Sami Khedira wechselt zu Real Madrid:Der neue Stielike

Als siebter Deutscher wird Stuttgarts Mittelfeldspieler Sami Khedira das Trikot von Real Madrid tragen - womöglich folgt bald sogar ein achter. Khedira steht jedenfalls ein harter Konkurrenzkampf bevor.

Javier Cáceres

José Mourinho befindet sich seit Donnerstag mit Real Madrid im Trainingslager in Los Angeles, Kalifornien, und insofern darf davon ausgegangen werden, dass er tief und fest schlief, als der VfB Stuttgart am Freitagvormittag offiziell verkündete, was längst keine Überraschung mehr war. Am wenigsten für Mourinho selbst.

Sami Khedira, deutscher Nationalspieler und bislang beim VfB Stuttgart unter Vertrag, wird fortan bei Real spielen. Aus Stuttgart verlautete, dass sich Schwaben und Spanier im Ablösepoker bei knapp 14 Millionen Euro geeinigt hatten. Khedira wiederum soll - wohl am Montag - einen Vertrag bei 2015 unterschreiben und somit nach Günter Netzer, Paul Breitner, Ulli Stielike, Bernd Schuster, Bodo Illgner und Christoph Metzelder zum siebten Germanen in den Reihen von Real werden.

Vor zwei Wochen noch hatte Khedira, 23, mit Mourinho im Hotel Mirasierra Suites zusammengesessen. "Herr Mourinho hat sehr eindrucksvoll deutlich gemacht, dass er Sami haben will", sagte Khediras Berater Jörg Neubauer dem sid. In der Tat hat Mourinho auch öffentlich die Perspektiven des Deutsch-Tunesiers gerühmt. Ursprünglich waren in Madrids Führungsetage die Namen von Steven Gerrard (FC Liverpool), Daniele De Rossi (AS Rom) und Bastian Schweinsteiger (FC Bayern) als defensive Mittelfeldspieler gehandelt worden.

Dass die Wahl schließlich auf Khedira fiel, hat nur zu einem Teil damit zu tun, dass er ein Jahr vor Ende seines aktuellen Vertrags eine billigere Lösung darstellte als jeder der möglichen Rivalen. Denn durch seine WM-Leistung hat er sich jenseits der deutschen Grenzen großen Respekt erworben. In Madrid ist man sicher, in Khedira einen neuen Stielike gefunden zu haben, der lange Zeit - bis er vom Brasilianer Roberto Carlos abgelöst wurde - der ausländische Spieler war, der am häufigsten das Trikot von Real Madrid getragen hatte und in Spaniens Hauptstadt bis heute verehrt wird.

"Einen absoluten Führungsspieler und eine Identifikationsfigur wie Sami Khedira lässt man nur ungern ziehen", erklärte der neue VfB-Manager Fredi Bobic: "Aber auf der anderen Seite können wir den Wunsch von Sami nachvollziehen, bei Real an seiner weiteren Karriere zu arbeiten." Und am neuen Ruhm des deutschen Fußballs.

Seit Michael Ballacks Wechsel zum FC Chelsea (2006) hatte es keine so bedeutsame Personalie eines deutschen Nationalspielers auf dem internationalen Transfermarkt gegeben. Eben diesen Ballack hatte Khedira an der Seite von Schweinsteiger bei der WM vertreten müssen, nachdem der nunmehr bei Bayer Leverkusen agierende Ballack verletzt passen musste.

Weiter Gerüchte um Özil

Konkurrenzlos ist Khedira bei Real Madrid beileibe nicht. Der spanische Weltmeister Xabi Alonso, der im vergangenen Jahr vom FC Liverpool nach Madrid wechselte, dürfte im defensiven Mittelfeld gesetzt sein; der Argentinier Fernando Gago, der Ende 2009 bereits auf dem Sprung zu Manchester City war, soll von Mourinho für unverkäuflich erklärt worden sein. Angeblich hat der Portugiese aus dem Munde von Generaldirektor Jorge Valdano von einer neuerlichen 20-Millionen-Offerte für den Argentinier gehört - und abgewunken.

Damit dürfte zumindest für einen der beiden Diarras - Mahamadou und Lassana - kein Platz mehr sein. Gleiches dürfte für den vielseitig verwendbaren Mittelfeldspieler Esteban Granero gelten, das Eigengewächs, das im vergangenen Jahr vom FC Getafe zu Real zurückgekehrt war und sich nun unter anderem der Konkurrenz von Zehn-Millionen-Zugang Pedro León (ebenfalls Getafe) ausgesetzt sieht.

Derweil gehen die Spekulationen um einen weiteren deutschen Nationalspieler weiter. Das Interesse von Real an Werder Bremens Spielmacher Mesut Özil ist verbürgt, das Sportblatt Marça machten den türkischstämmigen Künstler beim Kartenspiel mit Freunden auf Mallorca aus - und entlockte ihm, dass er "vorerst" nicht über Real Madrid reden wolle oder könne, aber an Spanien durchaus gefallen habe.

Er müsste sich freilich bei Real mit Spielern wie dem Brasilianer Kaká, dem Argentinier Ángel Di María (von Benfica Lissabon/25 Millionen) oder dem spanischen U19-Helden Sergio Canales (zuletzt Racing Santander/fünf Millionen) um einen Platz in der Startelf balgen. Oder aber - auch dieses Modell existiert - noch ein Jahr bei Werder geparkt werden. Denn so ganz hat ihn der FC Barcelona noch nicht vergessen. An Özil gefällt Mourinho, dass er relativ günstig zu haben sein dürfte: Die Zeit der galaktischen Transfers ist vorerst vorbei. Auch wenn Real für den brasilianischen Rechtsverteidiger Maicon (Inter Mailand) 28 Millionen Euro zahlen will.

Den Umbauarbeiten in Real Madrids offensivem Mittelfeld könnte wiederum der Niederländer Rafael van der Vaart zum Opfer fallen; dem früheren Hamburger dürften keine Steine in den Weg gelegt werden, wenn er ein attraktives Angebot bekommen sollte. Vorerst hat er davon Abstand genommen, am Test der niederländischen Nationalelf in Kiew teilzunehmen, das spricht für Kampfeswillen. Allerdings ist der Transfermarkt noch bis Ende August offen.

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