Pleite für Schalke in Hannover:Nächster Schlag für Keller

Hannover 96 v FC Schalke 04 - Bundesliga

Flug ins Ungewisse: Julian Draxler und Schalke 04.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Schalke 04 und sein Trainer stehen schon nach einem Bundesliga-Spieltag schwer unter Druck. Der Pokalpleite in Dresden folgt zum Saisonstart ein 1:2 bei Hannover 96. Dabei applaudiert Jens Keller lange Zeit seinen Spielern.

Von Carsten Eberts, Hannover

Wenn dieser Tage Hitlisten erstellt werden, welchen Trainer in dieser Saison zuerst die Entlassung ereilt, ist der Name Jens Keller weit oben zu finden. Die Fähigkeiten des Schalker Coaches sind umstritten, erst recht nach dem Aus im Pokal beim Drittligisten Dynamo Dresden. Die Saison hatte noch nicht begonnen, da musste Sportvorstand Horst Heldt seinem Trainer bereits beispringen, ihm das Vertrauen aussprechen.

Es ist wie so oft: Keller wirkt angeknockt. Und die kommenden Tage dürften für ihn kaum gemütlicher werden: Nach der ersten Runde im DFB-Pokal misslang auch der Auftakt der Bundesliga-Saison bei Hannover 96. Schalke führte zwar durch einen Treffer von Klaas-Jan Huntelaar (47.), Edgar Prib (67.) und Joselu (70.) drehten die Partie jedoch mit einem Doppelschlag. Schalke verlor am Ende 1:2 (0:0).

Weltmeister Benedikt Höwedes sagte nach dem Spiel auf die Frage nach den Gründen für die Niederlage: "Da müssen sie jeden Einzelnen fragen, der die Fehler macht. Wir haben Ansprüche, Champions League zu spielen und machen solche kapitalen Fehler. Das darf uns nicht passieren." Trainer Keller empfand schon mal die aufkommende Kritik vor: "Ich hab das jetzt 21 Monate mitgemacht und hab die Mannschaft da immer wieder rausgezogen. Das mach ich auch dieses Mal wieder."

Anfangs hatte es eine halbe Stunde gedauert, ehe sich in der ausverkauften Hannoveraner Arena eine gewisse Kurzweiligkeit einstellte. Beide Teams verzichteten auf energisches Offensivspiel und präsentierten lieber gefahrlos ihre erneuerten Mannschaften. Bei Schalke stürmte der frühere Mainzer Eric-Maxim Choupo-Moting, von dem sich der Klub viel erwartet auf dem Weg, sich langfristig unter den Top drei der Liga zu etablieren.

Auch bei Hannover hatte sich das Anspruchsdenken in der Sommerpause geändert. Der Klub hatte zwar wichtige Kräfte wie Szabolcs Huszti, Mame Diouf und Didier Ya Konan verloren, sich dafür aber einen vereinseigenen Transferrekord gegönnt. Für mehr als zehn Millionen Euro waren neue Spieler gekommen, Präsident Martin Kind hatte dies dazu verleitet, gar von Platz sechs zu sprechen, vom Europapokal.

Joselu brummt der Schädel

Insbesondere Joselu, der aus Hoffenheim gekaufte neue Stürmer, tat sich anfangs schwer. Bälle erhielt er von seinen Mitspielern kaum, dann erwischte ihn Schalke-Keeper Ralf Fährmann beim Herauslaufen am Kopf, was Joselu nach zehn Minuten eine Behandlungspause und einen Brummschädel einbrachte.

Der Fünf-Millionen-Einkauf brauchte kurz, erholte sich aber, sprintete in einen No-Look-Pass von Prib, setzte seinen Schuss knapp am linken Pfosten vorbei (37.). Es war der erste ansehnliche Moment eines biederen Spiels. Kurz vor der Pause prüfte Huntelaar Hannovers Weltmeister-Torwart Ron-Robert Zieler mit einem 20-Meter-Zirkler, der parierte im Flug. Jetzt hatte auch Schalke zumindest einen Torschuss geschafft.

Schnelles 1:0 durch Huntelaar

Die zweite Halbzeit begann komplett konträr. Ein Steilpass genügte, um Hannovers Abwehr zu entblößen. Choupo-Moting behielt die Übersicht, spielte nach rechts zu Huntelaar, der locker einschoss (47.) - 1:0 für Schalke. Die Gäste drückten nun, Choupo-Moting versuchte es aus 20 Metern (53.), Joel Matip köpftelte drüber (54.), Trainer Keller applaudierte an der Seitenlinie. In der zweiten Halbzeit sah es tatsächlich so aus, als hätten sich die Schalker nach dem Pokal-Aus zu einer Reaktion entschlossen. Abermals rauschte ein Schuss von Choupo-Moting über die Latte (57.).

Hannovers Trainer Tayfun Korkut wollte sich diese Entwicklung der Partie nicht weiter ansehen. Er brachte Hiroshi Kiyotake, den aus Nürnberg für 4,5 Millionen Euro gekauften zentralen Mittelfeldmann. Der kann an guten Tagen genial agieren, an schlechten aber auch lethargisch über das Feld schleichen. Eine kleine Wundertüte, wie eigentlich die komplette Hannoveraner Mannschaft.

Die besseren Chancen hatte weiter Schalke. Der agile Choupo-Moting war für die Niedersachsen überhaupt nicht zu greifen, diesmal scheiterte er aus der Kurzdistanz (64.). Einen Angriff später verfehlte auch Julian Draxler (65.). Die Schalker Chancen näherten sich nun der Zweistelligkeit, doch noch immer hatten sie nur ein Tor zustande gebracht.

Zwei Tore in drei Minuten

Das wurde bestraft - auf sehr bittere Weise. Hannovers erster gescheiter Angriff in der zweiten Halbzeit brachte das gewünschte Resultat, über rechts hatte sich Leonardo Bittencourt energisch durchgesetzt, in der Mitte vollendete Edgar Prib mit ganz langem Bein (67.).

Hannovers zweiter gescheiter Angriff brachte gar die Führung. In die völlige Schalker Desorientierung hinein hämmerte Joselu einen strammen Schuss aus 22 Metern zum 2:1 ins Netz, Keeper Fährmann blieb chancenlos. Drei Minuten hatte Hannover genügt, um das Spiel zu drehen.

Jens Keller applaudierte nun nicht mehr, sondern sah dem Treiben an der Seitenlinie ungläubig zu. Er brachte Max Meyer für den längst abgetauchten Draxler, kurz darauf Christian Clemens für Sidney Sam. Die Hoheit über das Spiel konnte sein Team allerdings nicht mehr zurückerlangen. Im Gegenteil, Joselu traf noch die Unterkante der Latte.

Die einzig gute Nachricht nach diesem ersten Spieltag der neuen Bundesliga-Saison für Jens Keller: Horst Heldt sprach ihm abermals das Vertrauen aus. Die schlechte Nachricht: Am kommenden Samstag kommt der FC Bayern nach Gelsenkirchen.

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