Schweiz:Noch entspannter

Switzerland Training - Euro 2016

Der Schweizer Trainer Vladimir Petkovic.

(Foto: Pascal Rossignol/Reuters)

Nationaltrainer Vladimir Petkovic genießt die EM und erhofft sich gegen Frankreich eine Bestätigung für den Formanstieg der Eidgenossen.

Von Thomas Schifferle, Lille

"Darf ich allein sitzen?", fragt Vladimir Petkovic und setzt sich in einen Rattanstuhl, oben im Logengang des Stade de la Mosson von Montpellier. Er schlägt ein braungebranntes Bein übers andere und ist entspannt, als ihm 50 Stunden vor Spielbeginn gegen Frankreich eine kleine Journalistenrunde gegenübersitzt. Petkovic genießt diese Zeit, die vor vier Wochen mit dem Trainingslager in Lugano begonnen hat. Er kann arbeiten wie in einem Verein. Die Mannschaft entwickelt sich so, wie er sich das vorstellt. Ihm gefällt ihr Teamgeist, ihre Seriosität. Er sieht einen Formanstieg. So fasst das der Nationalcoach zusammen.

Nach den ersten beiden Auftritten ist die Schweiz auf bestem Weg in die Achtelfinals. Das Spiel der besonderen Emotionen gegen Albanien ist überstanden (1:0), jenes beim 1:1 gegen Rumänien vier Tage später hat gezeigt, was in guten Momenten für sie möglich ist. Ob er deshalb entspannter ist als sonst, wird Petkovic gefragt. "Ich bin immer so gewesen", antwortet er, "fragen Sie in Italien, in der Türkei. Nur wenn man zu schießen beginnt, muss ich einen Panzer hervor nehmen". Schießen ist sein Synonym für kritisieren.

Gegen Rumänien gab es für die Schweiz zwar nur einen Punkt, aber weit mehr wohlwollende Kritik als nach dem Sieg gegen Albanien. "Komischerweise", sagt Petkovic und lacht, "sind unsere besten Spiele die, die wir nicht gewonnen oder verloren haben." Das 2:2 in Polen komme ihm da in den Sinn.

Seferovic darf es noch einmal versuchen

21 Partien hat er bisher mit der Schweiz bestritten, 11 gewonnen und 7 verloren, drei davon in der Qualifikation zu dieser EM. Diese Bilanz ist ordentlich, aber kein Grund zu überschäumender Freude. Die Gefühlslage kann sich schnell ändern, dafür würden zwei Siege schon reichen: am Sonntagabend gegen Frankreich in Lille (21 Uhr) und eine Woche später im ersten K.o.-Match. "Wir sind noch nicht sicher im Achtelfinale", warnt Petkovic aber, "dafür müssen wir uns zuerst einen Punkt sichern, und dafür brauchen wir die beste Mannschaft." Haris Seferovic wird dazu gehören, weil der Coach seinem Stürmer trotz vieler vergebener Tormöglichkeiten weiterhin vertraut: "Er hat einen harten Kopf", sagt Petkovic. "Er wird es weiter versuchen und weiter zu Chancen kommen."

Das schmähliche 2:5 bei der WM 2014 gegen Frankreich belastet ihn nicht weiter, das habe ihn nur als Schweizer interessiert, aber nicht als Trainer, sagt er. Deshalb hat es auch keinen Einfluss auf seine Ideen für das neue Duell. Auf Unentschieden spielen will er nicht, "das birgt immer ein Risiko", sagt er. Er will, dass seine Mannschaft so auftritt wie gegen Rumänien: nur den Sieg als Ziel im Kopf.

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