Schalke 04 in der Champions League:Selbst Schuld am vorzeitigen Ende

Schalke 04 leistet sich gegen Galatasaray Istanbul eine vermeidbare 2:3-Niederlage und verpasst trotz großen Kampfes das Viertelfinale. Trainer Keller hadert mit der verpatzten ersten Halbzeit. Und nicht einmal der frühere Schalker Altintop hat tröstende Worte übrig.

Von Hendrik Buchheister, Gelsenkirchen

Hamit Altintop stand nur ein paar Schritte entfernt von der berühmten Kapelle im Untergeschoss der Gelsenkirchener Fußball-Arena, doch er sah keinen Anlass, die Stimme zu dämpfen. Der frühere Schalker Mittelfeldspieler hatte eine aufregende Europapokal-Nacht erlebt beim 3:2-Erfolg mit Galatasaray, zu dem er selbst einen schönen Fernschuss-Treffer beigetragen hatte.

Nach Ruhe und Einkehr war ihm deshalb ebenso wenig zumute wie nach übertriebener Anteilnahme am Achtelfinal-Aus seines Heimatklubs. "Klar, ich bin immer noch Schalker", rief er vergnügt, "doch jetzt spiele ich für einen anderen Verein. Die Fans von Galatasaray verdienen meinen Jubel und meine Leidenschaft. Das nimmt mir bei den Blauen hoffentlich niemand übel."

In dieser Hinsicht kann Altintop tatsächlich beruhigt sein. Weder die Menschen auf den Rängen noch die Mitglieder des Schalker Profikaders haben ihm am Dienstag einen Vorwurf gemacht. Zu schwer wog die Enttäuschung über das eigene Versagen. Die Schalker versuchten gar nicht erst, sich hinter Ausreden und Entschuldigungen zu verstecken: Sie wussten, dass sie selbst Schuld waren an der Niederlage und dem vorzeitigen Ende in der Champions League. Auch wenn die Gelsenkirchener ein zeitweise begeisterndes Spiel geliefert hatten.

Symbolisch für das königsblaue Scheitern stand der zweite Treffer der Gäste noch vor dem Pausenpfiff: Mit einem Querpass im Mittelfeld brachte der wankelmütige Roman Neustädter seinen Mitspieler Marco Höger in Bedrängnis. Über Albert Riera gelangte der Ball in die Spitze. Burak Yilmaz hängte Schalkes Kapitän Benedikt Höwedes ab, der ansonsten hervorragend haltende Timo Hildebrand zögerte beim Herauslaufen, und schon war das Unheil komplett.

Dieses Treffer war das Ergebnis einer Verkettung von Fehlern. Und genau so war auch das Spiel der Schalker geprägt von Missgeschicken und Unzulänglichkeiten, zumindest in den ersten 45 Minuten.

Als Grund dafür hat Höwedes aber nicht fehlende Klasse, sondern mangelnde Einsatzbereitschaft festgestellt: "Der unbedingt Wille, die Gier nach Erfolg hat mir in der ersten Halbzeit gefehlt", monierte er, "wir waren nicht bereit, konsequent ins Spiel zu gehen." Trainer Jens Keller stellte eine ähnliche Diagnose: "In der ersten Halbzeit haben wir viele Dinge vermissen lassen, die wir zuletzt gut gemacht hatten. Wir sind nach hinten gewichen und waren nicht aggressiv genug."

Pukki kann Huntelaar nicht ersetzen

Nach dem günstigen 1:1 im Hinspiel in Istanbul und den jüngsten Erfolgen in der Bundesliga inklusive des gewonnenen Derbys gegen Borussia Dortmund hatte sich ein bisschen zu viel Zufriedenheit ausgebreitet bei den Schalkern. "Manch einer hat wohl gemeint, dass es mit fünf Prozent weniger geht", lautete das Urteil von Trainer Keller. Trotz aller Selbstkritik empfanden die Schalker ihr Ausscheiden aber als höchst ungerecht. Beinahe alle Befragten äußerten mehr oder weniger wortgleich, dass man in Hin- und Rückspiel zusammengerechnet das bessere Team gewesen sei.

Und in der zweiten Halbzeit zeigten die Schalker am Dienstag tatsächlich eine ansprechende Leistung: Bis in die fünfte Minute der Nachspielzeit drückten die Gelsenkirchener, ein einziges Tor hätte zum Erreichen des Viertelfinals gereicht. Fallen wollte es jedoch nicht mehr.

Die Gäste aus Istanbul agierten nicht nur ungemein aggressiv. Sie verstanden es auch, ihr Spiel zuzuspitzen dank der wuchtigen Angreifer Didier Drogba und Burak. Die Schalker dagegen taten sich in der Offensive schwer ohne ihren am Knie verletzten Topstürmer Klaas-Jan Huntelaar. Ersatzmann Teemu Pukki mühte sich zwar rührend, und er hatte auch seinen Anteil am 2:2 durch Michel Bastos. Doch höchsten Ansprüchen genügen Pukkis Durchsetzungsvermögen und seine Zielstrebigkeit nicht, das war an diesem Europapokal-Abend erneut zu beobachten.

Und so waren es die türkischen Anhänger, die hinterher noch lange im Stadion ausharrten und ihre Triumphgesänge präsentierten, während sich die Heimkurve nach Spielschluss schnell leerte. Zurück blieben die Ordnungskräfte in ihren orangefarbenen Westen und das Gefühl, dass für die Schalker mehr möglich gewesen wäre in dieser Europapokal-Saison. Ihre Aufgabe ist es jetzt, den vierten Platz in der Liga zu verteidigen, um auch in der kommenden Spielzeit wieder in der Champions League mitzuwirken.

Darüber würde sich auch ein ehemaliger Schalker freuen: "Ich hoffe, wir sehen uns im nächsten Jahre wieder", sagte Hamit Altintop. Dann bestieg er mit seinen Kollegen von Galatasaray den Mannschaftsbus und ließ die alte Heimat zurück.

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