Schalke vs BVB:Triumph der Blaublütigen

Schalke-Verteidiger Naldo bejubelt sein Tor im Revierderby gegen Borussia Dortmund in der Saison 2017/18.

Schuss mit unbändiger Wucht: Schalkes Naldo traf zum 2:0.

(Foto: Alex Grimm/Bongarts/Getty Images)
  • Beim 2:0 im Revierderby gegen Dortmund zeigt Schalke 04, warum das Team dieses Jahr wohl verdient Zweiter in der Bundesliga werden dürfte.
  • Die Dortmunder spielen viel zu abwartend und müssen sich Sorgen um die Champions-League-Quali machen.

Von Philipp Selldorf, Gelsenkirchen

Kurz vor viertel nach fünf am Sonntag bebte in Gelsenkirchen-Erle zweimal die Erde. Einmal, als die Fans des FC Schalke 04 das Tor zum 2:0 für ihre Mannschaft gegen Borussia Dortmund bejubelten, das andere Mal, als der Ball im Netz eingeschlagen war. Naldo hatte ihn beim Freistoß aus 25 Metern mit einer Wucht abgefeuert, dass er mutmaßlich in Überschallgeschwindigkeit ins Ziel flog. Dieses Tor bedeutete für Schalke den hochverdienten Sieg gegen die verehrten Nachbarn und für den überaus enttäuschenden BVB das frühe Ende eines misslungenen Sonntagsausflugs. Schalkes Sieg war eine erstaunlich klare Angelegenheit.

Ein besonderer Gast schmückte den Festtag des Revierfußballs. Der Besucher reiste aus Madrid an und erzeugte bei seinen Gastgebern ein Hochgefühl, als sei Seine Majestät persönlich zugegen, und in gewisser Weise stimmt das ja auch: Raúl Gonzalez Blanco, 37, entstammt dem edlen Geschlecht derer von Real Madrid, fühlt sich seit seinen beiden Jahren im Ruhrgebiet (2010 - 2012) aber auch den Blaublütigen aus Gelsenkirchen zugehörig: "Schalke ist meine Familie", gab er vor dem Anpfiff bekannt. Aus der Mannschaft, die er in seiner aktiven Zeit erlebte, ist nun lediglich noch Torwart Ralf Fährmann aktiv, den Raúl daher umso freundlicher begrüßte.

Der Gast aus Spanien durfte einverstanden sein mit der Vorstellung, die seine deutschen Anverwandten in der ersten Halbzeit boten. Als die Teams zur Pause in die Kabinen gingen, fragte sich wohl mancher Stadiongänger, der zuletzt in Gelsenkirchen mit kargen 1:0-Erfolgen vorlieb nehmen musste, warum die Hausherren nicht öfter so viel Schwung, Spielfreude und Angriffslust auf den Rasen gebracht hatten. Schalke offenbarte ein Offensivspiel mit Niveau, was nicht zuletzt daran lag, dass zwei Protagonisten der vergangenen Wochen nicht auf dem Platz standen: Statt Breel Embolo (verletzt) und Franco di Santo (Bank) trieb unter anderen der schon fast vergessene Ukrainer Jewgeni Konopljanka das Angriffsspiel an. Auf dem linken Flügel machte er Piszczek das Leben zur Pein.

Die Borussen taten sich dagegen schwer mit produktivem Offensivspiel. Lediglich ein Freistoß von Marco Reus wurde Fährmann gefährlich. Auf dem Angriff lag aber auch nicht der Schwerpunkt der Dortmunder Bemühungen, im Vordergrund stand nach alter Peter-Stöger-Schule die Sicherung der Defensive - das gelang zwar nur mit Mühe, aber es gelang. Torwart Roman Bürki leistete zu diesem Zweck einen herausragenden Beitrag, als er in der 6. Minute einen scharf platzierten Fernschuss von Alessandro Schöpf abwehrte.

Sehenswert fand der Augenzeuge Raúl sicher auch die Duelle, die sich Mittelstürmer Guido Burgstaller mit Ömer Toprak lieferte. In Sachen Einsatzfreude stand Burgstaller seinem weltberühmten Vorfahren nicht nach, er ließ keinen Zweikampf aus und verschaffte sich immer wieder überraschende Freiräume; technisch allerdings sind dem Österreicher ein paar Grenzen gesetzt, die Raúl nie kannte.

Lauter Schalker Hauptdarsteller

Stöger tauschte zur Pause den bis dahin weitgehend abwesenden Flügelmann Maximilian Philipp gegen den Flügelmann André Schürrle und versprach sich davon vermutlich eine Belebung seiner Angriffsreihe, doch das Bild änderte sich nicht. Schalke war die aktivere Mannschaft, und Konopljanka war dabei weiter ein wichtiger Faktor. Gerade noch regten sich die Schalker Fans darüber auf, dass Schiedsrichter Manuel Gräfe einen aussichtsreichen Sololauf des Ukrainers gestoppt hatte, weil er auf einen Umfaller des gewieften Dortmunder Abwehrchefs reingefallen war, da kam Konopljanka erneut ins Bild.

Diesmal stoppte ihn weder ein Pfiff noch ein Dortmunder Verteidiger, und auch Bürki hatte beim Schuss des Schalkers nichts zu halten. Das 1:0 in der 50. Minute war aber auch ein Verdienst von Daniel Caligiuri, der Borussen-Kapitän Schmelzer so gekonnt zusetzte, bis dieser einen technischen Fehler beging und den Ball hergab. Auch sonst gehörte Caligiuri, einer der Hauptdarsteller der erfolgreichen Schalker Rückrunde, wieder zu den besten in seinem Team.

Den Dortmundern setzte das 0:1 zu, eine Weile lief bei den Gästen nur noch wenig. Aber aus ihrer Spielkontrolle machten die Schalker nicht viel, die Angriffsintensität ließ zusehends nach. Man verlegte sich auf Stärkung der Deckung, in der Abwehrchef Naldo gewohnt kompromisslos war. Die Auswechslung von Leon Goretzka, der unspektakuläre, aber effektvolle Dienste geleistet hatte, gegen den jungen Weston McKennie zeugte von Trainer Domenico Tedescos Absicht, das 1:0 zu sichern.

Dortmund hatte nun öfter und länger den Ball, aber oft dauerte es zu lang, es gab viele Querpässe, wenige Ideen, fast bieder sah das Dortmunder Anrennen aus. Voll des Lobes war später Tedesco: "Wir haben es geschafft, kompakt zu bleiben und am Flügel oft den Durchbruch geschafft. In der zweiten Halbzeit haben wir die Tore gemacht und gut zu Ende verteidigt." So war es. Batshuayi wartete im Sturm auf Zuspiele, die nicht kamen, schon gar nicht mehr nach Naldos 2:0 (82.). Batshuayi verletzte sich dann auch noch in der Nachspielzeit bei einem Zweikampf mit dem Schalker Benjamin Stambouli am linken Bein und wurde vom Platz getragen. Zu genaueren Untersuchungen wurde der 24 Jahre alte Belgier ins Krankenhaus gebracht. Den ganzen Unmut der Dortmunder brachte Marco Reus zum Ausdruck, der sagte: "Wir wollten unbedingt gewinnen und vor Schalke stehen. Aber wir haben es verkackt." König Raúl indes durfte zufrieden in seinen Palast zurückkehren.

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