Ronaldinho und Kollegen:Surfer mit Sonnenbrille

Vor dem entscheidenden Spiel in der Champions League: Der FC Barcelona empfängt seinen Herausforderer aus Deutschland mit großem Respekt. Zurecht

Javier Cáceres

Sieht so ein Weltstar aus? Ronaldinho kommt zur Tür herein, und er macht es einem ziemlich schwer. Wo soll man zuerst hinschauen? Auf die schwarze Mütze? Auf die braune Kapuzenjacke? Auf die dunkle Sonnenbrille, die ziemlich lustig wirkt im dunklen Presseraum des Stadions Camp Nou? Oder auf die riesigen goldene Kette mit dem noch riesigeren Kreuz? Man könnte auch auf seine Hände schauen, die sich zum Surfergruß formen, und wer will, kann nebenher auch hören: "Ich gehe das Spiel gegen Werder Bremen mit dem gleichen Vertrauen an wie immer", sagt Ronaldinho.

Ja, so sieht ein Weltstar aus, oder besser: So soll einer aussehen. Natürlich ist das eine Inszenierung gewesen am Montagabend in Barcelona, und vermutlich dürfen die Bremer das als Kompliment nehmen. Nicht jeder Gegner ist es wert, dass Ronaldinho sich so in Schale wirft.

Aber sie haben es offenbar für nötig befunden, diesen kessen Deutschen mal zu zeigen, wie cool und locker sie sind vor diesem großen Spiel. Sie haben ja sehr wohl die selbstbewussten Sätze registriert, die aus Deutschland übermittelt wurden, und nicht zufällig hat auch Präsident Laporta schon vor zehn Tagen die Mitglieder ersucht, die Bremer durch ein volles Stadion einzuschüchtern.

Die Botschaft sei bei der Masse angekommen, sagt Josep Guardiola, jüngst zurückgetretenes Hirn der Barça-Elf, die 1992 den ersten Champions-League-Sieg des Klubs bewerkstelligte. "Das Stadion", sagt Guardiola, werde "voll sein bis unter den Fahnenmast".

Letzte Pleite vor 1324 Tagen

Mit derselben Gewissheit behauptet Guardiola, 35, dass Barcelona gegen den SV Werder siegen werde. "Natürlich fehlen Leute wie Eto'o oder Messi, aber wenn es eine Elf gibt, die verdient, dass man ihr zutraut, in Schlüsselspielen da zu sein - dann diese. Denn sie hat einen klaren Begriff davon, wie sie spielt, und das gibt ihr inneren Frieden."

1324 Tage werden am Dienstag seit Barças letzter Heimniederlage in Europa vergangen sein; mit einem Remis oder Sieg würde man den Rekord von 17 Spielen ohne Pleite einstellen, der noch aus der Epoche des "Dream Teams" stammt, wie die 92-er Elf von Johan Cruyff genannt wird. Damals wurde Barça als Titelverteidiger von ZSKA Moskau rausgeworfen, im Rückspiel hatte Barça 2:0 geführt und noch 2:3 verloren.

"Eine Dummheit", sagt Guardiola. Damit sich das gegen Werder nicht wiederholt, wurde am Samstag das Spiel in Levante (1:1) abgeschenkt. Ronaldinho blieb daheim, Deco wurde nach einem Traumtor ausgewechselt, und überhaupt waren alle mit den Gedanken woanders. Bei Werder.

Die Schonung der Stars ist in der Tat Ausdruck des Respekts, der Werder in Katalonien entgegengebracht wird, er ist allenthalben zu spüren: Etwa wenn Werders Trainer Thomas Schaaf in El País in eine Reihe mit Rijkaard, Mourinho, Ancelotti und Le Guen gestellt wird; wenn La Vanguardia meint, dass Werder dem FC Barcelona nichts zu neiden habe, "außer Ronaldinho und dem Heimvorteil".

Oder wenn man Guardiola über Werder reden hört. Er selbst hat 1993 gegen Bremen das europäische Supercup-Finale gewonnen. Eine typisch deutsche Mannschaft sei das damals gewesen, "wir wussten, dass wir zermalmt werden würden, wenn wir versuchen, mit ihnen physisch zu konkurrieren". Werders heutige Mannschaft wecke hingegen bei ihm "visuelle Sympathie", weil sie "einen kulturellen Gegenentwurf zum gängigen Standard des deutschen Fußball verkörpert - so wie Arrigo Sacchis AC Mailand ein Gegenentwurf zum italienischen Kanon war", sagt Guardiola. Er meint, dass Werder genau deshalb Barça weh tun könne.

Taktikschema vom Insider

Wie man das anstellt? "Es macht Barça rasend, den Ball nicht zu haben", sagt er. Man müsse von hinten heraus spielen und über jene Seite angreifen, auf der Ronaldinho nicht zurücklaufen muss. Dann nimmt er Block und Stift und zeichnet auf, wie die Defensivformation von etwa 90 Prozent der Mannschaften aussieht, die Barcelona gegenüberstehen. Nichts nutze Barça besser als jene Räume, die ein 4-2-3-1 System biete, doziert Guardiola.

Dann blättert er um und malt die Formation, die Barça am unangenehmsten sei, und heraus kommt das Schema einer Vierer-Abwehrkette mit offensiven Außenverteidigern, einer Raute im Mittelfeld, in der die strategische Last auf dem Spieler vor der Abwehr ruht - und zwei beweglichen Stürmer, die auch auf die Flügel ausweichen können. Es ist, als brauchte er nur noch die Namen der Werder-Spieler einzutragen.

Später, als Ronaldinhos Pressekonferenz endet, haben die Kollegen schon mit dem Training angefangen. Ronaldinho kommt später, das ist natürlich auch wieder ein Signal. Wir können uns das erlauben, soll das heißen, Respekt ist gut und schön, aber man muss es nicht gleich übertreiben.

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