Saisoneröffnung beim FC Bayern:Neuer 2, Fans 1

Manuel Neuer wird bei der Saisoneröffnung des FC Bayern München von den 30.000 in der Arena überaus freundlich empfangen. Vorstandschef Rummenigge lobt anschließend das Krisengespräch mit den Fans - und wartet auf Preisnachlässe für Vidal und Boateng.

Maik Rosner, Fröttmaning

Es klang schon ein wenig nach einem diplomatischen Balanceakt, nach heiklen Vermittlungen in einem Krisengebiet. Der FC Bayern hatte Wolfgang Salewski zur Saisoneröffnung geladen. 68 Jahre alt ist der Honorarprofessor für Krisenmanagement mittlerweile. Und gemessen an den Aufgeregtheiten, die das Fußballgeschäft vor allem in München so bereithält, konnte beinahe der Verdacht entstehen, Salewski befinde sich gerade auf seiner schwierigsten Mission. Dabei war er schon als Berater für die Bundeskanzler Helmut Schmidt und Helmut Kohl tätig, vermittelte unter anderem bei der Geiselnahme in Mogadischu 1977 und im Irak-Krieg. Sein Verhandlungsgeschick gilt als legendär.

Und nun also diese verzwickte Personalie Manuel Neuer, in der der Fußball den Beweis erbracht hat, dass er noch aufgeregter als aufgeregt kann. Nicht nur Neuer wurde zwischenzeitlich massiv angefeindet, sondern, von Teilen der Bayern-Fans, sogar die Seele des Vereins, Präsident Uli Hoeneß. Einen Schalker im Bayern-Trikot wollten sie nicht akzeptieren. Doch glaubt man dem Jubel der gut 30.000 Zuschauer beim offiziellen Saisonauftakt in der Münchner Arena, dann ist der erhoffte Familienanschluss Neuers am Samstag tatsächlich geglückt. Der 25 Jahre alte Nationaltorwart wurde mit viel Beifall empfangen, als er durch den Trockeneisnebel als letzter Spieler in die Arena einlief.

Man darf wohl behaupten, dass die reibungslose Premiere für Neuer im Bayern-Trikot nicht viel mit Salewski zu tun hatte - und dessen Rolle als Mediator beim vorangegangenen Runden Tisch mit zehn Fanklubvertretern. Rummenigge, Hoeneß, Sportdirektor Christian Nerlinger und Mannschaftskapitän Philipp Lahm hatten sich unter Salewskis Leitung mit den Fans ausgetauscht.

Eine rege Diskussion, berichtete Rummenigge später, habe sich eingestellt. "Ich bin vorsichtig optimistisch, dass gewisse Dinge nicht mehr vorkommen werden. Das Thema ist aus meiner Sicht beendet", sagte er. Und schloss beinahe feierlich: "Dieser Tag ist ein Neubeginn im Verhältnis zu Manuel Neuer." Konkrete Ergebnisse wollte oder konnte Rummenigge aber nicht mitteilen. "Es war ein sehr positives Gespräch für mich als Spieler, und so werde ich es der Mannschaft weitertragen", sagte Philipp Lahm.

"Wir wollen gleich Zeichen setzen"

Das Showtraining am Familientag in der zur Hälfte gefüllten Arena hatte jedenfalls zur Entspannung beigetragen. "Das ist schon ein anderes Gefühl, aber ein schönes", befand Neuer über seinen ersten Trainingseinsatz im Bayern-Trikot. Und auch der für 18 Millionen Euro plus Zuschläge in Höhe von maximal sieben Millionen Euro unter viel Getöse gewechselte Torwart ist guter Dinge, dass er bald vorbehaltlos in der Bayern-Familie aufgenommen sein wird. "Mit den ersten Spielen wird es leichter werden für mich", sagte er. Beifall und Sprechchöre bekam er aber auch schon für Paraden im Trainingsspielchen. Möglicherweise werden ihn die Fans sogar noch vor dem ersten Pflichtauftritt am 1. August im Pokalspiel bei Zweitliga-Aufsteiger Eintracht Braunschweig ins rote Herz geschlossen haben.

Bayern Munich's goalkeeper Neuer reacts as he arrives for a show training session at a family day in Munich's Allianz Arena

Manuel Neuer im Bayern-Trikot: Die Fans empfingen den Nationaltorhüter mit Applaus.

(Foto: REUTERS)

Bis dahin dürften die Bayern wohl noch die Aufgeregtheiten auf dem Transfermarkt intensiv beschäftigen. Nach wie vor stocken die Verhandlungen mit Manchester City und Bayer Leverkusen. Innenverteidiger Jerome Boateng soll aus England kommen, der defensive Mittelfeldspieler Arturo Vidal vom Tabellenzweiten der vergangenen Saison, der ja auch schon den neuen Trainer Jupp Heynckes an die Bayern verloren hat. "Gewisse Kollegen in Westdeutschland und England sollten die Preisvorstellungen nicht zu hoch schrauben", mahnte Rummenigge: "Wir sind kein Manchester City, wo man einfach in den Kuhstall kommen kann, um uns zu melken."

Noch immer hoffen die Münchner, sich mit den beiden Klubs auf annehmbare Preise zu verständigen, wenngleich in Leverkusen ein Wechsel Vidals innerhalb der Bundesliga bisher kategorisch ausgeschlossen wird. Falls man keine Lösung finde, werde man sich zumindest um eine Alternative in der Innenverteidigung bemühen, kündigte Rummenigge an. Er setzt auf Geduld: "Wir haben noch acht Wochen Transferzeit. In ganz Europa sind die großen Schüsse noch nicht gelaufen, abgesehen von Manuel Neuer. Ich erwarte, dass irgendwann der erste Mosaikstein fällt." Ähnlich äußerte sich Nerlinger: "Wir werden ein vernünftiges Wirtschaften beibehalten. Wenn astronomische Summen aufgerufen werden, werden wir den Markt sondieren."

Heynckes wird die Verhandlungen vorerst aus der Ferne verfolgen. Am Sonntag beginnt das einwöchige Trainingslager mit zwei Testspielen gegen eine Regionalauswahl und gegen die Nationalmannschaft Katars am Gardasee. Grundlagen legen, kündigte Heynckes an, werde dort auf dem Programm stehen. "Eine Atmosphäre schaffen, in der man die optimale Leistung abrufen kann", hat er sich zudem grundsätzlich zum Ziel gesetzt. Rummenigge kündigte schon einmal forsch an, was danach folgen soll: "Wir wollen vom ersten Spieltag an zeigen, dass Bayern München um die Meisterschaft spielt. Wir wollen gleich ein Zeichen setzen."

Manuel Neuer ist das schon beim Trainingsauftakt gelungen. Drei Fans traten gegen den Nationaltorwart zum Elfmeterschießen an. Neuer gewann 2:1. Aufgeregt hat sich darüber keiner mehr. Nicht schlecht für den Tag des Neubeginns.

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