Roberto Di Matteo:Mann ohne Emotionen

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Schalkes Trainer ist ein Meister der Nüchternheit. Erreicht er damit sein Team? Clemens Tönnies wirbt derweil offensiv um Sami Khedira.

Von Milan Pavlovic, Gelsenkirchen

Die Worte kamen wie die eines Übersetzers, der gerade Nachrichten aus einer fernen Galaxie ins Deutsche zu transferieren hatte. "Es war ein wichtiger Erfolg. Es war ein sehr hartes und ein emotionsreiches Spiel." Der die gefühlskalt vorgetragenen Sätze sagte, war allerdings kein Übersetzer. Auch kein intergalaktischer Gast. Es war Schalkes Trainer Roberto Di Matteo, der gerade den verrückten und überaus glücklichen 3:2 (1:1)-Erfolg gegen Stuttgart in Worte fassen sollte. Man kann diese Nüchternheit in der notorisch überdrehten Fußballwelt angenehm finden. Man kann sich aber auch fragen, wie er mit dieser Art die Spieler erreicht.

Was das Spiel beantwortet hatte, war die Frage, wie verunsichert die Schalker nach der jüngsten Misserfolgsserie (sechs Spiele ohne Sieg) waren. Die Antwort hieß: sehr! Daran konnten weder die gemeinsamen Tage in der Hotel-Residence Klosterpforte im ostwestfälischen Marienfeld noch die frühe Führung etwas ändern. Sicher, nach dem flotten Ende von Klaas-Jan Huntelaars Torflaute (nach 1198 Minuten und freundlicher Unterstützung des Stuttgarters Georg Niedermeier) hatten die Gastgeber drei gute Chancen zum 2:0 - die größte durch den 19-jährigen Leroy Sané, der wieder den Vorzug vor Max Meyer erhalten hatte, aber frei vor Sven Ulreich scheiterte.

Boateng soll gehen, im Zweifel auch für wenig Geld

Doch kaum war Stuttgart der Ausgleich gelungen, wurde den Schalkern offenbar bewusst, wie verwundbar sie in diesem Frühjahr sind. Prompte Folge: weitgehend umständliches Ballgeschiebe und Lähmungserscheinungen im Spielaufbau. Wie sah Roberto Di Matteo das? "Man hat gesehen, dass das ein Rückschlag für die Mannschaft war." Der Rückstand habe "Unruhe ins Spiel gebracht", was zumindest die Untertreibung des Tages war.

Immerhin: Die Wende kam durch enormen Aufwand zustande, der die Fehler der Stuttgarter zwar nicht erzwang, aber zumindest provozierte. Allerdings mutete es doch etwas absurd an, dass der späte Siegtreffer ausgerechnet nach einem Schuss des eingewechselten Kevin-Prince Boateng fiel, der bekanntlich nach dieser Saison abgeschoben werden soll - wenn nicht gegen großes Geld, dann gegen irgendein Geld.

"Es wird einen Umbruch geben", sagte Schalkes Aufsichtsratsvorsitzender Clemens Tönnies in einem Interview mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Er redete zwar nicht über Boateng, aber dafür über Sami Khedira, den er unbedingt in seinem Team sehen will. "Ich halte ihn für einen Spitzenfußballer, der uns helfen würde." Über die Bühne bringen soll den Deal Manager Horst Heldt (Tönnies: "Ich stelle ihn nicht in Frage, aber ich spreche ihn auch nicht heilig"). Und dann legte Schalkes mächtigster Mann nach: "Ich würde mir Khedira wünschen, die finale Entscheidung aber trifft Horst Heldt." Ob Khedira kommt, und ob er dann feurige Anweisungen von Roberto Di Matteo bekommt, ist noch unklarer als die Frage, wie es aussieht, wenn Roberto Di Matteo wirklich einmal emotional wird.

© SZ vom 03.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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