Aufregendes vom Bundesliga-Spieltag:Alle Fesseln gesprengt

Der eine trifft wie er will, der andere motzt wie er will: Diese Spieler und Trainer ließen am sechsten Spieltag alle Hemmungen fallen.

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Markus Gisdol

1899 Hoffenheim - Borussia Dortmund

Quelle: dpa

Was machen 45 Minuten auf der Tribüne mit einem Trainer? Es ist nachzuvollziehbar, dass sich Hoffenheims Markus Gisdol wie weggesperrt fühlte, zu weit entfernt vom Geschehen, während der zweiten Hälfte gegen den BVB. Und wie befreiend es für Gisdol sein musste, als er endlich wieder runter durfte von dieser stickigen, engen Tribüne. Entfesselt redete er sich in einen Rausch. "Ein absoluter Witz", sei sein Tribünenverweis gewesen, "eine skandalöse Situation". Und überhaupt: "Wenn Guardiola zehnmal den Schiedsrichter anfasst und den Linienrichter umarmt und die Bibiana Steinhaus in den Arm nimmt und ihr was ins Ohr flüstert, egal was, dann wird nicht reagiert." Wirklich fröhlich wirkte er dabei nicht, aber wenigstens durfte er sich wieder frei bewegen.

(ebc)

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Borussia Mönchengladbach

Borussia Moenchengladbach v FC Augsburg - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Am Sonntag waren sie noch alle geschockt, erschüttert, fassungslos in Mönchengladbach. Da hatte Trainer Lucien Favre völlig überraschend hingeschmissen, nach fünf Niederlagen in fünf Spielen. Wie würde sich die Borussia davon erholen? Was kann ein Interimstrainer (André Schubert) in zwei Tagen bewirken? Gegen Augsburg zeigte sich: In zwei Tagen geht so einiges. Wie die Wilden stürmten die Gladbacher gegen den ebenfalls kriselnden FCA, nach zwanzig Minuten hieß es 4:0 - der Favre-Schock war schon überwunden, das Team wirkte, ja: wie entfesselt. Insbesondere Rafael, der zuvor kritisierte Spielmacher, der flux alle vier Tore vorbereitete. Ganz offensichtlich hat der Abschied von Favre enorme Kräfte in Mönchengladbach freigesetzt.

(fued)

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Robert Lewandowski

Bayern München - VfL Wolfsburg

Quelle: dpa

Eine letzte Anmerkung zu Robert Lewandowski, über den ja mächtig viel geschrieben wurde nach seinem Fünferpack: Liebes Publikum, das war noch nicht alles. Fünf Treffer innerhalb von acht Minuten und 59 Sekunden sind zwar wahnwitzig gut, und es machte einen entfesselten, hemmungslosen Eindruck, wie Lewandowski seine elf Gegenspieler quasi alleine erledigte. Doch der Pole ist ein Stoiker, und er hatte sich selbst im Angesicht dieser übermenschlichen Leistung unter Kontrolle. Ein aufgerissener Mund, ein ausgestreckter Arm zum Jubel, das war alles. Zufrieden sei er, sagte er nach dem Spiel. Lewandowski, so muss man feststellen, hat man noch nie zu einhundert Prozent entfesselt erlebt. Man möchte aber dringend wissen, wie das dann aussieht.

(fued)

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Pierre-Emerick Aubameyang

-

Quelle: AP

Einen Rekord hat Robert Lewandowski dann doch nicht aufgestellt, er begnügte sich mit den Bestwerten für den schnellsten Hattrick, den schnellsten Viererpack und den schnellsten Fünferpack. Ein Rekord war noch übrig für Pierre-Emerick Aubameyang, den Dortmunder Stürmer, der es fertig brachte, an allen sechs bisherigen Spieltagen mindestens einen Treffer zu erzielen. Macht am 34. Spieltag also: mindestens 34 Tore. Ob Lewandowski da mithalten kann? Er traf am dritten und fünften Spieltag nicht. Um es mit Philipp Lahm zu sagen: "Man muss kritisch bleiben. Robert hat einfach nachgelassen. Das ist wirklich enttäuschend."

(ebc)

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Douglas Costa

FC Bayern Muenchen v VfL Wolfsburg - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Ein wahrer Entfesslungskünstler ist auch der Mann aus Sapucaia do Sul - und wenn wir schon dabei sind: Er spricht sich übrigens "Doooglas" und nicht "Daggläss" und auch nicht "Douglahss". "Doooglas" also schaffte es auch gegen Wolfsburg wieder, eine ganze Abwehr auszuhebeln. Als es bei den Bayern nicht lief, war er der einzige Münchner Flitzer, der Tempo ins Spiel brachte. Seine Dribblings, seine Finten, sein Abschluss - all das führt beim Gegner dazu, dass Systeme zusammenbrechen, dass Routinen durcheinander wirbeln. Ein Hauch von künstlerischer Anarchie hält Einzug, wenn er loslegt. Und wie er loslegte, vor allem nach der Pause. Da verknotete er reihenweise Wolfsburger Abwehrbeine und lieferte dem Kollegen Lewandowski noch zwei Vorlagen. Ach ja: Costa liegt jetzt bei neun Assists in sechs Spielen. Das gab es in der Bundesliga noch nie zu einem solch frühen Zeitpunkt. Und jetzt alle: "Doooglas".

(jbe)

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Timo Werner

Hannover 96 v VfB Stuttgart - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Es ist bisweilen nicht leicht, sich aus den Fesseln eines Kindermädchens zu befreien. Der Stuttgarter Timo Werner, einer der hochbegabten Jungkicker Deutschlands, hat es geschafft. Und das nach einer eher gewöhnungsbedürftigen Erziehungsmaßnahme seines Cheftrainers Alexander Zorniger, er hatte den 19-Jährigen nicht nur aus dem Kader gegen Hertha gestrichen, sondern ihm auch noch vorgeworfen, dass er "nicht sein Kindermädchen" sei. Werner reagierte auf seine Weise ("Ich wollte nicht rumheulen"), als er wieder spielen durfte. Mit einer ordentlichen Leistung gegen Schalke und einer noch ordentlicheren am Mittwoch in Hannover, wo er nicht nur das 1:0 vorbereitete, sondern das wichtige 2:0 selber schoss. Und was sagte Zorniger zum entfesselten Auftrittt? "Timo hat das gut gemacht, ich hoffe, dass er jetzt endlich wieder so unbekümmert wie ein 19-Jähriger auftritt und nicht wie ein 25-Jähriger, auf dem alle Last liegt." Ein Kindermädchen braucht er nun nicht mehr.

(schma)

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Vedad Ibisevic

Hertha BSC v 1. FC Koeln - Bundesliga

Quelle: Martin Rose/Getty Images

Vedad Ibisevic, das war einmal ein Bundesliga-Stürmer, der dem FC Bayern das Fürchten lehrte, der die TSG Hoffenheim mit 17 Treffern in einer Halbserie an die Tabellenspitze schoss, und den dann ein Kreuzbandriss jäh zu Boden riss. Dort hat der Bosnier eine gute Weile gelegen, nach seiner Rückkehr quälte er sich zunächst in Hoffenheim und später beim VfB Stuttgart, doch es könnte sein, dass er an diesem Spieltag wiederauferstanden ist: Ibisevic führte seinen neuen Klub Hertha BSC Berlin mit einem Doppelpack zum 2:0 gegen Köln, unnachgiebig und wild rannte er den Bällen hinterher und belohnte sich am Ende selbst. Die Ostkurve im Olympiastadion feierte ihn, die Fans ahnten: Vedad Ibisevic hat womöglich die letzten Fesseln abgeworfen.

(fued)

© Süddeutsche.de/ebc/schma/rus
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