Boxen in Hamburg:Wladimir Klitschko kämpft gegen seinen größten Fan

So freundlich ist es lange nicht vor einem Weltmeisterschafts-Kampf im Box-Schwergewicht zugegangen: Der Pole Mariusz Wach verehrte einst Wladimir Klitschko, jetzt will er ihm die drei WM-Gürtel abnehmen. Doch seine Aussichten sind minimal.

Carsten Eberts, Hamburg

Wladimir Klitschko hat kürzlich verkündet, wem er seinen nächsten WM-Kampf widmet, und es ist ein trauriger Anlass. Am 25. Oktober war Klitschkos langjähriger Trainer Emanuel Steward gestorben, als der Ukrainer davon erfuhr, befand er sich mitten in der Vorbereitung auf seinen nächsten Kampf. "Ohne Emanuel, aber mit seiner Präsenz werde ich in den Ring steigen", sagte Klitschko in dieser Woche in Hamburg, "ich weiß, was ich zu tun habe und werde es für ihn tun."

An seinem Pullover trug er einen kleinen Button mit Stewards Konterfei. Klitschko hat lange und intensiv mit Steward zusammen gearbeitet, doch er kennt bereits das Gefühl, einen geliebten Menschen kurz vor einem Kampf zu verlieren: Vor anderthalb Jahren starb Klitschkos Vater während der Vorbereitung auf das Duell mit dem Briten David Haye. Klitschko siegte trotzdem nach Punkten.

Als sicher gilt, dass der jüngere der beiden Klitschko-Brüder auch am Samstagabend gegen den Polen Mariusz Wach seine Titel der Verbände WBO, WBA und IBF verteidigen wird. Wach ist zwar in 27 Profikämpfen ungeschlagen, taucht jedoch in keiner bedeutsamen Statistik auf. Im Ring präsentiert sich der Pole weder schnell noch sonderlich athletisch, gegen wirklich starke Gegner hat er noch nicht kämpfen müssen. Vor einem Jahr besiegte er immerhin Kevin McBride und darf sich seitdem "International Champion" des Verbandes WBC nennen. In der Weltrangliste des Schwergewichts steht Wach nur auf Rang 23, genau 22 Plätze hinter Wladimir Klitschko.

Trotzdem müht sich das Klitschko-Management, Wach als starken, gar gefährlichen Gegner zu verkaufen. Wie immer, wenn es darum geht, dem Publikum einen Gegner schmackhaft zu machen, der am Ende kaum eine Chance haben wird. Wach bietet diesbezüglich Potenzial: Mit 2,02 Metern ist der Pole vier Zentimeter größer als Klitschko, das gab es noch nie, das haben Klitschkos Management und der übertragende Sender RTL schnell herausgefunden.

Und sie promoten den Kampf in genau diese Richtung. "Die Herausforderung für mich ist seine Körpergröße", lässt sich Klitschko brav zitieren, "ich habe noch nie gegen jemanden um die WM geboxt, der so viel größer ist als ich." Dabei hatte Klitschko gegen groß gewachsene Gegner noch nie Probleme. Viermal hat der Weltmeister gegen sehr große Boxer seinen Titel verteidigt; gegen Ray Austin und Derrick Jefferson (beide 1,98 Meter), zweimal gegen den Amerikaner Tony Thompson, auch 196 Zentimeter groß, zuletzt im Juni in Bern. Klitschko boxte souverän, gegen Thompson gewann er durch technischen K.o. in der sechsten Runde. Am Samstag in Hamburg, so glauben viele, könnte es ganz ähnlich laufen.

Dem Polen Wach ist die Ehrfurcht vor Klitschko anzumerken. Ende August, bei der ersten gemeinsamen Pressekonferenz in der Hamburger Arena, hatte Wach gar ein Foto mitgebracht. Acht Jahre zuvor waren sich beide in einer kleinen Boxklitsche in Hamburg-Wandsbek begegnet, der Ukrainer war bereits Weltmeister und Wach, damals 24, noch Amateur. Nach dem Sparring entstand das Foto, der Weltmeister neben seinem größten Fan. Dieses Bild drückte Wach seinem Widersacher nun in die Hand, so freundlich war es vor Klitschko-Kämpfen schon lange nicht mehr zugegangen.

Kampf gegen Huck unwahrscheinlich

Fast zu freundlich. Jemand wird Wach deshalb gesteckt haben, dass es ganz ohne Provokation dann doch nicht geht. Beim offiziellen Training am Mittwoch zog Wachs Trainer Juan DeLeon Boxhandschuhe an, auf denen die Gesichter der Klitschko-Brüder prangten. Und Wach, der sonst so freundliche Pole, haute eifrig drauf. "Sie werden einen Wach sehen, der Klitschko um jeden Preis die Gürtel abnehmen will", sagt der Pole.

Doch Klitschko hatte wenig Lust auf Konfrontation. "Man kann das mit Humor nehmen", sagte Klitschko über die putzigen Bildchen auf den Handschuhen. Am Samstag soll es nicht mehr so witzig zugehen. Es soll Klitschkos 59. Sieg im 62. Profikampf werden.

Starke Klitschkos gegen überschaubar starke Gegner: Wladimir und sein Bruder Vitali müssen das Spiel noch eine Weile mitmachen. Gerade hat die Klitschko Management Group (KMG) einen neuen Langzeitvertrag mit dem Fernsehsender RTL unterschrieben. Die nächsten fünf Kämpfe werden bei RTL laufen; ganz egal, welcher der beiden Brüder in den Ring steigt.

Dass es dabei zu einem Kampf gegen den Deutschen Marco Huck kommt, ist unwahrscheinlich. Abgesehen davon, dass Huck bei einem Wechsel vom Cruiser- ins Schwergewicht gegen einen der Klitschkos kaum eine Chance hätte: Hucks Promoter Kalle Sauerland hat den Kampf der ARD versprochen, die Klitschkos sind an RTL gebunden. Eine Partei müsste zurückstecken. Ein Angebot über fünf Millionen Euro hat Klitschko-Manager Bernd Bönte bereits abgelehnt.

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