Ryder Cup:Ein Urknall und kleine Tüten

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Dass es das Kontinentalduell überhaupt gibt, ist einem amerikanischen Journalisten zu verdanken - und einem englischen Pflanzensamenhändler, der erst spät seine Passion für den Golfsport entdeckte.

Von Gerald Kleffmann

Beim vergangenen Ryder Cup in Gleneagles, Schottland, gab es eine Untersuchung, umfangreich wie nie zuvor. 9000 Zuschauer wurden in einer Studie der Sheffield Hallam University befragt. Ökonomische Entwicklungen analysiert. Medienquoten erfasst. Am Ende kamen Daten heraus, die die Dimension des Kontinentalkampfes zwischen den jeweils zwölf besten Golfern aus Europa und den USA belegen sollten: 106 Millionen Pfund seien 2014 aufgrund des Events bewegt worden. In fast allen der gut 200 Länder auf der Welt habe es Berichte gegeben. Der Werbewert lag angeblich bei 42 Millionen Pfund. 600 Millionen Haushalte seien erreicht worden. Es ist davon auszugehen, dass diese Zahlen beim 41. Ryder Cup, von Freitag bis Sonntag im Hazeltine National Golf Club bei Minneapolis ausgetragen, nicht geringer ausfallen dürften. Eher höher. Samuel Ryder jedenfalls hätte sich gewundert, wenn er erlebt hätte, was aus seiner Idee entstanden ist binnen 90 Jahren. Aus Ryders Samen, das ist in diesem Fall wörtlich zu nehmen, ist eine Veranstaltung entstanden, die auch gern damit hausieren geht, nach Olympia und Fußball-WM das drittgrößte Sportereignis zu sein.

Die Blaupause

Das erste offizielle Ryder-Cup-Duell fand 1927 statt. Der Urknall ereignete sich früher. Ein Journalist hatte alles in Gang gesetzt, mit einem Brief. James D. Harnett von Golf Illustrated schrieb 1920 an die Profigolfervereinigung PGA of America und regte an, einen Fonds zu gründen, um zwölf bis 20 Amerikaner zu den British Open zu schicken. Ihn ärgerte es, dass nie ein Landsmann diesen immerhin seit 1860 jährlich durchgeführten Klassiker in Großbritannien gewinnen konnte. Harnett hatte Erfolg. Die PGA of America gründete den British Open Championship Fund und nominierte zwölf Spieler, von denen elf am 24. Mai 1921 in New York auf der RMS Aquitania aufbrachen. Zwei Wochen vor der British Open traten zehn dieser US-Spieler gegen zehn Briten in Gleneagles an, um sich messen; fünf Matches im Vierball-Format (zwei Spieler bilden ein Team, jeder spielt einen eigenen Ball, das beste Ergebnis zählt pro Loch) sowie zehn Einzel wurden ausgetragen. Die Gastgeber siegten 9:3. Die Amerikaner reisten trotzdem hocherfreut zurück. Jock Hutchinson hatte im Anschluss tatsächlich als erster US-Professional die British Open in St. Andrews gewonnen. Das Duell in Gleneagles aber war die Blaupause für den Ryder Cup.

Penny Packets

Walter Hagen, ein charismatischer Pionier der Berufsgolfer, regte 1926 ein Match zwischen Amerikanern und Briten an. Kurz darauf hieß es etwas nebulös, "ein Golfenthusiast" würde eine Trophäe für einen jährlichen Wettkampf dieser Art stiften. Schließlich wurde bekannt, dass der Spender Samuel Ryder sei. Der damals 68-Jährige war ein pfiffiger Geschäftsmann aus St Albans nördlich von London. Er hatte ein Vermögen mit Penny Packets gemacht. Er verpackte Pflanzensamen in Tütchen und verschickte sie per Post. Das taten andere auch, aber niemand verlangte nur einen einzigen Penny wie Ryder.

Als er mit 50 Jahren eine schwierige gesundheitliche Phase überstand, riet ihm ein befreundeter Pfarrer, Golf zu spielen. So sei er mehr an der frischen Luft. Ryder, in der Jugend ein Cricketspieler, begeisterte sich sofort für den neuen Sport, trat einem Klub bei, erspielte sich ein Single-Handicap und spendete Geld für seinen Verein. Ryder fing an, britische Spieler zu unterstützen. Als 1926 das Duell zwischen den Europäern und den Amerikanern in Wentworth ausgetragen wurde (13:1 für die Briten) und er den Pokal übernahm, wurde erstmals inoffiziell vom "Ryder Cup" gesprochen. Man einigte sich aber, dass die offizielle Geburt ein Jahr später stattfinden sollte.

Worcester, 1927

Austragungsort der Premiere war der Worcester Country Club in Massachusetts. Erstmals wurden Richtlinien formal festgehalten, im Deed of Trust (Treuhandvertrag). Diesmal war es die britische Golf Illustrated, die mittels eines Fonds Geld für ihre Spieler auftrieb, damit diese die US Open und den Ryder Cup bestreiten konnten. Ryder steuerte 100 der angestrebten 3000 Pfund bei, als 300 fehlten, übernahm er auch diese Summe. Hagen, 34, war der erste Kapitän, der den Ryder Cup hielt, mit 9,5:2,5 hatte sein Team triumphiert; vier klassische Vierer (ein Ball pro Duo) sowie acht Einzel wurden gespielt. In den ersten Jahrzehnten des Wettbewerbs war es üblich, dass die Teamchefs mitspielten. Ryders Pech war es, dass er die Premiere verpasst hatte. Er war wieder krank.

Rätsel

Das meiste über den gestifteten Pokal ist natürlich bekannt. Die Trophäe besteht aus Gold, ist 43 Zentimeter hoch und kostete seinerzeit 250 Pfund. Heute wären rund 5000 Euro für das Objekt zu veranschlagen. Eigentümer ist die "Professional Golfers' Association in Great Britain", die PGA of America hat ein Duplikat. Unklar bis heute ist, um welchen Golfer es sich auf dem Deckel handelt. Lange ging man davon aus, es sei Abe Mitchell, Ryders Golflehrer in seinem damaligen Klub. Doch ein Buchautor, der eine Chronik des Verulam Golf Club angefertigt hatte, widerlegte dies. Der Golfer auf dem Deckel hat aber, das steht fest, Ähnlichkeit mit Mitchell.

Gegen Europa ab 1979

Nach der ersten Ausgabe war klar: Der Aufwand ist zu groß, um den Ryder Cup jedes Jahr durchzuführen. Der Zweijahresrhythmus entstand. Während des zweiten Weltkriegs sowie nach dem Terroranschlag 2001 fiel der Ryder Cup aus. Weil die Amerikaner über zwei Jahrzehnte völlig dominierten, wurde es 1973 gestattet, dass Iren im britischen Team partizipieren durften. Als sich immer noch nichts an der Einseitigkeit änderte, regte US-Profi Jack Nicklaus an, dass Europa als Gegner antreten sollte. Seit 1979 existiert das heutige Duell (Europa hat von 18 Duellen zwölf gewonnen). Auch das Format, mehrmals in Nuancen modifiziert, hat seitdem seine Gültigkeit: Am Freitag und Samstag werden je vier Matches im Vierball und Vierer gespielt, am Sonntag zwölf Einzel, also Mann gegen Mann gekämpft. Der letzte Kapitän, der noch abschlug, war Arnold Palmer, der nun mit 87 Jahren starb und beim Start des 41. Ryder Cups in Hazeltine von Tausenden Fans mit Chören gefeiert wurde.

Erfolg nach dem Tod

Die Erfolgsgeschichte seines Cups erlebte Samuel Ryder nicht mit. Nachdem er aufgrund seiner schwachen Gesundheit einige Zeit bei einer seiner drei Töchter in Südafrika verbracht hatte, starb er 1936 im Weihnachtsdomizil in London. Seine Urenkel Sam Ryder-Smith und Tom Ryder-Smith, die in London leben, tragen noch seinen Nachnamen, auch eine weitere Generation wird das mindestens tun. Sam hat vier Kinder. Ryder ist auf dem Hatfield Road Cemetery in St Albans beerdigt.

© SZ vom 01.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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