Rückkehr des früheren Bayern-Talents:"Hallo, hier ist Berkant Göktan"

TSV 1860 München - Eintracht Braunschweig

Dribbelte einst für die Löwen, nun versucht er in Heimstetten einen Neuanfang: Berkant Göktan.

(Foto: dpa)

Dem früheren Dribbler des FC Bayern und 1860 München wurde eine große fußballerische Zukunft vorausgesagt. Doch zu oft stand er sich selbst im Weg. Nun ist Berkant Göktan zurück in Deutschland - beim Viertligisten Heimstetten.

Von Marco Maurer

Michael Matejkas Handy klingelt am Dienstag andauernd. Münchner Boulevardzeitungen, Kicker, 11 Freunde und viele andere Journalisten weiterer Medien hatte Matejka schon am Apparat.

Denn am Tag zuvor machte die Information die Runde, dass Berkant Göktan, der ehemalige Profi des FC Bayern und des TSV 1860 München, vielleicht auf Deutschlands Fußballplätze zurückkehren wird. Allerdings nicht bei einem Profiverein, sondern wohl beim Regionalligisten SV Heimstetten, dem Matejka als Abteilungsleiter vorsteht.

In besagter Nachricht hieß es, am Dienstag stünden "finale Gespräche an". Der Informant: Göktans Bruder Bülent. "Finale Gespräche?" - davon will SV-Abteilungsleiter Matejka nichts wissen. "Es stimmt, dass Berkant seit zwei Wochen bei uns trainiert." Aber ob Göktan jemals ein Pflichtspiel für den Viertligisten bestreiten wird, stehe in den Sternen. "Wir haben eine Vereinbarung - mehr nicht!"

Göktan sorgt so wieder einmal für Irritationen, und ein bisschen passt das auch zu seiner Vita. Der in München geborene Deutsch-Türke polarisierte immer wieder. In den Archiven taucht sein Name zum ersten Mal 1997 auf, als 16-Jähriger. Damals hieß es bereits, er sei "eines der hoffnungsvollsten Talente Deutschlands überhaupt" und einer, "der Tore garantiert".

Mit 17 spielte Göktan für den FC Bayern in der Champions League gegen Manchester United. Damals wie heute: Göktans Karrierehöhepunkt. Er war einer dieser Jungen, die man "ewiges Talent" nennt.

Nach mehreren eher verkorksten Stationen als Profi im In- und Ausland blitzte dieses noch einmal auf, zwischen 2006 und 2008 erzielte er in 37 Zweitliga-Spielen 20 Tore für 1860. Trotz seiner roten Vergangenheit liebte das blaue Publikum bei den Löwen den Artisten. 2008 kündigte ihn Sechzig, Kokainmissbrauch.

Göktan fand einen Unterschlupf bei Muangthong United in Thailand. Ein mediales Comeback in Deutschland hatte Göktan dann vergangenen Winter, als er in einem Interview nicht nur ankündigte, er habe eine thailändische Frau, die buddhistischen Lehre und die chinesische Heilkunst für sich entdeckt, sondern vor allem ein Comeback bei 1860 im Auge. Woraufhin eine Facebook-Seite mit dem Namen "Holt Berkant Göktan zu 1860 zurück!" regen Zulauf erhielt.

Allerdings sagten damals auch Ismanings ehemaliger Trainer Frank Schmöller und Heimstettens Matejka, sie könnten sich Göktan in ihren Teams vorstellen. Vor drei Wochen klingelte dann bei Matejka das Handy.

Erst Gespräch und Probetraining, dann Passantrag

"Hallo, hier ist Berkant Göktan", bekam Matejka durch den Hörer gesagt. Der Abteilungsleiter stand gerade am Trainingsplatz. Wenige Tage später setzten sie sich zusammen, und am Ende des Gesprächs sagte Matejka zu Göktan: "Hier, du kriegst einen Trainingsanzug. Und in ein paar Wochen schauen wir mal, ob und wie es weiter geht bei uns." Vorher wollte Matejka sowohl dem Mannschaftsrat als auch Trainer Rainer Elfinger um Einverständnis bitten. Seit zwei Wochen trainiert Göktan mit. Bisher scheint alles reibungslos zu verlaufen.

"Ich bin ein Fan von zweiten Chancen", sagt Matejka über seine Beweggründe. Göktan habe zwar "eine Vergangenheit", aber sie interessiere ihn nicht. Er glaube vielmehr an das etwa halbstündige "vernünftige" Gespräch mit Göktan.

FC Erzgebirge Aue - TSV 1860 München

Göktan hatte beim TSV 1860 eine bombastische Zeit. In 37 Spielen schoss er 20 Tore.

(Foto: Woitas/dpa)

Daraufhin wurde beim Bayerischen Fußball-Verband ein Passantrag gestellt. Dieser Umstand klingt wiederum nicht gerade nach einer vagen Idee. Aber Matejka beschwichtigt, es sei noch nicht einmal sicher, ob Göktan überhaupt spielberechtigt sei. Denn Göktan ist offiziell als Profi eingestuft, er müsste "reamateurisiert werden".

Ob das in der laufenden Saison möglich ist, wird gerade geprüft. Über einen Vertrag wurde somit angeblich noch nicht gesprochen. Göktan habe zudem gesagt, er "wolle nicht, dass etwas in der Zeitung steht", weswegen er Matejka bat, allen Journalisten auszurichten, er habe "momentan kein Interesse an einem Interview."

Das hätte er aber wohl auch seinem Bruder Bülent sagen sollen. In der AZ sagte der nämlich, sein Bruder betrachte den SV als "Durchgangsstation" vor einer erneuten Profikarriere. Buddhistische Demut hört sich anders an. Matejka sagt dazu nur: "Profi? Quatsch! Berkant hat viereinhalb Jahre keinen Fußball gespielt."

Mittlerweile hat Göktan sein Schweigegelübde gebrochen. Dem Kicker sagte er: "Ich habe natürlich ein wenig Muskelkater, aber es ist ein wunderbares Gefühl wieder auf dem Platz zu stehen. Ich bin toll aufgenommen worden und das Niveau ist hervorragend."

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