Roger Federer in Wimbledon:"Ich bin traurig und wütend auf mich"

Roger Federer in Wimbledon: Gestrauchelt: Roger Federer verdreht sich im fünften Satz das Knie und geht zu Boden.

Gestrauchelt: Roger Federer verdreht sich im fünften Satz das Knie und geht zu Boden.

(Foto: Clive Brunskill/AP)

Roger Federer unterliegt Milos Raonic in fünf Sätzen und verpasst das Wimbledon-Finale. Besonders eine Szene will der Schweizer möglichst schnell vergessen.

Von Gerald Kleffmann, Wimbledon

Noch hat niemand ermittelt, wie viele Kilometer John McEnroe täglich im All England Club unterwegs ist, es müssen Dutzende sein. Der 57-jährige New Yorker übermittelt ja nun als siebenmaliger Grand-Slam-Sieger Milos Raonic sein Fachwissen als Coach, er kommentiert fürs TV, nimmt am Doppel-Event der Altstars teil, wäre es gewünscht, würde er für Rufus, den Wüstenbussard, die Tauben verjagen. Kein Problem sei dieser nicht unerwartete Aktionsradius, versicherte Raonic, der endlich auf den ganz großen Durchbruch hofft. Und tatsächlich erreichte der 25-Jährige, der in Carlos Moya noch eine ehemalige Nummer 1 als Trainer hat, sein erstes Grand-Slam-Finale.

Sein 6:3, 6:7 (3), 4:6, 7:5, 6:3 im Halbfinale am Freitag war ein Statement - er bezwang Roger Federer, den siebenmaligen Wimbledon-Champion. Auch Heidi Klum und ihr Freund Vito Schnabel, die in Raonics Box saßen, jubelten und klatschten Moya ab; McEnroe analysierte derweil für die BBC. Raonic trifft auf Andy Murray; der Schotte besiegte den Tschechen Tomas Berdych 6:3, 6:3, 6:3.

Federer verabschiedete sich mit einer Pirouette auf dem Centre Court, die Hände erhoben, klatschend, er zollte den Zuschauern Respekt, die ihm fast alle den 18. Grand-Slam-Triumph gegönnt hätten. Im Viertelfinale hätte Federer verlieren können, nach einem 0:2-Satzrückstand und drei Matchbällen für den Kroaten Marin Cilic. Im Semifinale hätte er nicht verlieren müssen, das sah er selbst so, "ich hatte meine Chancen, gerade im vierten Satz". Die schicksalhafte Ironie: "Das war ein unglaubliches Comeback", sagte diesmal sein Gegner, während Federer durchaus streng ins Gericht mit sich ging, weil ihn sein Aufschlag, vor allem sein zweiter, im Stich gelassen hatte in Match entscheidenden Momenten.

Federer stolpert sogar

Insbesondere bei 5:6, 40:0 im vierten Satz patzte er, zwei Doppelfehler folgten, er verlor das Service-Spiel zum Satzverlust, "ich bin traurig und auch wütend auf mich", gab er zu. "Ich habe ihm geholfen." Gleichwohl erkannte er die Leistung von Raonic an, "er wird eine Chance im Finale haben". Gerade mit den Aufschlaggeschossen, die meist die 200 km/h übertreffen, hatte Raonic Federer im fünften Satz zermürbt, der diesen leicht angeschlagen bestritt.

Zu Beginn des letzten Durchgangs hatte er sich am rechten Oberschenkel massieren lassen. Dann, bei 1:2, Einstand, stolperte er und fiel bäuchlings hin. Diesmal fasste er sich an sein im Frühjahr operiertes Knie, "ich möchte diese Aktion schnell vergessen", sagte er später und wirkte wirklich sehr enttäuscht über seine erst elfte Niederlage in Wimbledon. Nach der Behandlungspause hatte er ja das Break doch kassiert.

Sein Abtritt war aber kein Abschied für immer von seinem wichtigsten Arbeitsplatz, "ich will auf den Centre Court zurückkommen", sagte der 34-Jährige. Dann blickte er in die Reporterrunde und betonte halb amüsiert, halb giftig: "Um es klar zu machen für euch."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: