Schalke 04:"Die Qualität ist gesunken"

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Schalkes Trainer André Breitenreiter kritisiert ziemlich offen die Transferpolitik seines neuen Vereins. Sportvorstand Horst Heldt rechtfertigt sich: "Wir sind nach wie vor ein Verkaufsverein."

Finanziell hat Horst Heldt ein dickes Plus erzielt, das sportliche Minus seiner Transferbilanz will der Manager von Schalke 04 aber noch nicht beziffern. "Das Ergebnis werden wir erst sehen", sagte der Sportvorstand nach dem Verkauf von Weltmeister Julian Draxler. "Es ist ein Qualitätsverlust, das wissen wir." Einnahmen von rund 50 Millionen Euro hat Heldt - vor allem durch den Verkauf des langjährigen Schalkers Draxler an den VfL Wolfsburg - in der abgelaufenen Transferperiode generiert. Für knapp 32 Millionen Euro kaufte er ein. Einen Ersatz für den 21-jährigen Draxler verpflichtete Heldt jedoch nicht. Auch deshalb ist die Kritik an ihm groß.

Selbst Trainer André Breitenreiter ist nicht begeistert. "Wir haben unseren besten Spieler verloren, die Qualität ist gesunken", sagte der Coach am Mittwoch. Dass gleichzeitig die Großverdiener Kevin-Prince Boateng, Sidney Sam und Felipe Santana keinen neuen Klub fanden, wird Heldt im Schalker Umfeld ebenfalls vorgeworfen. Der ohnehin schon wegen diverser Transfer- und Trainerflops in der Vergangenheit angezählte Manager ist somit weiter unter Druck geraten. Zu seiner Verteidigung führt Heldt vor allem die finanzielle Seite des "teuersten Transfers in der Vereinsgeschichte" an. Draxler, seit 2001 auf Schalke und bei seiner Vertragsverlängerung vor zwei Jahren als Gesicht des Klubs vermarktet, sei "für null Euro gekommen, wir haben ihn ausgebildet und jetzt für 40 Millionen verkauft". Der "satte Transferüberschuss" gehe nun zum Teil "in die Schuldentilgung" - da der VfB Stuttgart Filip Kostic nicht frei gab. Schalke war Ende 2014 noch immer mit 163,9 Millionen Euro verschuldet.

Sportvorstand Horst Heldt rechtfertigt sich: "Wir sind nach wie vor ein Verkaufsverein."

Ersetzt werden soll Draxler nun intern. Der Kameruner Eric-Maxim Choupo-Moting, U21-Nationalspieler Leon Goretzka, Sturmtalent Leroy Sané und der begnadigte Sam kommen für die offensiven Außenbahnen infrage, sie müssen aber auch den Weggang des Publikumslieblings Jefferson Farfán ausgleichen. "Wir wollen jungen Spielern Raum geben", sagt Heldt, "es ist eine Chance für die anderen." Dass er nach Torwart Manuel Neuer (2011 für 32 Millionen Euro inklusive Nachzahlungen) nun das zweite Schalker Ausnahmetalent verkauft hat, hält der 45-Jährige nicht für eine Bankrotterklärung, sondern für normal: "Wir sind nach wie vor ein Verkaufsverein, aber das sind in Deutschland alle außer Bayern." Schon aus seiner Stuttgarter Zeit ist Heldt vor allem als Verkäufer in Erinnerung geblieben. Das VfB-Eigengewächs Mario Gomez transferierte er im Sommer 2009 als 23-Jährigen für die damalige Bundesliga-Rekordablöse von 30 Millionen Euro zu Bayern München. Die Suche nach einem Ersatz misslang, der Russe Pawel Pogrebnjak floppte ebenso wie andere Zugänge. Als Heldt 2010 nach Gelsenkirchen wechselte, bezeichnete sein Nachfolger Fredi Bobic die Zusammenstellung des VfB-Kaders als "sehr wirr".

Auf Schalke ist Heldts Transferbilanz rein sportlich ausbaufähig: Fehleinkäufe wie Chinedu Obasi, Christian Fuchs, Tranquillo Barnetta, Adam Szalai, Santana und Sam überwiegen. Boateng steht - suspendiert und durch mehrere Medizinchecks gefallen - seit Monaten zum Verkauf.

© SZ vom 03.09.2015 / sid - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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