Schalke - Augsburg (15.30 Uhr):Treffen mit dem alten Ideal

FC Augsburg v Borussia Moenchengladbach - Bundesliga

Brachte zuletzt wieder etwas Stabilität zurück nach Augsburg: Trainer Manuel Baum.

(Foto: Adam Pretty/Getty Images)

Augsburgs Trainer Manuel Baum tritt erstmals gegen seinen Lehrmeister Markus Weinzierl an.

Von Maik Rosner, Augsburg

Als Markus Weinzierl in der Hinrunde zum ersten Mal auf seinen ehemaligen Verein getroffen war, erzählten mehrere Szenen viel über den Unfrieden, in dem der Schalker Trainer vom FC Augsburg geschieden war. Am 15. Oktober war das, nach einem 1:1, das eigentlich zu ausgleichenden Gesten angetan war. Doch das Gegenteil trat ein. Weinzierl warf Augsburgs Linksverteidiger Konstantinos Stafylidis wegen einer unbedachten Grätsche Dummheit vor, weil der Grieche bei einem ungestümen Einsatz dem Gegner Breel Embolo das Wadenbein gebrochen hatte, der einen Einsatz des Schalkers in dieser Saison verhindert. Vor allem aber schritt Weinzierl schnurstracks an Stefan Reuter vorbei. In vielleicht einem Meter Entfernung und ohne den Geschäftsführer des FCA eines Blickes zu würdigen, obwohl ihn Reuter lange angeschaut und offensichtlich zum Handshake erwartet hatte. Reuters Augen folgten Weinzierl irritiert, dann setzte er ein süffisantes Lächeln auf.

Es wäre nach dem zähen, von Weinzierls Vorpreschen geprägten Wechselpoker im Frühjahr 2016 und der gezielten Missachtung beim ersten Wiedersehen eine gewagte Behauptung, dass den FC Augsburg vor der zweiten Verabredung an diesem Sonntag in der Arena auf Schalke noch große Wehmut nach dem früheren Trainer erfasst. Doch auch wenn Weinzierl bei den Schwaben Geschichte ist, wirkt seine Aufbauarbeit aus seinen vier Augsburger Amtsjahren noch nach. Nicht nur wegen der Erfolge, bis hin zum Einzug in die Europa League. Sondern auch aus aktuellen inhaltlichen Gründen.

"Die eine oder andere Weinzierl-Idee eingebaut"

Manuel Baum, der derzeitige Trainer der FCA, hat darüber vor der Dienstreise nach Gelsenkirchen gesprochen. Zum Ausdruck kam dabei auch, dass er Weinzierl am Sonntag ohne Differenzen oder Groll begegnen wird. "Mit Markus", erzählte Baum, habe er sich als damaliger Chefcoach des Nachwuchses stets "wöchentlich intensiv ausgetauscht". In seiner Erinnerung war das "ganz angenehm, man hat da sehr viel mitnehmen können. Und wir haben die eine oder andere Idee aus dem Profibereich im Nachwuchs mit eingebaut. Deswegen war das eine schöne Zeit". Zu diesen Ideen zählten der Spielaufbau und das mannschaftstaktische Verhalten in der Defensive. Und Baum findet, "dass der Markus einen großen Anteil an der Situation hat, die wir jetzt in Augsburg haben".

Stets hatte der FCA die Versetzung unter dem heutigen Schalker geschafft, auch nach kritischen Phasen. Die Augsburger wissen, dass sie das Fundament für die Stabilisierung und Entwicklung des Vereins auch Weinzierl zu verdanken haben. Und sie sind ebenso für die Langzeitwirkung seiner Arbeit dankbar. Baum versucht deshalb gar nicht erst, diesen Anteil kleinzureden. Er hat ja gewissermaßen von Weinzierl gelernt, der beim FCA seine erste Profistation als Trainer innehatte. Nun arbeitet Baum auf seiner ersten Profistation, und er lässt Weinzierls frühere Ideen weiter einfließen. "Inhaltlich ist natürlich das ein oder andere noch da. Vor allem bei den Spielern, die unter ihm gespielt haben", sagt Baum. Also der Großteil der Mannschaft.

Augsburgs Nachwuchsarbeit soll nachhaltiger werden

Doch auch in Baums Lehre lassen sich Parallelen zu Weinzierl erkennen. Vielleicht auch deshalb, weil Weinzierls Stil jene Vorstellungen widerspiegelte, die der Verein vorgegeben hatte. Die überraschende Trennung im Dezember von Weinzierls defensiv orientiertem Nachfolger Dirk Schuster hatte Reuter ja auch explizit damit begründet, wieder zum jahrelang etablierten mutigen Umschaltspiel zurückkehren zu wollen. Baum hat diese Vorgabe Reuters nun so ausgedrückt: "In Augsburg ist es immer so, dass wir schauen: Was passt gut zu der Idee in Augsburg? Und das versuchen wir dann mit einzubauen." Weinzierls Elemente zählen fest dazu. Die Trennung von Schuster und die Rückbesinnung auf den alten Stil erzählen also etwas darüber, dass der FCA Weinzierls Weggang als Verlust erlebt hat - und noch ein bisschen dabei ist, diesen zu überwinden. Das Spiel beim FC Schalke wird zu einem Treffen mit dem alten Ideal.

Zugleich versuchen sie sich beim FCA aber daran, verstärkt neue Wege zu beschreiten. Die in dieser Woche ausgestellten langfristigen Profiverträge für die Talente Kevin Danso, 18, bis 2021 und Marco Richter, 19, bis 2020 sowie die Verlängerung mit dem Jungprofi Tim Rieder, 23, bis 2021 zeigen das feste Vorhaben, der Nachwuchsarbeit mehr Nachhaltigkeit zu verleihen. Inhaltlich soll auch durch taktische Variabilität wie jüngst gegen RB Leipzig mit der erstmals aufgebotenen Dreierkette eine Entwicklung gelingen, die es dem FCA langfristig erlaubt, seltener über den Abstiegskampf nachdenken zu müssen.

Das war eigentlich auch Weinzierls Vorstellung gewesen, als er zu Schalke wechselte. Er hatte fest damit gerechnet, sich im Vergleich zu Augsburg sportlich zu verbessern. Nun muss er aufpassen, dass ihn sein Schüler Baum und seine ehemalige Mannschaft nicht in ernsthafte Abstiegsnöte stürzen. Handshakes würde dies vermutlich nicht erleichtern.

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