Ryder Cup:Golfer verweigern sich dem Last-Minute-Millionenspiel

Crowds react as Team Europe golfer Jamie Donaldson hits his ball onto the 15th green during the 40th Ryder Cup at Gleneagles

Zuschauermassen strömten 2014 ins schottische Gleneagles zum Ryder Cup. Deutschland muss darauf verzichten.

(Foto: REUTERS)
  • Der Ryder Cup 2022 findet nicht in Bad Saarow statt, sondern in Rom.
  • In der Entscheidung für die italienische Bewerbung scheinen Millionenzahlungen eine große Rolle gespielt zu haben.
  • Die deutschen Bewerber wollten diesen Weg nicht mitgehen.

Von Gerald Kleffmann

Am Montagvormittag erhielt Marco Kaussler einen Anruf. Aus beruflicher Sicht sollte es, so die Hoffnung, das Gespräch seines Lebens werden. In der Leitung war Keith Pelley, der neue Chef der European Tour mit Sitz in Wentworth, London. Der Kanadier übermittelte, dass der Ryder Cup 2022 nicht in Bad Saarow stattfinde und die Bewerbungsgesellschaft des Deutschen Golf-Verbandes (DGV) leer ausgehe.

Kurz darauf wurde offiziell Rom mit dem Marco Simone Golf&Country Club als Austragungsort des Kontinentalduells der besten Golfprofis aus Europa und den USA verkündet; Chancen hatten sich noch Spanien und Österreich ausgerechnet. Für den DGV ist es die zweite Pleite nach der gescheiterten Bewerbung für 2018.

"Wir sind enttäuscht", sagte Kaussler: "Wir hatten eine vernünftige Bewerbung." Vor allem hatten die Ryder Cup Deutschland GmbH (RCD) und der Platz im brandenburgischen Arosa Resort den seit gut 30 Jahren tätigen Golf-Förderer BMW an der Seite. Eine Absage an den Hauptsponsor schien einer Brüskierung gleichzukommen.

"Wir müssen das akzeptieren", sagte RCD-Geschäftsführer Kaussler zum Urteil, das von Vertretern der Besitzer der Firma Ryder Cup Europe gefällt wurde; die Milchkuh gehört der European Tour (60 Prozent), den Profigolfervereinigungen (PGA) von Großbritannien und Irland sowie den PGAs von Europa (je 20 Prozent). Seiner Stimme war zu entnehmen, dass ihm dieser Paukenschlag zusetzt. Wobei: Nach Ereignissen gerade in den letzten Tagen ist die Wahl nicht mal als Knall zu sehen. Bis zuletzt wurde Kuhhandel betrieben - mit Pelley als zentrale Figur.

Deutsche Bewerber hatten Schwierigkeiten

Mehr als 400 Punkte mussten die Bewerber für das Bid Book abarbeiten, das sie im April einreichten. Im September unterzeichneten sie jeweils den "Host Nation Contract", der im Erfolgsfall greifen würde. "Danach war für mich die Bewerbung abgeschlossen", sagte Kaussler, der indes nicht nachkartet. Als Turnierdirektor der BMW International Open und Strippenzieher weiß er: Man sieht sich zweimal.

Doch wird auch er ahnen, warum Deutschland die Pole-Position verlor; Insider hatten ja stets betont, dass Pelleys im Sommer pensionierter Vorgänger George O'Grady und die Tour Bad Saarow den Zuschlag geben wollten, wenn die RCD die Hausaufgaben mache. Bei der Suche nach einem Platz, Geld und politischem Rückenwind tat sich Kausslers Team zwar schwer, am Ende stand aber ein passables Paket, das BMW ermutigte, aus der Deckung zu kommen. Mit Pelley hatte keiner gerechnet.

Was ist euch der Ryder Cup wert?

Der 51-jährige Kanadier, der sich mit dem Handeln um TV-Rechte einen Namen gemacht hatte, preschte ins Establishment und stellte offenbar eine simple, aus seiner Sicht pragmatische Frage: Was ist euch der Ryder Cup wert?

Aus dem Feilschen nach Ablauf von Fristen und der Absicht, sich notfalls mit Platzhirsch BMW anzulegen, machte Pelley kein Geheimnis. "Wir kennen seine Vision", sagte Kaussler für seine Verhältnisse vielsagend. Pelley trat in der Tat mit ehrgeizigen Zielen an.

Er möchte mehr Preisgeld auf Europas Turnieren verteilen. "Er will eine Alternative zu den US-Events bieten", so Kaussler. Provokativ monierte Pelley etwa, dass die BMW PGA Championship in Wentworth mit fünf Millionen Euro Preisgeld "nicht flagship-würdig" sei. Man darf annehmen, dass ihn auch eine mögliche Verlegung des Münchner/Kölner BMW-Turniers mit zwei Millionen Euro Preisgeld nach Bad Saarow nicht vom Sitz gerissen hätte; der Gastgeber des Ryder Cups in diesem Bieterverfahren ist verpflichtet, vor dem Ereignis ein Turnier zu stemmen.

Das, was die Italiener bieten, lässt Pelley frohlocken. Das Preisgeld der Italian Open wird 2016 von 1,5 auf drei Millionen Euro erhöht, ab 2017 fließen elf Jahre lang jährlich sieben Millionen - mehr als BMW in Wentworth ausschüttet. Auch das wirkt wie ein marktkapitalistischer Fehdehandschuh. Woher die knapp 80 Millionen kommen, wurde nicht publik, aber Italiens Verband wirbt damit, dass man Unterstützer habe: die Modefamilie von Laura Biagiotti, der der Golfklub gehört.

Und das Nationale Olympische Komitee, das Olympia 2024 mit Rom will. "Es ist keine Frage, dass die Ewige Stadt Rom eine herrliche Kulisse für eine der größten Gelegenheiten im Golf darstellt", sagte Pelley. Während der Platz 17 Kilometer vor Rom einen Blick zum Petersdom bietet, musste RCD Spott ertragen dafür, dass es keine nahe Autobahnausfahrt zum deutschen Platz gebe. Womöglich hätte Pelley das hingenommen - wenn das Geld für seine Vision gestimmt hätte.

BMW will nicht pokern

BMW selbst hat außer einem fairen Verliererstatement nichts verkündet, doch aus dem Umfeld der Bewerbung dringen klare Worte. Bis letzten Freitag soll es die per kurzfristiger Mail gestellte Frist gegeben haben, Millionen nachzuschießen, was als "Erpressung" und "unseriöses Geschäftsgebaren" gesehen wird. BMW habe längere Zusagen für eigene Turniere gegeben, sonst aber auf Vorstandsbeschluss abgelehnt, mitzuziehen im Last-Minute-Pokerspiel, das Pelley offenbar bei seinem Besuch bei BMW am vergangenen Donnerstag ausreizte.

Eine Ironie: Eigentlich, so hatte es der Guardian jüngst berichtet, hatte BMW eine Drohgebärde ausgesprochen, indem man halboffen über das Golf- Engagement nachdachte, falls es nicht klappe. Pelley drehte, darf man folgern, den Spieß um. Er musste etwas in der Hinterhand gehabt haben - Italien. Hat er auch einen Ersatz, falls BMW weniger auftischt?

Dass man angesichts Negativthemen wie Fußball-WM 2006 und Fifa Pelleys Begehr besonders kritisch sah, sagt niemand offen. DGV-Präsident Claus Kobold meinte aber doch: "Die deutsche Bewerbung ist in enger Absprache mit allen Beteiligten bis an die Grenze dessen gegangen, was vernünftiger Weise in der aktuellen Situation darstellbar war. Mehr Geld konnte unter den gegebenen Bedingungen nicht generiert und in den Ryder Cup investiert werden. Wir wollten den Ryder Cup in Deutschland haben - aber nicht um jeden Preis." So strauchelte die ohnehin eher auf Kante finanzierte deutsche Bewerbung auf dem letzten Meter im Finale des Feilschens.

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