Robert Lewandowski:Münchens wichtigster Oberschenkel

Bundesliga - Bayern Munich vs RB Leipzig

Robert Lewandowski (li.): Musste angeschlagen raus gegen Leipzig

(Foto: REUTERS)
  • Der FC Bayern ist zwar wieder Tabellenführer, doch die Auswechselung von Robert Lewandowski gegen Leipzig trübt die Stimmung.
  • "Ich denke, dass es nicht ganz so schlimm ist", sagt Jupp Heynckes und geht von einer Überlastung aus.
  • Nach der Münchner Kaderplanung darf eine Verletzung von Lewandowski niemals passieren - das ist ein Problem.

Von Martin Schneider

Joshua Kimmich ist ein fröhlicher Mensch. Er ist jung, erfolgreich, gerade freut er sich sehr auf das Spiel in Glasgow am Dienstag, weil das Champions League sei, sagt er. Weil die Stimmung im Celtic-Park so gut sein soll und er noch nie dort gespielt habe. Außerdem kickt Kimmich gerade in einer Mannschaft, die innerhalb kürzester Zeit aus einem Fünf-Punkte-Rückstand zur Tabellenspitze einen Drei-Punkte-Vorsprung gemacht hat.

Kleines Quiz: Wie müsste eine Frage lauten, dass so ein Spieler antwortet: "Ja, da würde ich mir Sorgen machen."

Schnelle Auflösung, die Frage war: "Würden Sie sich Sorgen machen, wenn Robert Lewandowski ausfällt?" Sie wurde gestellt, weil beim 2:0 der Bayern gegen Leipzig das passierte, was nach der Münchner Kadermathematik niemals passieren darf: eine Verletzung des besten und mehr oder weniger einzigen Stürmers.

Diagnose? "Wir können noch nicht sagen, was er genau hat"

Nun ging Lewandowski nach dem Spiel noch eigenständig und ohne Krücken durch die Interviewzone. Er sagte, in einer Szene rund um die 40. Minute habe es sich in seinem Oberschenkel wie bei einem Krampf angefühlt. Er denke, er könne am Dienstag spielen, aber er müsse die Untersuchung am Sonntag abwarten. Man muss aber dazu aber wissen, dass Robert Lewandowski offenbar ein relativ schmerzunempfindlicher Mensch ist.

Als er im vergangenen Jahr im Bundesligaspiel gegen Dortmund auf die Schulter fiel, meinte er unmittelbar nach dem Match, alles sei halb so wild, gegen Madrid könne er zu "100 Prozent spielen". Er konnte dann nicht spielen. Dass Trainer Jupp Heynckes ihn in der 44. Minute auswechselte (und nicht 60 Sekunden lang bis zur Halbzeit-Pause warten wollte), zeigte, wie fein die Antennen des FC Bayern auf das Wohlbefinden ihres einzigen Stürmers ausgerichtet sind.

"Wir können noch nicht sagen, was er genau hat. Ich denke, dass es nicht ganz so schlimm ist", gab Heynckes die bisher letzte Diagnose ab. Er rechne nicht mit einer "abrupten Muskelverletzung" sondern glaube eher an eine allgemeine Überlastung. "Das hat natürlich mit der Belastung der letzten Wochen zu tun. Er hat permanent gespielt, muss sich immer mit zwei bis drei Gegenspielern rumschlagen. Irgendwann zwickt dann der Muskel", meinte Heynckes.

Wriedt könnte demnächst wichtig werden

Der drohende Ausfall des Polen schlug sich aber doch auf die Stimmung nieder. "Es ist besorgniserregend, wenn so viele Offensivspieler ausfallen. Wir hoffen, dass es bei Lewi nicht so schlimm ist", sagte etwa Jérôme Boateng. Kimmich analysierte: "Wir haben nicht so die Optionen im Angriff", und Sebastian Rudy meinte: "Natürlich ist es schwer, wenn die Offensive ein Stück weit wegbricht."

Jedenfalls muss sich der FC Bayern nun mit einem möglichen Ausfall des Polen auseinandersetzen. Gegen Leipzig stand irgendwann gar kein Stürmer mehr auf dem Platz, stattdessen liefen Thiago und Arturo Vidal immer wieder in die Spitze. Das war ein Konzept, das in der Welt des Fußballs vor ein paar Jahren sehr modern war und nun wieder sehr unmodern ist: das Konzept der falschen Neun. Die Idee hatte ursprünglich Pep Guardiola, der damals beim FC Barcelona die Position ganz vorne leer ließ, stattdessen sollte Lionel Messi immer in den freien Raum laufen. Das sah avantgardistisch aus, in Deutschland probierte es Bundestrainer Joachim Löw mit Mario Götze immer wieder aus - aber letztendlich einigte man sich darauf, dass es doch besser ist, mit einer Fachkraft zu spielen, die darin ausgebildet wurde, den Ball über die Linie zu drücken.

Weil aber auch Thomas Müller verletzt ist, bleibt dem FC Bayern von diesen Spezialisten namens Stürmer nur noch einer: Kwasi Okyere Wriedt, 23 Jahre alt. Wriedt fiel Heynckes auf, als die Nationalspieler unterwegs waren und er im Training Spieler der zweiten Mannschaft einsetzte. Im Pokal gegen Leipzig wechselte Heynckes ihn dann ein, er köpfte gegen die Latte. Seitdem kennen auch Menschen seinen Namen, die sich nicht für die Regionalliga Bayern interessieren.

Wriedt stand nach dem Bundesliga-Spiel gegen Leipzig ein bisschen verlegen vor den Reportern. Er hatte zwei Rucksäcke dabei, weil ihn sein Sponsor vorsorglich mal mit Material ausgestattet hatte - könnte ja sein, dass der Junge bald wichtig wird. "Es ist schon viel eingeprasselt in den letzten Tagen", sagte Wriedt. Aber er finde es super. Trotzdem erfährt er immer erst donnerstags oder freitags, ob er überhaupt im Kader der ersten Mannschaft steht, verriet er. Vor einer Woche flog er freitags mit den Profis nach Hamburg und spielte sonntags im Amateurderby gegen 1860 München. In der Regionalliga hat er bislang neun Tore geschossen. Er ist damit bei einem Ausfall Lewandowskis aktuell der erfolgreichste Torschütze des FC Bayern München.

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