Schalke:Klare Verhältnisse im Sporthotel

Schalke 04 - 1. FSV Mainz 05

Von Mainz nach Gelsenkirchen: Sportdirektor Christian Heidel.

(Foto: Guido Kirchner/dpa)

Wie erwartet stimmt der Aufsichtsrat zu: Heidel wird ab dem Sommer Manager.

Von Philipp Selldorf, Gelsenkirchen

Noch während die Sitzung des Aufsichtsrates in einem Sporthotel im westfälischen Werl im Gange war, gelangte auf wundersame Weise die wichtigste Botschaft der Tagung in die Öffentlichkeit. Eine konkrete Überraschung stellte die Nachricht allerdings nicht mehr dar: Dass Christian Heidel, 52, zur neuen Saison Sportchef und Vorstandsmitglied beim FC Schalke 04 wird, erzählt man sich in Gelsenkirchen und im Rest der königsblauen Welt schon seit ein paar Monaten.

Mitte Oktober, am Rande des Bundesligaspiels gegen Hertha (1:0), hatte der amtierende Sportchef Horst Heldt aus den Gerüchten die Konsequenz gezogen und den Aufsichtsratsvorsitzenden Clemens Tönnies informiert, dass er seinen zum Saisonende auslaufenden Vertrag nicht verlängern werde. Für Heldt war dieser Schritt eine Frage von Stolz und Ehre, für Tönnies ergab sich ein Manöver, das nicht ohne Risiko war: Während der eine Manager - Heldt - sich bereits innerlich verabschiedete, musste der andere - Heidel - einen Weg finden, um aus seinem laufenden Vertrag mit dem FSV Mainz 05 auszusteigen. Das war für ihn keine Leichtigkeit, weil er sein halbes Leben in diesem Klub verbracht hat. Eine langwierige Wechselgeschichte begann - für die beteiligten Vereine und Personen mühsam und enervierend.

Seit Sonntag nun sind die Verhältnisse geklärt, die letzte offene Frage im Verfahren ist positiv beantwortet worden: Schalkes Aufsichtsrat gab einstimmig sein Einverständnis, Heidel in den Vorstand aufzunehmen. Die von Skeptikern verbreitete Mutmaßung, dass der Kandidat einem Machtkampf im Aufsichtsrat zum Opfer fallen könnte, hatte sich nicht bestätigt. Heidel selbst war es, der die am Hotel wartenden Journalisten über einen harmonischen Sitzungsverlauf informierte: "Es war ein sehr, sehr netter, reger Austausch. Jetzt muss man natürlich die Herrschaften fragen, wie sie mit den Antworten zufrieden waren", teilte er mit und drückte die Erwartung aus, dass "in absoluter Kürze" mit einem Beschluss zu rechnen sei, "weil alle Dinge ausgetauscht sind, die ausgetauscht werden mussten". Er habe die Antworten bekommen, die er sich gewünscht habe.

Auf die Diskussion mit den Räten habe er großen Wert gelegt, hatte Heidel tags zuvor erklärt. Offenbar wollte er einen Einblick in die vereinspolitischen Verhältnisse gewinnen. Bis Sonntag hatte er sich lediglich mit Tönnies über den neuen Job beraten. Von Tönnies war im vorigen Sommer die Initiative ausgegangen, Heldt abzulösen und durch Heidel zu ersetzen.

In Mainz dürfte feststehen: Rouven Schröder folgt auf Heidel

Weil er diesen Coup mehr oder weniger im Alleingang betrieben hatte, gab es im Aufsichtsrat auch Kritik am großen Vorsitzenden. Auch die Konditionen, mit denen er Heidel nach Gelsenkirchen lockte, sind Gegenstand von Debatten im Verein und dessen Umgebung. Tönnies betreibe auf Kosten des Klubs seinen persönlichen Wahlkampf, heißt es. Auf der Mitgliederversammlung im Juni möchte sich Tönnies wieder in den Aufsichtsrat wählen lassen, dem er bereits seit 1994 angehört. Der 59-Jährige Unternehmer ist jedoch nicht unumstritten in der Anhängerschaft.

Heidel soll, wie kolportiert wird, mit einem großzügigen Gehalt und außerordentlichen Befugnissen ausgestattet werden. Dass er im Kreis seiner Vorstandskollegen - Peter Peters (Finanzen) und Alexander Jobst (Marketing) - künftig die erste Stimme hat (einen Vorstandsvorsitzenden gab es bisher nicht), darüber besagte die von Schalke verbreitete Pressemitteilung allerdings nichts. Der Verein informierte auch nicht über die Laufzeit, die Heidels Vertrag haben wird; angeblich soll er bis 2020 datiert werden. Ausdrücklich betonte der Verein, dass Heldt bis Saisonende die Geschäfte führe - "selbstverständlich auch personelle Weichenstellungen für die nächste Saison". Tönnies lobte in dem Kommuniqué "die fachliche Kompetenz, die positive Ausstrahlung und Führungsqualitäten" des künftigen Schalker Sportchefs.

Folgen hat der Entscheid von Werl auch in Bremen und Mainz. Rouven Schröder, 40, bisher an der Seite von Manager Thomas Eichin für die Kadergestaltung beim SV Werder zuständig, soll Heidels Posten in Mainz übernehmen. Eichin hatte sich am Rande des Bremer Spiels in Ingolstadt missmutig zu der anstehenden Personalrochade geäußert. Im Laufe der kommenden Woche - "wann immer ich die Situation besser beurteilen kann" - werde er mit Schröder eine Entscheidung treffen, sagte Eichin. Diese scheint jedoch längst gefallen zu sein.

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