Rosbergs Sieg in der Formel 1:Genug gedemütigt

Spanish Grand Prix 2015

Überragend in Barcelona: Nico Rosberg.

(Foto: REUTERS)
  • Endlich vor Lewis Hamilton: Nach schwierigen Wochen feiert Nico Rosberg in Barcelona seinen ersten Sieg 2015.
  • Hamilton holt Platz zwei, Sebastian Vettel wird Dritter - und beschwert sich nur kurz.
  • Hier geht es zu den Ergebnissen aus Barcelona.

Von René Hofmann, Barcelona

Als Nico Rosberg am Donnerstag an den Circuit de Catalunya kam, wurde er gefragt: Woran es liege, dass ihm in dieser Formel-1-Saison noch kein Sieg geglückt sei. Obwohl er doch das beste Auto im Feld bewegen dürfe. Obwohl er im vergangenen Jahr fünf Mal gefeiert hatte. Und obwohl sein Teamkollege Lewis Hamilton bereits drei Triumphe geglückt waren. Rosberg, das war deutlich zu spüren, wollte nicht ins Detail gehen. Seine Antwort auf alle Fragen zu dem Thema: "Ich hatte einfach noch kein perfektes Wochenende."

Das fünfte Formel-1-Wochenende in diesem Jahr kam dem dann aber ziemlich nahe. Rosberg, 29, gewann den Großen Preis von Spanien von der Pole-Position aus. Zweiter wurde Hamilton, Dritter Ferrari-Fahrer Sebastian Vettel. Durch den Erfolg verkleinerte Rosberg den Rückstand auf Hamilton in der Fahrerwertung um sieben Zähler und vergrößerte seinen Vorsprung auf Vettel um zehn. Zum Klassiker in Monte-Carlo an Pfingsten reisen die drei nun in der Reihenfolge: 1. Hamilton/111 Punkte, 2. Rosberg/91 Punkte, 3. Vettel/80 Punkte.

"Ich bin sehr, sehr happy"

Die Genugtuung, die Rosberg empfand, lässt sich in WM-Punkten aber nur unscharf erfassen. "Ich bin sehr, sehr happy", sagte Rosberg. "Das war ein schwieriges Wochenende für mich", gab Hamilton zu. "Wir haben alles gegeben, mehr war heute nicht möglich", sagte Vettel, der sich während des Rennens über das Verhalten der zu Überrundenden beschwert hatte, diese Klage aber nachher relativierte: "Als Rennfahrer meckert man immer über irgendwas. Vor allem als Deutscher."

Der erste wichtige Schritt zum Sieg war Rosberg bereits am Samstag geglückt. In der Qualifikation brach er erstmals Hamiltons Lauf. Der 30 Jahre alte Brite hatte zuvor bei jeder Gelegenheit in diesem Jahr den besten Startplatz erobert. In Spanien unterlag er Rosberg, weil dieser sein Auto besser auf die wechselhaften Streckenbedingungen abstimmte - und im entscheidenden Moment konzentriert blieb. Im zweiten Qualifikationsdurchgang schoss Rosberg sich mit einer beeindruckenden Runde auf die entscheidenden Runden im dritten Durchgang ein. In diesem waren dann seine beiden fliegenden Runden schneller als Hamiltons. Beeindruckt sprach Niki Lauda, der Chef des Aufsichtsrats des Mercedes-Teams, vom Ende der "Demütigungen".

Und in diesem Stil ging es am Sonntag weiter. Rosbergs große Stärke im vergangenen Jahr war seine Qualifikationsleistung gewesen; elfmal hatte er die Pole-Position erobert. Rosbergs große Schwäche 2014: die Quote, mit der er vom besten Startplatz aus zum Sieg gezogen war. Von der Pole-Position waren ihm lediglich drei Siege geglückt. Sein Teamkollege Hamilton hatte die große Chance dagegen sechsmal genutzt und nur einmal vergeben.

An der Startampel in Spanien kämpfte Rosberg deshalb nicht nur damit, den Überblick über mehr als eine Handvoll Schalter, Knöpfe und Wippen am Lenkrad zu behalten. Er kämpfte auch gegen den Ruf, ein schlechter Starter zu sein. Um dem entgegenzuwirken, hatte er mit seinen Ingenieuren extra eine neue Kupplung ausgetüftelt, die zuverlässiger beißen sollte. Aber die Augenblicke vor den rot leuchtenden Lichtern an der Ampel waren doch bange. Zumal Hamilton angekündigt hatte: "Hier ist das Überholen sehr, sehr schwierig. Aber am Start und bei den Boxenstopps habe ich vielleicht eine Chance, vorbeizukommen." Nun, am Start hatte er keine.

Ferrari spielt bei der Jagd keine Rolle

Als die Lichter erloschen, blieb Rosberg unbehelligt. Makellos zog er davon und bog als Erster in die erste Kurve. Dahinter verlor Hamilton seinen zweiten Platz an dem direkt hinter ihm gestarteten Vettel. Eine Szene, die eher seinen Ruf beschädigte: den, ein guter Starter zu sein. In Hamiltons Mercedes war die gleiche Kupplung verbaut wie in Rosbergs.

Die Reihenfolge - 1. Rosberg, 2.Vettel, 3. Hamilton - hatte lange bestand. Für die Gewaltigen am Mercedes-Kommandostand zu lange. "Wir müssen Vettel überholen", wurde Hamilton am Funk aufgefordert. Der gab zurück: "Das ist so gut wie unmöglich. Wir müssen uns was anderes einfallen lassen!" Die Konsequenz: Die Taktiker wählten für ihn eine andere Strategie als für Rosberg. Hamilton wechselte die Reifen drei Mal, Rosberg stoppte so oft wie Vettel: nur zwei Mal. Durch den Kniff schaffte Hamilton es an Vettel vorbei. Am Ende hätte er Rosberg noch gerne attackiert, aber der Kommandostand hielt ihn zur Zurückhaltung an: "Lass es ihm!"

Alonso fährt fast einen Mechaniker um

Ferrari spielte bei der Jagd auf den Sieg keine Rolle. Die Hoffnung der Scuderia, mit einer großen Modellpflege näher an Mercedes heranzukommen - sie erfüllte sich nicht. Vettels Teamkollege Kimi Räikkönen hatte den neuen Frontflügel und den neuen Unterboden an seinem Auto bereits am Samstag wieder abbauen lassen. Im Rennen wurde der Finne Fünfter hinter Williams-Lenker Valtteri Bottas.

Andere bemerkenswerte Nebendarsteller: Lokalmatador Fernando Alonso, der seinen McLaren mit einem Bremsdefekt abstellen musste, nachdem er beim Boxenstopp fast einen Mechaniker umgefahren hatte. Und Nico Hülkenberg, dessen Force-India-Team in der dreiwöchigen Pause zuletzt nicht nur keine Fortschritte glückten, sondern das ganz ans Ende des Feldes zurückfiel. Hülkenberg wurde vom enttäuschenden Startplatz siebzehn aus enttäuschender Fünfzehnter.

Ein perfektes Wochenende erlebte wirklich nur einer: Nico Rosberg. Seine Hoffnung: Dass es nun mit ihm weiter bergauf geht, so wie zur gleichen Zeit im vergangenen Jahr. Damals eroberte Rosberg in der Frühsommerfrische fünf Mal die Pole- Position und ihm glückten drei Siege.

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