Ronaldo bei Real Madrid:Gefroren in der Helden-Pose

Ronaldo bei Real Madrid: Cristiano Ronaldo In Denkerpose - keine Angst: Ist nur ein "viraler Gag" namens "Mannequin Challenge".

Cristiano Ronaldo In Denkerpose - keine Angst: Ist nur ein "viraler Gag" namens "Mannequin Challenge".

(Foto: Gerard Julien/AFP)

Cristiano Ronaldo zelebriert seine drei Tore im Madrider Derby und erntet die Wut des Publikums - doch ein Video von Portugals Verband erweckt Zweifel am Ego-Image.

Von Javier Cáceres

Die Pose ist das Geschäft des Cristiano Ronaldo, immer schon gewesen. Es dürfte kaum je einen Fußballer gegeben haben, der eine derart intensive Beziehung zu eigenen Spiegelbild gepflegt hat wie der portugiesische Beau; bei Manchester United ließ er sich einst sogar den Spind geben, der dem Kabinen-Spiegel am nächsten gelegen war. Am Samstagabend war Ronaldos Mannschaft, Real Madrid, beim Stadtnachbarn Atlético zu Gast. Ronaldo erzielte beim 3:0 alle drei Tore. Doch was in Erinnerung blieb, war weniger die Machart der Treffer, als die Art, wie Ronaldo sie feierte. Insbesondere nach dem zweiten, als er eine Kamera hinter dem Tor suchte, sich in Denker-Pose warf und wie schockgefroren in die Linse schaute, als wollte er einen Beitrag zu der seltsamen "Mannequin-Challenge"-Mode leisten, die gerade im Internet grassiert. Ronaldo wurde darob im Calderón-Stadion so vehement ausgepfiffen wie später, als er in der 83. Minute ausgewechselt wurde. Doch die Proteste glitten an ihm ab wie Körper-Öl. Der Zorn der Nachbarn ist ihm eine der liebsten Anerkennungen.

Die andere ist der Ballon D'Or, der Goldene Ball, der dem besten Fußballer des Jahres übergeben wird. "Ich hatte nie Zweifel daran, dass Ronaldo der Beste ist. Seit heute ist die Debatte beendet", sagte Reals Trainer Zinédine Zidane, dessen Team die Tabelle mit vier Punkten vor dem FC Barcelona und neun Punkten vor Atlético anführt. "Wer jetzt noch an Cristiano zweifelt, soll sich die Wiederholung des Spiels im TV anschauen", rief Real Madrids Linksverteidiger Marcelo.

Zweifel? Die hatte Ronaldo eigentlich schon im Sommer beseitigt: Ende Mai sorgte er dafür, dass Real den elften Champions-League-Triumph seiner Klubgeschichte feiern konnte, im Finale verwandelte er im Elfmeterschießen gegen Atlético den letzten Strafstoß. Wenig später führte er Portugals Nationalelf bei der Europameisterschaft in Frankreich zum ersten internationalen Titel überhaupt, während sein ewiger Widersacher Lionel Messi (der am Samstag wegen Brechreiz beim 0:0 des FC Barcelona gegen Málaga fehlte) die Copa América mit Argentinien verspielte. Portugals Triumph spielte auch am Wochenende eine Rolle: Portugals Verband FPF gab ein Video frei, das Ronaldo nach dem EM-Finale im Stade de France bei einer Ansprache zeigt, die seine mitunter manisch wirkende Egozentrik relativierte: "Vergesst die individuellen Trophäen, die Champions League. Dies hier ist der glücklichste Moment meines Lebens", rief Ronaldo seinen Mannschaftskameraden zu.

Real mit bester Saisonleistung ohne Toni Kroos

Nach dem Sommer lief Ronaldo lange seiner Form hinterher. Das ist nun vorbei. Gut, der Freistoß, den er gegen Atlético nach 23 Minuten zur Führung verwandelte, war abgefälscht; und den Foulelfmeter, den er in der 71. Minute nach einem Zweikampf mit Savic zugesprochen bekam, hätte man selbst nach Ansicht der Real-Madrid-treuen Blätter Marca und As nicht geben dürfen. "Der Elfmeter hat uns aller Illusionen beraubt", sagte Atléticos Trainer Diego Simeone. Davon unbenommen blieb, dass Real Madrid und Ronaldo ihre wohl beste Saisonleistung zeigten, obwohl der deutsche Nationalspieler Toni Kroos, der defensive Mittelfeldmann Casemiro und Innenverteidiger Sergio Ramos fehlten.

Für die Atlético-Fans war die Niederlage doppelt und dreifach schmerzhaft: Weil es die erste Heimniederlage seit September 2015 war, und weil es das letzte Liga-Derby im 50 Jahre alten Calderón-Stadion war. Im kommenden Sommer will Atlético in eine neue Arena umziehen. "Unser Erbe wird ewig sein", hieß es auf einem Banner, das die Atlético-Fans vor der Partie ausgebreitet hatten, und auf dem ein Vater mit Sohn vorm Calderón-Stadion zu sehen waren. Doch ewig ist wohl auch die Heldenrolle des Cristiano Ronaldo, der nun 18 Derby-Tore erzielt hat und somit eins mehr als Real Madrids große, verstorbene Legende Alfredo Di Stéfano.

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