Schumachers Aus bei Mercedes:Dieser Rennsenior kann und will nicht anders

Im Silberpfeil wollte Michael Schumacher noch einmal Weltmeister werden. Er scheiterte klar - was dabei Alters- und was Materialschwäche war, lässt sich nicht präzise auflösen. Dennoch hat sich der Aufwand für ihn nicht nur finanziell gelohnt. Und das Karriereende steht dem 43-Jährigen garantiert noch nicht bevor.

Klaus Hoeltzenbein

Michael Schumacher

Seine Zeit als Fahrer bei Mercedes ist bald vorbei, doch Michael Schumachers Zukunft im Rennsport bleibt ungewiss.

(Foto: dpa)

So sehr viel schlauer ist die Anti-Aging-Forschung durch das Comeback des Michael Schumacher auch nicht geworden. Die Frage, ob ein 43-Jähriger noch vollauf konkurrenzfähig sein kann in einem Sport, der extreme Fitness und Reflexe in Millisekunden erfordert, bleibt auch nach einer nun schon fast dreijährigen Versuchsphase nahezu ungeklärt. Die einen sagen dies, die anderen sagen das.

Die einen werden jetzt drauf verweisen, dass Schumacher jenen 91 Siegen, die er bis zu seinem ersten Rücktritt 2006 gesammelt hatte, keinen weiteren mehr folgen ließ. Die anderen werden drauf verweisen, dass er spätestens mit Erlangung des ersten Startplatzes auf dem Straßenkurs von Monaco, wo mehr als anderswo die Qualität des Fahrers zählt, seine Konkurrenzfähigkeit im Duell mit der Jugend zweifelsfrei unter Beweis gestellt habe.

Das Veto fällt nicht schwer: Die Unfälle von Barcelona und jüngst in Singapur gingen eindeutig auf Schumis Senioren-Kappe. Die einen werden als Fazit dieses erstaunlichen Experiments nun feststellen wollen: Gefehlt hat der Mensch! Die anderen werden ausrufen: Schuld war nur die Maschine!

Schummel-Schumi von einst verliert heute mit Anstand

Dass auch das Auto, der Silberpfeil, nicht im Entferntesten an die eigene Legende herangekommen ist, belegt die Aussage von Niki Lauda. Der wird künftig Aufsichtsrat des Formel-1-Teams von Mercedes sein und hat in einer Art Regierungserklärung dem Schumacher-Nachfolger Lewis Hamilton "möglichst bald ein richtig schnelles Auto" versprochen. Im Umkehrschluss heißt das . . . - nun ja, geschenkt, wer fürstlich honoriert ins Cockpit steigt, akzeptiert, dass er fortan ein Sklave der Technik ist. Und trotzdem: Man hätte diesen Schumacher schon noch mal gerne im Ferrari von Fernando Alonso oder im Red Bull von Sebastian Vettel gesehen.

So aber hat die Tatsache Bestand, dass er in den Comeback-Jahren in der WM-Fahrerwertung stets hinter seinem Teamkollegen Nico Rosberg, 27, platziert war. Der erhoffte Dorian-Gray-Effekt, wie ihn der Schriftsteller Oscar Wilde für die Literatur erfand, ist ausgeblieben: dass nur das Wandgemälde des siebenmaligen Weltmeisters altern möge, während der Held mitten im Leben nach ewiger Raserei mit der Jugend strebt.

Der Roman von Oscar Wilde erschien Ende des 19. Jahrhunderts, in einer Zeit, in der Menschen mit 43 schon als Greise galten. In diesem Alter wollte Schumacher jetzt die Zeit überlisten und noch einmal Weltmeister werden. Sein Ziel, das hat er eingestanden, wurde klar verfehlt.

Und obwohl sich nicht mehr präzise auflösen lässt, was daran Alters-, was Wettkampf-, und was Materialschwäche war, hat sich der Aufwand nicht nur finanziell gelohnt. Wurde doch sein öffentliches Bild durchaus aufgehellt: Der Ellbogen-Schumacher, der Schummel-Schumi von einst, der das Gewinnen ohne Rücksicht erlernt hatte, hat bis heute - sechs Rennen vor dem Abschied - mit Anstand und sehr souverän verloren.

Ob's das damit aber schon war? Garantiert nicht. Dieser Rennsenior kann und will nicht anders. Der sitzt schnell wieder dort, wo es raucht und knattert.

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