Rosberg-Sieg in Mexiko:Hamilton wütet gegen die Taktiker

Rosberg-Sieg in Mexiko: Nico Rosberg (r.) feiert seinen Sieg in Mexiko. Weltmeister Lewis Hamilton schaut wenig begeistert.

Nico Rosberg (r.) feiert seinen Sieg in Mexiko. Weltmeister Lewis Hamilton schaut wenig begeistert.

(Foto: AFP)

Von René Hofmann

Für Nico Rosberg war es ein Prestigeerfolg. Der 30 Jahre alte Mercedes-Fahrer hat den Großen Preis von Mexiko gewonnen, das erste Formel-1-Rennen in dem Land seit 23 Jahren. Was Rosberg dabei am meisten freuen dürfte: Zweiter wurde sein Teamkollege Lewis Hamilton, 30, der bereits seit einer Woche als Champion 2015 feststeht. "Das ist unglaublich. Es war ein großartiges Rennen und ein großartiger Kampf mit Lewis", sagte Rosberg nach dem Start-Ziel-Sieg. "Nico ist ein tolles Rennen gefahren", gratulierte Hamilton.

Nach dem USA-Grand-Prix eine Woche zuvor hatte es viel Gesprächsbedarf gegeben. Rosberg hatte sich beschwert, dass Hamilton bei einer Blockade in der ersten Kurve gegen Absprachen verstoßen habe - und eine Aussprache gefordert. Hamilton hatte kühl zurückgegeben: Er sehe "dafür keinen Grund". Und mit dem Selbstbewusstsein eines nun dreimaligen Weltmeisters hatte der Brite angefügt, es sei im Moment eben "keine gute Idee, neben mir zu fahren".

Das Duell zwischen den beiden war also geladen, auch im 17. Rennen 2015. Es geht bereits darum, das Revier für 2016 zu markieren. Auch dann werden die beiden für Mercedes an den Start gehen. Rosberg war nach der Niederlage in Austin/Texas mit der Absicht auf Revanche in den Süden gereist. Eine erste glückte ihm am Samstag: Zum vierten Mal nacheinander ließ er in der Qualifikation Hamilton hinter sich und eroberte die Pole-Position.

Rosberg lässt sich nicht überrumpeln

Vom besten Startplatz aus glückte Rosberg ein guter Start. Auf dem Weg in die erste Kurve ließ er Hamilton dieses Mal keine Chance, sich neben ihn zu setzen. Entsprechend ging es dahin: 1. Rosberg, 2. Hamilton. Dahinter sorgte vor allem einer für Turbulenzen: Ferrari-Fahrer Sebastian Vettel. Der dreimalige Weltmeister geriet beim Start an den Red Bull von Daniel Ricciardo und zog sich einen Plattfuß zu. Vom Ende des Feldes aus startete Vettel anschließend eine Aufholjagd.

Bei dieser übertrieb er es aber. In der 20. Runde drehte er sich, in der 40. wurde er überrundet. In Umlauf 53 war Vettels Rennen dann zu Ende: Er verlor die Kontrolle über seinen Wagen und rutschte in die Streckenbegrenzung. Von dort funkte Vettel Entwarnung: "Ich bin okay." Es war das erste Mal seit dem Österreich-Grand-Prix 2014, dass er es nicht ins Klassement schaffte. Auch sein Ferrari-Kollege Kimi Räikkönen fiel aus.

Als Folge des Vettel-Ausrutschers kam das Safety Car, stauchte das Feld zusammen und beendete Rosbergs Solofahrt. Plötzlich hatte er seinen Teamkollegen, dem er zuvor komfortabel enteilt war, wieder unmittelbar hinter sich. Und Hamilton war zornig. Vom Kommandostand aus war ihm kurz zuvor ein zweiter Boxenstopp befohlen worden. "Aus Sicherheitsgründen", so die Begründung, musste Hamilton Rosbergs Beispiel folgen und sich für die finalen Runden auf dem Autódromo Hermanos Rodríguez frische Pneus holen.

Hamilton ignoriert die Anweisungen

Hamilton sah diese Vorgabe erst mit Verzögerung ein. Die erste Anweisung, in die Boxengasse zu biegen, ignorierte er und ließ seine Crew mit den beheizten Reifen in den Händen warten. Seine Kalkulation: ohne den Reifenwechsel hätte er es an Rosberg vorbeischaffen und den Sieg mit einer gewagten Ein-Stopp-Strategie an sich reißen können. "Dein erster Reifensatz war komplett abgefahren", warnte ihn der Stratege am Mercedes-Kommandostand. Aber auch diese Begründung überzeugte Hamilton nicht wirklich: "Prüft bitte, wie viel Profil noch auf den Reifen ist und lasst es mich wissen!", herrschte er im Befehlston sein Team an, als er schließlich doch zum Pneu-Tausch abbog.

Die Frage, wie sehr der Rennstall Rosberg bei den noch ausstehenden Rennen in São Paulo/Brasilien am 15. November und beim Saisonfinale am 29. November in Abu Dhabi unterstützen soll, darf oder muss - sie dürfte die Team-Gewaltigen in den kommenden Tagen noch beschäftigen. "Es war überhaupt keine Strategie dabei", versuchte Teamchef Toto Wolff Hamiltons Bedenken zu entkräften. "Das Team hat richtig entschieden", meinte auch Team-Aufsichtsratschef Niki Lauda.

Als das Safety Car das Rennen für den Sprint bis zum Ziel freigab, setzte Hamilton Rosberg entschlossen nach. So entschlossen, dass er Rosberg - wie in Austin - in einen Fehler trieb. Anders als in Austin aber konnte Hamilton von diesem nicht profitieren - weil ihm selbst ein Ausrutscher unterlief. Unter großen Mühen glückte es Rosberg, mehr als eine Sekunde zwischen sich und Hamilton zu legen. Bei diesem Abstand durfte Hamilton den Heck- flügel nicht flach stellen und diese oft entscheidende Überholhilfe nicht nutzen.

Bestzeit Hamilton, Bestzeit Rosberg - unerbittlich trieben die beiden sich gegenseitig an. Nach 71 Runden stand fest: Rosberg glückte der zwölfte Sieg seiner Formel-1-Karriere, knapp zwei Sekunden vor Hamilton und knapp 15 Sekunden vor Williams-Lenker Valtteri Bottas.

Mit dem vierten Saisonerfolg schafft Rosberg es in der Fahrerwertung wieder an Sebastian Vettel vorbei auf den zweiten Rang (Rosberg kommt auf 272 Punkte, Vettel hat 251). Im Ziel wurde der Mercedes-Mann von den mehr als 100 000 Zuschauern in der Arena mit "Nico, Nico"-Sprechchören gefeiert. Es war ein Empfang wie für einen Champion. Hamilton gratulierte artig, aber nicht ausführlicher als unbedingt notwendig. Für ihn war es die erste Niederlage auf der Rennstrecke seit dem Großen Preis von Ungarn Ende Juli. Für Rosberg war es eine wirklich große Bestätigung: Er kann den Weltmeister doch bezwingen.

"Lewis ist super gefahren. Er war immer eng dran, aber ich habe es kontrollieren können", bilanziert er zufrieden.

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