Schwimm-WM: 200 Meter Freistil:Biedermann krault zu Bronze

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"Ich bin schon ein bisschen enttäuscht": Bei der Schwimm-WM in Shanghai fällt das erwartete Duell zwischen Paul Biedermann und Michael Phelps aus, das Rennen über 200 Meter Freistil dominiert der Amerikaner Ryan Lochte. Biedermann bleibt nur Platz drei - auch wegen seines Verhaltens am Start.

Jonas Beckenkamp

Große Duelle werfen im Sport oft große Fragen auf: Wer ist der Favorit? Blufft einer der Kontrahenten? Gibt es vielleicht einen dritten Titelkandidaten? Der vermeintliche Favorit über 200 Meter Freistil bei der Schwimm-WM in Shanghai war Michael Phelps, Gewinner von 14 olympischen Goldmedaillen. Bisher war der Amerikaner eher moderat aufgetreten, während andere vor dem Finale deutlich kraftvoller und vor allem schneller kraulten. So auch der Deutsche Paul Biedermann, der seit seinen Weltrekorden bei den vergangenen Titelkämpfen in Rom vehement am Makel der Unbesiegbarkeit des Amerikaners kratzt.

Paul Biedermann holte über 200 Meter Freistil Bronze - und war nicht ganz glücklich darüber. (Foto: dpa)

Das Aufeinandertreffen der beiden besten Schwimmer der vergangenen Jahre war mit Spannung erwartet worden. Es wurde jedoch um einen weiteren Protagonisten erweitert: Während Phelps nach mäßigem Start noch auf Platz zwei schwamm und Biedermann Dritter wurde, sicherte sich der Amerikaner Ryan Lochte in 1:44,44 Minuten den Titel. "Ich bin schon ein bisschen entäuscht. Ich hatte mir ein schnelleres Rennen vorgestellt. Phelps und Lochte waren heute einfach nicht zu schlagen. Irgendwie kann ich mich noch nicht so richtig freuen," sagte ein etwas geknickter Paul Biedermann nach dem Rennen.

Wie auch viele Bobachter hatte sich Biedermann zuvor auf Phelps als Hauptkonkurrenten konzentriert. "Ich glaube schon, dass er noch taktiert hat", hatte der Titelverteidiger vermutet, nachdem er Rekord-Olympiasieger Phelps im Halbfinale um eine Sekunde abgehängt hatte. Mit dem Einordnen der eigenen Leistung in den Vorläufen ist es beim Schwimmen nicht anders als in anderen Sportarten: Man möchte sich nicht in die Karten schielen lassen, bevor es wirklich um alles geht - um dann im entscheidenden Moment sein ganzes Potential abzurufen.

Genau das tat dann jedoch zu Beginn des Rennens keiner der beiden Favoriten so richtig. Sowohl Phelps als auch Biedermann wirkten etwas zögerlich beim Start. Den besten Satz ins Wasser erwischte hingegen der Koreaner Park Tae Hwan, der im Halbfinale die viertbeste Zeit geschwommen war. Sein schwungvolles Kraulen bescherte ihm ein paar Handlängen Vorsprung, ehe sich ihm der Amerikaner Ryan Lochte Sekunde um Sekunde näherte. Biedermann, ohnehin eher für seine starken Schlussspurts bekannt, hing zurück, doch auch sein Konkurrent Phelps musste sich erst herankämpfen.

Es war bald klar, dass hier tatsächlich kein reines Duell zweier Spitzenschwimmer stattfinden würde - dafür war das Teilnehmerfeld zu stark besetzt. Lochte übernahm nach 100 Metern die Führung von Park Tae Hwan und zog leicht davon, Phelps konnte seinem Landsmann mit geringem Rückstand folgen. Und Biedermann? Der hing weiter zurück, doch er ruderte, drückte und schob sich mit seinen kräftigen, langen Armen voran, als würde er jetzt erst richtig in Schwung kommen.

Die Spitze war für den DSV-Mann zu diesem Zeitpunkt kaum mehr greifbar, zu stark präsentierte sich Lochte - und auch Phelps schien sich hineinzubeißen in dieses umkämpfte Rennen. Immer mehr kam zu Vorschein, dass der 22-malige Weltmeister tatsächlich erst jetzt sein ganzes Können aufbot. Und er brauchte es, um wenigstens die Silbermedaille zu gewinnen. Im Zielsprint legte Biedermann dann noch einmal zu, er wollte unbedingt herankommen und versuchte es, doch auch die beiden führenden Amerikaner schwammen, als ginge es um ihr Leben.

Lochtes Vorsprung auf Phelps schrumpfte zwar ein bisschen, aber der 26-Jährige New Yorker blieb bis zum Anschlag vorne. Phelps klatschte als Zweiter an den Beckenrand und Biedermann streckte sich auf Platz drei. Wieder hatte der Deutsche Bronze geholt - zwei Tage, nachdem ihm Selbiges bereits über 400 Meter gelungen war. "Ich weiß nicht warum es so gelaufen ist, wahrscheinlich war die Erwartung an mich selber auch zu hoch," sagte Biedermann über den verpassten Sieg. Doch die Chance auf das nächste große Duell kommt bestimmt bald.

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Die Aufmerksamkeit im Finale über 200 Meter Freistil war auf das Duell zwischen Paul Biedermann und Michael Phelps gerichtet - für den einen sollte es die Revanche für Rom werden, für den anderen die Bestätigung der WM von 2009. Es kam ganz anders.

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