Schalke gewinnt 2:1:Die Pessimisten werden enttäuscht

Lesezeit: 4 min

Die Hände auf die Ohren gelegt, jubelt Breel Embolo (re.) nach seinem Tor. Vielleicht eine Spitze gegen die Kritiker? (Foto: Leon Kuegeler/Reuters)

Fleiß, Einsatzbereitschaft, Spielfreude: Gegen Hoffenheim demonstriert Schalke, dass die Mannschaft noch weiter gereift ist. Held des Abends ist der zuletzt oft kritisierte Breel Embolo.

Von Philipp Selldorf, Gelsenkirchen

Wenn es in der Nachspielzeit drei gelbe Karten gibt, dann sagt das einiges über den Charakter der Partie. An Gefühl und Härte hat es also nicht gemangelt, als Schalke 04 am Samstagabend einen 2:1-Vorsprung zu verteidigen suchte und die TSG Hoffenheim mit allen Mitteln den Ausgleich erzwingen wollte. Die Verwarnungen für die Hoffenheimer Hübner und Kaderabek sowie den Schalker Burgstaller zeigten an, dass es handfest zur Sache ging. Das bessere Ende hatten schließlich die Schalker, die weite Teile des Abends im Hochgefühl einer soliden Führung verbracht und den Sieg auch verdient hatten. "Wir haben das Spiel in der ersten halben Stunde verloren, da waren wir viel zu schläfrig. Unser Spielvortrag war viel zu langsam", sagte TSG-Trainer Julian Nagelsmann. Sein Kollege Domenico Tedesco hatte hingegen eine Schalker Mannschaft gesehen, "die das super-supergut gemacht hat" - bis sie dann doch noch um den Sieg zittern musste.

Die Schalker machten einfach dort weiter, wo sie in der vorigen Woche in München aufgehört hatten. Dort hatte es zwar eine 1:2-Niederlage gegeben, doch Trainer Tedesco handelte trotzdem nach dem Prinzip "Never change a winning team" und formierte nahezu die gleiche offensiv gebaute Elf wie in der Vorwoche, lediglich Max Meyer musste wegen einer Gelbsperre weichen. Für Breel Embolo ein ganz neues Schalke-Gefühl: Bisher war meistens die Ersatzbank seine Heimat, nun fängt er an, seine Bestimmung auf dem Spielfeld zu finden. Es war aber nicht nur die gleiche Mannschaft, die Tedesco aufbot, es herrschte auch der gleiche Angriffsgeist. Hoffenheim hatte von Anfang an Mühe, den stürmischen Hausherren standzuhalten und fand kaum Möglichkeiten, die eigenen Offensivkräfte zu aktivieren. Auch die TSG bekannte sich durch die Aufstellung zum offensiven Spiel. Außer Andrej Kramaric und Adam Szalai spielte auch Mark Uth, der nächste Saison dem FC Schalke angehören wird. Er werde, wenn er die Chance bekäme, Schalke "trotzdem einen reindrücken", hatte er zugesichert. Doch zunächst ließen seine künftigen Kollegen ihm dazu keine Gelegenheit.

Schalkes Vorteile beruhten auf den vielen Ballgewinnen, die aus der flächendeckenden Vorwärtsverteidigung und der ausgeprägten Zweikampfstärke hervorgingen. Während die Angreifer Embolo, Di Santo und Burgstaller in der ersten Pressinglinie Druck aufbauten, griff das Schalker Mittelfeld immer wieder erfolgreich in die Hoffenheimer Ballpassagen ein, und zur Freude der einheimischen Zuschauer kam zum Fleiß und zur Einsatzbereitschaft auch Spielfreude hinzu. Auf das Führungstor brauchten die 60000 Besucher daher nicht lange zu warten. Verteidiger Thilo Kehrer besorgte es mit einem Kopfball in der 11. Minute. Dass es überhaupt so lang gedauert hatte, das verdankten die Hoffenheimer ihrem Torwart Oliver Baumann, der zuvor einen Gewaltschuss von Leon Goretzka stark pariert hatte. Der Nationalspieler brachte viel Dynamik ins Schalker Spiel und bildete häufig den Mittelpunkt seiner Mannschaft.

Auch dem Abwehrchef Kevin Vogt war die TSG zu Dank verpflichtet. Zweimal hatte er in letzter Instanz vor schussbereiten Gegnern geschickt die Situation klären können, doch diese gelungenen Taten trösteten ihn nicht über seinen Aussetzer hinweg, der den Schalkern in der 28. Minute das 2:0 bescherte. Vogt hatte als letzter Mann die spielerische Lösung gesucht - und geradewegs Breel Embolo bedient, der den Ball ins leere Tor schoss. "Jetzt tut dat Ding aber gelten", verkündete der Stadionsprecher trotzig und spielte damit auf ein Tor von Embolo an, über das sich ganz Schalke schon minutenlang mit dem Schützen gefreut hatte, bis der Schiedsrichter Benjamin Brand vom Videoschiedsrichter auf eine Abseitsstellung des Schützen hingewiesen wurde. Mit Recht zwar, was die Fans in der Nordkurve aber nicht interessierte. Leidenschaftlich schmähten sie den Dienstherren von Spielleiter Brand, doch das ist der DFB ja längst gewohnt. Embolo dagegen genoss den schönen Moment nach all den schwierigen Monaten und ließ sich feiern. Man habe Embolo in der jüngsten Zeit "viel Unrecht getan", sagte Manager Christian Heidel später, "Breel wird Schritt für Schritt besser werden und Schalke noch viel Freude machen". An diesem Abend machte er schon mal einen guten Anfang.

Es war sicher eine der besten Halbzeiten der Saison, die Schalke gegen eine spielerisch nicht schlechte, aber tatkräftig eingeschüchterte Hoffenheimer Elf vorlegte, doch vielen Dauergästen war selbst beim Spielstand von 2:0 längst nicht wohl zumute. Fünfmal hat Schalke während dieser Saison in Heimspielen geführt und nicht gewonnen. Die zweite Hälfte bot aber zunächst wenig Anlass für Bedenken, das Bild änderte sich nicht. Vielen Balleroberungen im Mittelfeld folgten viele verheißungsvolle Kontersituationen, doch die finalen Steilpässe erreichten zu selten die gewünschte Adresse. Zunehmend wurde deutlich, dass speziell die drei Angreifer in der ersten Stunde der Partie viel Kraft gelassen hatten. Burgstaller war trotzdem einem Tor des Monats nahe. Mit rechts hob er den Ball über Kramaric, mit links schoss er aufs Tor (67.). Der Ball verfehlte zwar das Ziel, aber auf diese Aktion wäre auch Cristiano Ronaldo stolz gewesen.

Gerade als es so aussah, als ob die Hausherren diesmal souverän ihren Vorsprung sichern würden, traf die TSG durch einen Kopfball von Kramaric zum 1:2. Ausnahmsweise war der ansonsten überall präsente Naldo mal nicht rechtzeitig zur Stelle gewesen. Es begann dann eine lange Zeit des Bangens für die Königsblauen, auf sieben Minuten summierte sich die Nachspielzeit. Das lag allerdings nicht an DFB-Willkür, sondern war die Reaktion auf den verletzungsbedingten Ausfall eines Linienrichters. Die Schlussminuten waren wild umkämpft, brachten Schalkes Torwart Ralf Fährmann aber nicht mehr ernsthaft in Bedrängnis. Mark Uth durfte immerhin doch noch auf das Tor köpfen, doch Fährmann hatte mit dem Ball keine Mühe. Die Geschichte, dass "ausgerechnet" Uth die Schalker Europacup-Ambitionen stört, muss nicht geschrieben werden.

© SZ vom 18.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: