Rugby:Auch Babys zahlen Eintritt

England v Ireland - QBE International

Im Wachstum: Am Freitag wird in Londons Rugby-Stadion Twickenham die WM eröffnet. Mit 200 Millionen Euro Gewinn werden Rekord-Einnahmen erwartet.

(Foto: Henry Browne/Reuters)

Die bevorstehende Weltmeisterschaft in England zeigt: Der Sport ist zu einer Profitmaschine geworden. Der Weltverband rechnet mit einem Rekordgewinn.

Von Björn Finke, London

Die Empörung ist groß: Wer ein Kleinkind mit ins Rugby-Stadion nehmen will, muss für das Baby ein Ticket kaufen - selbst dann, wenn der oder die Kleine auf dem Schoß der Eltern sitzt. So wollen es die Veranstalter des Rugby World Cups in England und Wales. In britischen Medien werfen Fans den Ausrichtern deswegen Gier vor. Man könnte es auch Geschäftstüchtigkeit nennen: Die Rugby-Weltmeisterschaft ist inzwischen zu einer großen Geldmaschine geworden.

Am Freitag beginnt das Turnier mit der Partie England gegen Fiji im Twickenham Stadion am Stadtrand von London. Ende Oktober geht dort auch das Finale über die Bühne. Mehr als 2,2 Millionen Fans werden in den Arenen beim Wettkampf der 20 besten Rugby-Nationen mitfiebern - kein anderes Sportereignis in diesem Jahr zieht so viele Zuschauer an. Die Vorgänger-Turniere waren ebenfalls gut besucht: Nur Fußball-Weltmeisterschaften und Olympische Spiele zählen mehr Gäste als der alle vier Jahre stattfindende Rugby World Cup.

Das schlägt sich in den schnöden Bilanzzahlen nieder: Der Weltverband World Rugby schätzt, dass ihm das diesjährige Turnier rund 200 Millionen Euro Gewinn einbringt - eine neue Bestmarke. "Das ist eine wichtige Einkommensquelle für die Entwicklung des Sports", sagt Verbands-Geschäftsführer Brett Gosper. Etwa 85 Prozent der Einnahmen seiner Organisation stammen von den Weltmeisterschaften.

Doch nicht nur der Ausrichter profitiert. Mehr als 400 000 Besucher reisen aus dem Ausland an; die lassen Geld in Hotels und Restaurants. Die Tourismusbranche hofft zudem, dass viele der Fans bei ihrem Aufenthalt die Reize von England und Wales als Urlaubsländer für sich entdecken und einmal wiederkommen. Für das Turnier wurden außerdem Millionen in die Modernisierung der Stadien gesteckt, was Baufirmen erfreute. Werbeagenturen haben ebenfalls gut zu tun: Ob im Fernsehen, in der Zeitung, im Internet oder auf der Straße - es gibt in Großbritannien kein Entrinnen vor Marketingkampagnen der Konzerne, die den World Cup für sich nutzen.

Das Turnier ist daher ein Mini-Konjunkturprogramm: Insgesamt könnte der Wettbewerb die Wirtschaftsleistung im Vereinigten Königreich um bis zu 1,4 Milliarden Euro erhöhen, schätzen die Unternehmensberater von Ernst&Young.

Dabei ist die Geschichte der Weltmeisterschaften noch jung. Das erste Turnier fand 1987 statt. Seitdem hat der Sport deutlich an Popularität gewonnen, was sich im Interesse der Fernsehsender widerspiegelt. Das erste Turnier wurde nur in 17 Staaten übertragen, nun sind es mehr als 200. Dass es Rugby 2016 ins Programm der Olympischen Spiele schafft, dürfte den Boom weiter befeuern.

Damit ist Rugby attraktiv für Sponsoren, auch für deutsche Firmen. Zwar fristet der Sport hierzulande eine Nischenexistenz, und die Nationalmannschaft konnte sich wieder nicht fürs Turnier qualifizieren. Aber viele Konzerne sind weltweit tätig - und mit Reklame rund um den World Cup können sie Kunden in Rugby-Hochburgen wie Großbritannien, Frankreich, Südafrika oder Neuseeland erreichen. Daher ist Deutsche Post DHL einer der Hauptsponsoren des Turniers; BMW und Adidas unterstützen populäre Teams.

Zur Begeisterung der Controller in den Konzernzentralen ist das Sponsoring von Rugby zudem billig im Vergleich zu den Riesensummen, die Unternehmen bekannten Fußball-Klubs wie Bayern München oder Manchester United überweisen müssen. Thorsten Mattig, Leiter des Sportmarketings bei BMW, formuliert es etwas gedrechselt: "Rugby ist ein effizienteres Sponsoring, was die Kosten angeht", sagte er der Welt am Sonntag.

Der körperbetonte Sport, bei dem sich Kleiderschränke von Männern im Schlamm suhlen, gilt paradoxerweise in vielen Ländern als klassisches Vergnügen der Oberschicht. Das macht das Sponsoring von Rugby besonders interessant für Firmen, die auf eine wohlhabende Klientel abzielen.

Die nächste Weltmeisterschaft in vier Jahren richtet Japan aus. Für 2023 bewerben sich gleich vier Staaten: Frankreich, Irland, Italien und Südafrika. Sie alle wollen profitieren von der Geldmaschine Rugby World Cup.

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