Schalke 04:Zwei Nummern zu groß

Lesezeit: 3 min

Das frühe 1:0 durch Klaas-Jan Huntelaar (am Ball) gibt Schalke Sicherheit. Die Knappen schlagen Duisburg deutlich mit 5:0. (Foto: Dean Mouhtaropoulos/Getty Images)

Beim lockeren 5:0-Sieg in Duisburg profitiert der Bundesligist Schalke 04 von einem frühen Tor, einer guten Einstellung, einer verbesserten Ordnung - und den Standards des neuen Sechsers Johannes Geis.

Von Ulrich Hartmann, Duisburg

André Breitenreiter war 18 Jahre alt, als er den DFB-Pokal mit ins Bett nehmen durfte. Am 23. Mai 1992 hatte sein Klub Hannover 96 das Endspiel in Berlin gegen Borussia Mönchengladbach gewonnen, Breitenreiter hatte nicht eine Minute spielen dürfen, aber zum Trost - und weil er der Jüngste war - durfte er die Trophäe über Nacht bewachen. Er sagt: "Ich krieg' heut' noch eine Gänsehaut, wenn ich nur daran denke, wie ich damals neben dem Pokal aufgewacht bin."

Seit sechs Wochen wacht der Hannoveraner Breitenreiter, 41, jeden Morgen als Trainer des FC Schalke 04 auf. Die Gänsehaut, die ihm auch dieses Gefühl anfänglich bereitet haben dürfte, müsste mittlerweile verschwunden sein. Der frühere Stürmer Breitenreiter hat auch als Trainer nach den Stationen TSV Havelse und SC Paderborn eine steile Karriere hingelegt - nun kamen in seinem ersten Pflichtspiel als Schalke-Trainer die Faktoren 'Traditionsklub' und 'DFB-Pokal' zusammen. Breitenreiter träumt vom neuerlichen Pokal-Coup, diesmal als Trainer. Den ersten Schritt hat er mit seinen Schalkern am Samstag in der ersten Runde schon einmal gemacht. Das Revier-Derby beim 30 Kilometer südwestlich beheimateten MSV Duisburg gewannen die Schalker ungefährdet mit 5:0 (3:0).

"Von der ersten Minute an gebrannt"

"Echt stark", fand Breitenreiter die Vorstellung seiner Schalker, "ich möchte vor allem die Einstellung meiner Spieler loben, denn sie haben von der ersten Minute an gebrannt". Der Trainer lobte den Charakter der Mannschaft als "konzentriert und seriös", was auch Duisburgs Coach Gino Lettieri nicht dementieren konnte, denn auch seine Bilanz fiel eindeutig aus: "Schalke war heute nicht eine, sondern zwei Nummern zu groß für uns."

Mit dem Rechtsverteidiger Junior Caicara, dem Mittelfeldmann Johannes Geis und dem Stürmer Franco die Santo hatte Breitenreiter drei Neuzugänge in seine Startelf gebracht. Was bereits in der Saison-Vorbereitung ersichtlich geworden war, ist, dass der neue Trainer der zuvor orientierungslosen und bisweilen chaotischen Mannschaft schnell Stabilität zu geben vermochte. Auch beim Zweitligisten Duisburg - mit zwei klaren Niederlagen in die Saison gestartet - dominierten die Schalker aus einem stabilen 4-4-2-System heraus das Spiel, was ihnen freilich auch leicht fiel, nachdem Klaas-Jan Huntelaar auf Vorlage vom Rechtsaußen Eric-Maxim Choupo-Moting bereits in der vierten Minute die 1:0-Führung erzielt hatte. Neuling Geis spielte auf der Doppel-Sechs vor der Abwehr den defensiven Part, während sich Leon Goretzka bei Ballbesitz schnell nach vorne orientierte und zentral zwischen den Außen Choupo-Moting und Julian Draxler um Versorgungskanäle in die Doppelspitze mit Huntelaar und di Santo bemüht war.

Zugang Geis trifft erneut mit einem direkten Freistoß

Di Santo, aus Bremen verpflichteter Stürmer, hätte nach einer halben Stunde schon alles klar machen müssen, scheiterte mit einem Elfmeter allerdings am Duisburger Torwart Michael Ratajczak. Der MSV spielte von da an aber nur noch zu zehnt, denn Kapitän Branimir Bajic, dessen Zupfer an Huntelaar zuvor den Elfmeter verursacht hatte, musste für diese Aktion mit Gelb-Rot vom Platz. Er fehlte darum auch in der 39. Minute, als Schalkes Innenverteidiger Matija Nastasic im Duisburger Strafraum eine Ecke von Geis zum 0:2 mit dem Rücken ins Tor drückte. Damit war die Sache gegen harmlose Duisburger dann doch schon frühzeitig erledigt, zumal Standardspezialist Geis, aus Mainz gekommen, mit einem Freistoß aus 22 Metern - ähnlich wie beim Vorbereitungsspiel gegen Twente Enschede - in der Nachspielzeit der ersten Hälfte sogar noch das 3:0 für die Gäste erzielte.

Mitleid mit dem Kontrahenten zeigten die Gelsenkirchener auch nach der Pause keines. Franco di Santo kam in der 62. Minute mit dem 4:0 volley zu seinem ersten Pflichtspieltor für Schalke und brachte die Königsblauen schon mal bis auf ein Tor an jenes 5:0-Ergebnis heran, mit dem sie den MSV im DFB-Pokalfinale 2011 in Berlin zerlegt hatten. Der Argentinier durfte danach vom Feld, Max Meyer kam für ihn ins offensive Mittelfeld. Mit Huntelaar als Mittelstürmer spielte Schalke fortan ein 4-2-3-1, rechts außen hatte Leroy Sané zwischenzeitlich Choupo-Moting ersetzt. Eine Viertelstunde vor Schluss kam noch Roman Neustädter für Geis. Das 5:0-Gedenkresultat zu Ehren des bis dato letzten Schalker Titels erzielte fünf Minuten vor Schluss Leon Goretzka.

"Das war ein guter Einstand, aber wir wollen das auch nicht allzu hoch hängen", sagte Neuling Geis und bremste mögliche Euphorie unter den Schalker Anhängern. "Wir sind auf einem guten Weg", beurteilte er die ersten sechs Wochen unter dem Trainer Breitenreiter, der nach seinem ersten Pflichtspiel mit Schalke weiter träumen darf. Seine Nacht mit dem DFB-Pokal wäre im kommenden Frühjahr 24 Jahre her.

© SZ vom 09.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: