Russische Auswahl:Kurvige Karriere

Russia v Portugal: Group A - FIFA Confederations Cup Russia 2017

Torlos gegen Portugal: Russlands Stürmer Fjodor Smolow (rechts).

(Foto: Ian Walton/Getty Images)

Russland muss gegen Mexiko gewinnen, um beim Confed Cup das Halbfinale zu erreichen. Die nötigen Tore soll Fjodor Smolow erzielen.

Von Johannes Aumüller, Moskau

Fjodor Smolows fußballerischer Lebenstraum ist für einen russischen Spieler eher ungewöhnlich, und er ist von dessen Erfüllung auch sehr weit entfernt. Er lautet: einmal mit dem AC Mailand die Champions League gewinnen. Seit seinem siebten Lebensjahr schwärme er für den italienischen Klub aus der Lombardei, sagt der heute 27-Jährige. Und jetzt ist nur noch die Frage, was unwahrscheinlicher ist: dass Smolow überhaupt mal für Milan spielt - oder dass der darbende und mittlerweile von chinesischen Investoren übernommene Klub demnächst überhaupt noch einmal in die Nähe eines Triumphes in der Königsklasse des europäischen Klubfußballs kommt.

Aber das Beispiel zeigt ganz gut, dass Mittelstürmer Smolow ein Typ in Russlands Fußball ist, der sich bisweilen abhebt. Der Sbornaja steht beim Confed Cup eine Art Finale bevor. Nach dem 2:0 gegen Neuseeland zum Auftakt und dem 0:1 gegen Portugal am Mittwochabend braucht es gegen Mexiko (Samstag, 17 Uhr) einen Sieg, um ins Halbfinale vorzurücken. Das ist zwar die Ausgangslage, die viele erwartet hatten, dennoch hat sich Trainer Stanislaw Tschertschessow zuletzt Kritik anhören müssen wegen seiner defensiven Startaufstellung gegen Portugal.

Russlands Team besteht aus vielen weitgehend Namenlosen, es muss übers Kollektiv erfolgreich sein. Aber wenn nun in der Wolga-Stadt Kasan 800 Kilometer östlich von Moskau das Spiel gegen Mexiko ansteht, sind vor allem zwei Spieler im Fokus: der ewige Torwart Igor Akinfejew, der gegen Portugal mit guten Paraden weitere Gegentore verhinderte. Und eben der Mann auf der anderen Seite des Feldes, Angreifer Fjodor Smolow, der in den beiden bisherigen Spielen als Einziger in der russischen Auswahl so etwas Ähnliches wie Torgefahr auszustrahlen vermochte.

Der 27-Jährige, links und rechts an den Armen kräftig tätowiert und bis vor Kurzem verheiratet mit einer früheren "Miss Russland", hat eine kurvige Karriere hinter sich. Als großes Talent galt er schon lange, als Gerade-Twen verbrachte er mal ein halbes Jahr bei Feyenoord Rotterdam in den Niederlanden. Aber erst seit zweieinhalb Spielzeiten tritt er überzeugender auf. Da begann er beim kleinen FK Ural damit, Tore zu schießen, und seit Sommer 2015 setzte er das beim etwas größeren FK Krasnodar fort. Das ist jener Klub im Süden Russlands, wo unter Anleitung und Finanzierung des Milliardärs Sergej Galizkij ein für russische Fußball-Verhältnisse sehr ungewöhnliches Klub-Projekt läuft. Auch Smolow scheint sich dort wohlzufühlen. 20 Treffer in der ersten Saison, 18 in der zweiten, das war jeweils gleichbedeutend mit der Auszeichnung des besten Torschützen der ersten russischen Liga. Für Angebote des AC Mailand reichte das bislang zwar noch nicht, aber angeblich immerhin für Kontakte mit englischen und sogar deutschen Klubs der Mittelklasse.

Selbstbewusst auftreten, das kann Smolow schon jetzt. Als vor dem Spiel gegen Portugal das Gespräch auf Cristiano Ronaldo kam, klang er fast ein wenig verächtlich. Nicht mit Blick auf den Portugiesen, sondern auf seine Mitspieler. Es gebe sicher eine ganze Reihe an Spielern, die den Trikottausch mit dem Angreifer von Real Madrid wünschten, sagte er. Aber er gehöre da sicherlich nicht dazu. Als hätte er es nötig, sich um das Leibchen eines anderen Angreifers zu bemühen. Allerdings gibt es doch etwas, was ihn mit Cristiano Ronaldo verbindet: Vor ein paar Monaten schaffte er sich das gleiche Lamborghini-Modell an, das auch der Portugiese in seinem Besitz führt.

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