wird? Das bleibt wohl bis zum Einlauf der Schwimmerinnen ein Rätsel. Ruta Meilutyte ist ganz sicher dabei, sie ist die Olympiasiegerin von London. Damals war die Litauerin gerade 15 Jahre alt und kam aus dem Nichts auf die große Bühne, ohne je an einer EM oder WM teilgenommen zu haben. Über die Jahre hat sie eine besondere Rivalität zu einer Kontrahentin entwickelt: Die Russin Julia Jefimowa und sie werden keine Freunde mehr. 2012 erreichte Jefimowa in London Rang sieben, bei der WM in Kasan 2015 startete sie nach gerade erst abgesessener Dopingsperre, die sie mit dem Bekommen eines Knöllchens im Straßenverkehr verglich. "Jetzt sehe ich sie nicht mehr als aufrichtige ehrliche Kontrahentin an", sagte Meilutyte. Im Finale schnappte Jefimowa ihr WM-Gold weg. In Rio galt die Russin als gesperrt, bis der internationale Sportgerichtshof Cas das Urteil des IOC kippte. Startet sie nun, startet sie nicht? Ruta Meilutyte wird es beobachten.

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Yannick Agnel

Rio 2016 - Schwimmen

Quelle: Patrick B. Kraemer/dpa

Im Mai war Olympia für Yannick Agnel schon fast gelaufen, zumindest was seinen Start über eine Einzelstrecke angeht. Und das hätte den Schwimmliebhabern in Frankreich ziemlich weh getan. Agnel schlug bei der Qualifikation im eigenen Land nur als Dritter an über 200 Meter Freistil - obwohl er bis zum Ende recht eindeutig auf Position zwei gelegen hatte. Ein Problem mit der Zeitmessanlage? Ein grandios vermasselter Anschlag? Frankreich rätselte, leitete aber ohnehin alles in die Wege, damit Agnel sein Rennen schwimmen kann. Gut, die vom Verband geforderte Norm verpasste er, doch Agnel ist schließlich nicht irgendein französischer Schwimmer, sondern DER französische Schwimmer: Bei den Spielen in London wurde er Olympiasieger über diese Distanz, mit der 4x100-m-Staffel holte er Silber. Als der Deutsche Paul Biedermann gerade seine trübsten Momente erlebte, wurde Agnel zum großen Sieger. Ob sich die Geschichte wiederholt? Agnels Zeiten sprechen eher dagegen.

© SZ.de/chge
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