Schalke nur 1:1 gegen den FCI:Kaugummi im Gras

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Zuletzt nur ein Sieg aus sechs Pflichtspielen, dazu Gerüchte über interne Zerwürfnisse zwischen Trainer und Manager: Schalkes erste Krise unter André Breitenreiter setzt sich auch beim 1:1 gegen Ingolstadt fort.

Von Ulrich Hartmann, Gelsenkirchen

Der Fußballmanager Horst Heldt hätte sich über mehr Pfiffe nicht gewundert. Er hat aber nur in der Pause ein paar gehört und noch ein paar mehr nach dem Spiel. "Bemerkenswert", fand Heldt deshalb die Resonanz der Fans vom FC Schalke 04 beim mauen 1:1 (0:1) gegen den Aufsteiger FC Ingolstadt. Als "hervorragend" lobte auch der Trainer André Breitenreiter die Kundschaft. Viel mehr Einigkeit soll mittlerweile aber nicht mehr bestehen zwischen dem Trainer und dem Manager, von dem man nicht weiß, wie lange er im Amt bleiben wird. Breitenreiter jedenfalls klagte nach dem Spiel auffällig über mangelnde Variationsmöglichkeiten in einem Kader, dem die Breite fehle. Außerdem spottete er bei Sky über die Frage nach dem abgekühlten Verhältnis zum Manager Heldt lakonisch: "Wir planen einen gemeinsamen Winterurlaub."

Mit vereinten Kräften halten Ingolstadts Pascal Gross und Romain Bregerie Schalkes Stürmer Klaas Jan Huntelaar zurück. (Foto: Martin Meissner/AP)

Nur ein Sieg aus den jüngsten sechs Pflichtspielen und Gerüchte über interne Zerwürfnisse - der FC Schalke erlebt seine erste Krise unter Breitenreiter.

Trotzdem waren die zuletzt noch recht wohlwollenden Schalker Fans in der ersten Halbzeit schon damit zufrieden gewesen, ein bisschen singen zu dürfen. "Wir singen Tag und Nacht, weil es uns glücklich macht", lautete zusammengefasst der einhellige Tenor, was nicht übel ist, wenn die angebetete Mannschaft drunten auf dem Rasen so einfallslos spielt wie die Gelsenkirchener Belegschaft zu Beginn. Miserable Fernschüsse und mangelnde Tiefe im Vertikalspiel, also kaum ein Steilpass vors Tor, ließen zwar den Trainer Breitenreiter zwischenzeitlich sein Kaugummi wütend ins Gras schleudern, irritierten die Fans aber offenbar eher nicht. Gefahr kam in der ersten Hälfte allenfalls über die flotten jungen Flügelstürmer Leroy Sané und Max Meyer, denen allerdings die letzte Genauigkeit fehlte. Mehr als eine Direktabnahme von Huntelaar über das Tor (2.), einen geblockten Schuss von Meyer (32.) und einen vom Torwart entschärften Fernschuss von Sané (35.) gab es allerdings nicht zu notieren.

Nicht mit allen Schalker Angestellten ist Trainer André Breitenreiter Verhältnis so entspannt wie das zu Maskottchen Erwin. (Foto: Ina Fassbender/Retuers)

Ingolstadts zweiter Torschuss sitzt

Die solide pressenden Ingolstädter waren offensiv noch unverdächtiger - bis, recht unvermittelt, eine der seltenen Flanken vom linken Angreifer Matthew Leckie den Weg vors Schalker Tor fand. Dort wurde sie von Moritz Hartmann abgelenkt und sodann volley per Außenrist vom aufgerückten Rechtsverteidiger Tobias Levels ins Tor geschoben, vorbei am genesenen Schalker Keeper Ralf Fährmann, der chancenlos war. "Ich hatte ein bisschen auf diesen Ball gelauert", sagte Levels später. Diese Szene in der 39. Minute war eine Abfolge gleich mehrerer Zufälle, aber sie zählte trotzdem.

Die Ingolstädter Führung hatte sich nicht wirklich abgezeichnet. Theoretisch brachte sie den Gästen den Vorteil, gegen anschließend zu mehr Mut verpflichtete Schalker auf Konter lauern zu dürfen. Doch solche gelangen dann praktisch überhaupt nicht. Schalke kam mit dem Stürmer Eric-Maxim Choupo-Moting anstelle des Mittelfeldmanns Sead Kolasinac aus der Kabine, erhöhte dadurch auch sogleich seine Ballbesitzquote, doch auf echte Chancen musste man lange warten. "Uns fehlt ein Knipser, wie andere Topmannschaften sie haben", jammerte Breitenreiter nachher - eine interessante Aussage angesichts der Tatsache, dass sein Sturm aus den früher treffsicheren Huntelaar und Di Santo bestand.

Was wirklich fehlte, waren spieleröffnende Pässe sowie Standards des gesperrten Johannes Geis. Und Genauigkeit bei den Torschabschlüssen: Von 18 Schüssen gingen nur drei Bälle aufs Tor.

Sané mit Köpfchen zum Ausgleich

Mit zunehmender Spielzeit wuchs bei den Gastgebern aber der Mut der Verzweiflung. In der 69. Minute knallte ein Schuss von Junior Caicara von der Strafraumgrenze an den Pfosten des Ingolstädter Tors, in der 76. Minute schmiss sich Marvin Matip in einen Schuss von Meyer. Die Schalker, mittlerweile mit Pierre-Emile Hojbjerg für Leon Goretzka, näherten sich immer mehr an und kamen in der 77. Minute wenigstens noch zum verdienten Ausgleich. Eine Flanke von Choupo-Moting, der über die linke Seite immer wieder für Gefahr sorgte, erreichte in der rechten Strafraumhälfte den hereinstürmenden Sané, der den Ball aus dem Lauf mit Köpfchen gegen die Laufrichtung des Torwarts ins Tor setzte und damit bereits seinen vierten Saisontreffer erzielte. Der 19-Jährige ist damit in der Liga bester Torschütze der Gelsenkirchener - auch das kein gutes Zeugnis für Huntelaar (zwei Saison-Tore) und Di Santo (null Liga-Tore).

Am Ende wankten die Ingolstädter, doch Schalkes Abschlussschwäche half, die letzten 15 Minuten zu überstehen. "Wir waren in der ersten Halbzeit zu pomadig", fand Breitenreiter, "aber gegen einen kompakten Gegner hatten auch die Bayern am Freitag in Frankfurt Probleme - wie wir heute." Dass es momentan nicht so gut läuft, räumte Breitenreiter immerhin grundsätzlich ein. Am Donnerstag spielen die Gelsenkirchener in der Europa League in Prag, die nächsten drei Kontrahenten in der Bundesliga heißen dann Dortmund, München und Leverkusen. "Da wird's einfacher", behauptet der Manager Heldt, "denn da sind wir nicht mehr Favorit."

© SZ vom 01.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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