SC Paderborn:Ohne Effe alles gut

Hamburg 11 März 2016 Fußball 2 Bundesliga 2015 16 FC St Pauli SC Paderborn Thomas Bertels; Paderborn

Sie hatten schon vergessen, wie das geht: Paderborns Spieler jubeln nach dem Tor von Thomas Bertels zum 4:1.

(Foto: Philipp Szyza/imago)

Acht Tage nach der Entlassung von Trainer Stefan Effenberg spielen die Paderborner beim Aufstiegsaspiranten St. Pauli furios und gewinnen 4:3. Das Ergebnis zeigt Effenbergs Fehler - und macht Hoffnung.

Von Sebastian Fischer

Der einstige Fußballprofi und vereinslose Fußballtrainer Stefan Effenberg hat eine besondere Beziehung zu Boulevardzeitungen. Sie haben ihm oft Gehör verschafft, wenn Effenberg mal wieder etwas sagen wollte, was in der Karriere des 47-Jährigen nicht selten der Fall war. Sie haben ihn aber auch oft an den Pranger gestellt, wenn es mal wieder von Skandälchen in seinem Leben zu berichten gab.Und nun ist die Beziehung zwischen Effenberg und dem Boulevard um eine feine Note reicher.

Es ist ja so, dass Effenberg als Fußballtrainer erst seit zwei Wochen ohne Verein ist - da wurde er beim Zweitligisten SC Paderborn nach einer beeindruckenden Serie an Misserfolgen und Peinlichkeiten abseits des Platzes gefeuert. Seitdem hat Paderborn unter dem neuen Trainer René Müller einmal unentschieden gespielt und dann am Freitag beim FC St. Pauli ziemlich beeindruckend mit 4:3 gewonnen. Am Samstag dokumentierte Bild dies in einer Schlagzeile, deren Inhalt im Millerntorstadion wohl niemand bestritten hätte: "Mit Effe wäre das nicht passiert . . ." Die Trainerkarriere des Stefan Effenberg, sie hat spätestens seit dem Spiel am Freitagabend keine verheißungsvolle Zukunft mehr.

Die Spieler üben subtile Kritik an ihrem alten Trainer

"Ich wusste gar nicht mehr, wie es ist: zu gewinnen", sagte der Paderborner Abwehrspieler Marvin Bakalorz. 13 Spiele lang, zwölf davon unter Effenberg, hatte der SC Paderborn zuvor nicht mehr gewonnen, der letzte Erfolg war ein 2:0 beim 1.FC Union Berlin am 24. Oktober gewesen. Winter-Zugang Nicklas Helenius, der mit zwei Treffern den Weg zum Sieg geebnet hatte, erklärte: "Wir haben viel gearbeitet in den letzten zehn Tagen und spielen jetzt eine andere Art Fußball, mehr technisch, mit mehr Druck. Das tut uns gut."

Was Helenius meinte: In der Zeit vor den letzten zehn Tagen, unter Effenberg, hatte die Mannschaft nicht so viel gearbeitet. Sie hatte einen Fußball gespielt, der dem Team nicht guttat, nicht zu ihm passte: kaum technisch, ohne Druck. Deutlicher hätte er also kaum sagen können, was alle dachten: Der SC Paderborn hat jetzt wieder eine Chance auf den Klassenerhalt - weil Effenberg weg ist.

Plötzlich funktioniert die Offensive, es gelingt gar ein Traumtor

Wie Paderborn gegen den Aufstiegsaspiranten sicher verteidigte und mit simplen Spielzügen schnell nach vorne preschte, verdeutlichte noch mal: Effenberg hat in seiner ersten Station als Trainer viel falsch gemacht. Denn es war ja gerade die Offensive gewesen, die unter dem Ex-Profi wie gehemmt wirkte, nur ein Tor gelang in den letzten sieben Spielen unter seiner Leitung. Nach Helenius' Führungstreffer - er schoss den Ball mit links volley in den Winkel, nachdem er ihn zuvor mit der Stirn und dem rechten Spann im Strafraum jongliert hatte - trafen, unterbrochen durch Paulis Anschlusstreffer zum 1:2, noch Florian Hartherz, nochmals Helenius und Thomas Bertels, sodass es zwischenzeitlich 4:1 für den Außenseiter stand. Eine Schlussoffensive der Hamburger machte das Spiel noch einmal spannend.

St. Paulis Trainer Ewald Lienen, für dessen Team der Aufstieg trotz Rang vier immer unrealistischer wird, verteilte nach dem Spiel Komplimente: "Paderborn hat genauso gespielt, wie man in einer solchen Situation spielen muss. Ich habe keinen Zweifel, dass sie den Klassenerhalt schaffen." Unter Effenberg hatten gegnerische Trainer eher anders geklungen, wenn sie über den Fußball der Paderborner sprachen. Ralf Rangnick zum Beispiel, Trainer des Tabellenführers RB Leipzig, hatte angesichts Effenbergs Taktik, die Leipziger Spieler in Manndeckung zu nehmen, von "Anti-Fußball" gesprochen und von einer Ausrichtung "wie vor 30 Jahren".

Kehrt nach Penis-Affäre und Eklats um Führer- und Trainerscheine jetzt Ruhe ein?

Hinzu kamen die zahlreichen Nebenschauplätze: angefangen von der Affäre um Stürmer Nick Proschwitz, der an der Hotelbar in Belek seine Hose runterließ, über Effenbergs Führerscheinverlust wegen Trunkenheit am Steuer bis hin zu seinem Versäumnis einer obligatorischen Fortbildung, weshalb er vorübergehend den Trainerschein verlor. Unter der Woche entließ Klub-Boss Wilfried Finke auch Manager Michael Born, der nach dem Abstieg im vergangenen Sommer 16 neue Spieler für 2,7 Millionen Euro geholt hatte; keiner überzeugte so recht. Borns Nachfolger, so wurde am Freitag spekuliert, könnte der Leverkusener Assistenztrainer Markus Krösche werden.

"Ich werde dafür sorgen", sagte der Möbel-Mogul Finke bei der Bekanntgabe von Effenbergs Entlassung, "dass in den Laden hier verdammt noch mal Ruhe einkehrt." Am Freitag hörte sich das aus dem Mund von Trainer Müller erstmals seit langem wieder so an, als könnte das funktionieren. "Der Sieg ist ein tolles Gefühl, aber war erst ein erster Schritt in die richtige Richtung", sagte der 41-Jährige zurückhaltend. Am kommenden Freitag ist der Tabellenletzte MSV Duisburg zu Gast, da muss sein Team, das ja noch immer Vorletzter ist, wieder funktionieren. Aber immerhin, das hatte Verteidiger Bakalorz ja erklärt, wissen die Paderborner jetzt wieder, wie es ist zu gewinnen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: