Rückkehr von Serena Williams:Ruhm vor Respekt

BNP Paribas Open - Day 7

"Das fühlt sich an wie der größte Sieg meiner Karriere": Serena Williams, die das Turnier in Indian Wells seit 2002 boykottierte.

(Foto: Harry How/AFP)
  • Milliardär Larry Ellison hat Serena Williams nach Indian Wells zurückgeholt.
  • Doch um ein Zeichen gegen Rassismus ging es dem Turnierchef in erster Linie gar nicht.

Von Jürgen Schmieder

Da stand er also auf der Tribüne, flankiert von John McEnroe und Bill Gates, er wirkte gerührt ob der Begeisterung des Publikums im weltweit zweitgrößten Tennisstadion. Natürlich galten die Klatschgeräusche und Jubelrufe der Akteurin auf dem Platz, Serena Williams, die auch bei ihrem zweiten Spiel in Indian Wells - sie gewann 6:2, 6:0 gegen Zarina Diyas - gefeiert wurde, als hätte sie gerade gleichzeitig Wimbledon und den Friedensnobelpreis gewonnen.

Doch ein bisschen war auch er gemeint, schließlich war er die prägende Figur bei der Rückkehr von Williams nach 14 Jahren Absenz. Er, das ist nicht Serenas Vater Richard und auch nicht Turnierdirektor Ray Moore. Er, das ist der amerikanische Milliardär Larry Ellison. Seine Vermittlung ist durchaus tauglich für eine Aufnahme in die engere Wahl für Friedenspreise - schien der Graben zwischen der Williams-Familie und diesem Turnier in der kalifornischen Wüste doch tiefer zu sein als der Grand Canyon.

Während des Endspiels im Jahr 2001 war die damals 19-jährige Serena belästigt, beschimpft und beleidigt worden, Richard Williams wollte dabei auch diskriminierende Worte gehört haben. Die Williams-Schwestern Serena und Venus boykottierten das Turnier seitdem, sie rückten sich offensiv in die Opferrolle, obwohl der Verdacht von damals - wegen der verletzungsbedingten Absage von Venus vor dem Halbfinale hieß es, Richard würde bei Partien seiner Töchter über die Siegerin bestimmen - bis heute nicht entkräftet wurde. Nie wieder, das betonten sie immer wieder, würden sie nach Indian Wells kommen.

"Bis zu meinem ersten Spiel war ich mir nicht sicher, ob es wirklich die richtige Entscheidung war", sagt Serena nun: "Die Liebe der Zuschauer bedeutet mir sehr viel, das gehört nun zu den stolzesten Momenten in meinem Leben." Der Rückkehr wird mittlerweile gesellschaftliche Bedeutung zugemessen, John McEnroe schlug gar ohne Ironie vor, Williams möge nach dem Karriereende für das Amt der US-Präsidentin kandidieren. Ihre Teilnahme wird als Zeichen gegen Rassismus gewertet, als Geste der Versöhnung und Vergebung.

Turniereigentümer Ellison war daran nicht unbeteiligt, er wollte Serena unbedingt zurück haben. Dabei steht er gemeinhin nicht im Verdacht, ein begnadeter Mediator zu sein. Er steht noch nicht einmal im Verdacht, ein netter Mensch zu sein. Als dem Gründer der Software-Firma Oracle das Sammeln von Autos, Yachten und Ehefrauen zu langweilig geworden war, spezialisierte er sich auf die Ausrichtung bedeutsamer Veranstaltungen in Sportarten, für die er sich begeistert. Beim Segeln etwa kaufte er sich beim Arbeiterverein Golden Gate Yacht Club ein, gewann 2010 den America's Cup und verwandelte die Regatta in ein Hightech-Wettrüsten, dessen Regeln er auch bei der nächsten Version 2017 auf den Bermudas bestimmen wird.

Es fehlte nur ein Anruf

2009 erwarb er die finanziell angeschlagene Anlage Indian Wells Tennis Garden und das Turnier gleich mit, das sich selbst als bedeutsamste Veranstaltung nach den vier Grand Slams vermarktet - doch Ellison soll sich mehrmals darüber echauffiert haben, was für ein Quatsch das sei, wenn bei den Frauen die beste und berühmteste Spielerin fehlt. Der ging es bei einer Rückkehr weniger um Ruhm und Reichtum, es ging ihr um Respekt.

Larry Ellison

Larry Ellison, Gründer der Software-Firma Oracle, verantwortet seit 2009 das Turnier in Indian Wells - und bat Williams persönlich, zurückzukehren.

(Foto: Eric Risberg/AP)

Sie nahm wohlwollend zur Kenntnis, vom Weltverband WTA nicht für den Boykott dieses Pflichtturniers bestraft zu werden. Sie empfand die Suspendierung des russischen Tennis-Präsidenten Shamil Tarpischew (der Serena und Venus als "Williams-Brüder" bezeichnet hatte) als Genugtuung. Was fehlte: ein Anruf des Indian-Wells-Eigentümers. Sie wollte von Ellison gebeten werden. Der organisierte eine Telefonkonferenz und erkundigte sich nach den Konditionen.

Williams' einzige Forderung war es, die Teilnahme selbst verkünden und damit auch die Deutungshoheit darüber behalten zu dürfen. In einem Essay für das Time Magazine beschrieb sie ihre Gefühle von damals ("Es fühlte sich an wie die größte Niederlage in meinem Leben - es ging nicht nur um Tennis, sondern um den Kampf für Gleichberechtigung"), sie zitierte den Freiheitskämpfer Nelson Mandela und aus dem Markus-Evangelium, sie schrieb über Vergebung. Nach dem ersten Spiel sagte sie: "Das fühlt sich an wie der größte Sieg meiner Karriere." Natürlich, denn nun sprechen die Menschen nicht mehr über mögliche Manipulationen von damals, sondern über eine gutmütige, großherzige Frau.

Für Serena Williams und sehr viele Zuschauer mag die Rückkehr tatsächlich eine Bedeutung beinhalten, die über eine Teilnahme an einem Tennisturnier hinausgeht. Ein Blick auf das Turnier-Tableau verrät jedoch auch, was Larry Ellison damit bezweckte: Venus nämlich boykottiert diese Veranstaltung noch immer, sie wird in der aktuellen Weltrangliste aber auch nur auf Platz 17 geführt. Ellison, so heißt es, habe sich nicht um ihre Rückkehr bemüht. Ihm ging es nicht darum, ein Zeichen zu setzen gegen Rassismus oder für den Friedensnobelpreis nominiert zu werden. Er wollte, dass sein Turnier durch die Attraktion im Frauentennis aufgewertet wird. Das hat er geschafft.

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