Robert Lewandowski:Der Einstieg ins Sommertheater

Robert Lewandowski: Hat sich quasi unentbehrlich gemacht: Robert Lewandowski beim FC Bayern.

Hat sich quasi unentbehrlich gemacht: Robert Lewandowski beim FC Bayern.

(Foto: AP)

Der FC Bayern will im Fall von Robert Lewandowski nicht erpressbar sein - aber bei einem quengelnden, bald 30 Jahre alten Stürmer gibt es eine Schmerzgrenze. Wie hoch die sein wird, hängt von der Alternative ab.

Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Sandro Wagner wird jetzt vermutlich sagen, okay, kann gehen, der Kollege, das schaffe ich künftig auch alleine. Aber wenn man diese steile These dann auf ihre Standfestigkeit prüft und dazu die Torjägerliste der Bundesliga zur Hand nimmt, dann offenbart sich das Problem: Robert Lewandowski steht oben, dann kommt lange nichts - und Sandro Wagner kommt noch länger nicht. Und dies, obwohl Wagner vorige Saison gar in zwei Klubs, in Hoffenheim und später beim FC Bayern, versucht hat, in der Rangliste der Ego-Shooter hoch hinauf zu klettern. Lewandowski hat 29 Treffer, Wagner steht bei zwölf, und Thomas Müller, der dritte Offensive der Münchner, kam mit gerade acht Toren ins Ziel.

Man darf schon davon ausgehen, dass sie beim FC Bayern diese Torjäger-Liste Posten für Posten seit längerem sehr genau studieren. Das gebietet ihre Sorgfaltspflicht, denn dass Lewandowski mit Hilfe seiner Berater kurz nach Saisonende massiv einen Wechselwunsch in Szene setzt, kommt in München so zuverlässig wie die Meisterschaft. Allerdings, und dies verschärft das Problem, ist beides, Lewandowski und die Meisterschaft, längst kausal miteinander verknüpft.

Karriere-Stationen von Robert Lewandowski

2005 - 2006 Delta Warschau (4. Liga)

2006 - 2008 Legia Warschau II (2. Liga)

2006 - 2008 Znicz Pruszkow (3./2. Liga)

2008 - 2010 Lech Posen (1. Liga)

2010 - 2014 Borussia Dortmund

seit 2014 FC Bayern München

17, 30, 30, 29 Treffer hat er in vier Spielzeiten erzielt, so sind Abhängigkeiten entstanden. Denn auch wenn seine Leistungen im Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid wie im ebenfalls verlorenen deutschen Pokalfinale gegen Frankfurt kritikwürdig waren, so ist Lewandowski eine Art personifizierte Garantie auf den nationalen Titel, auf die Pflicht-Trophäe, auf den Trostpreis zu jeder Saison.

Die Schmerzgrenze der Bayern dürfte hoch sein

Natürlich wollen die Münchner nicht erpressbar sein, aber auch sie ahnen ihre Schmerzgrenze, dafür sind sie Kaufleute genug. Jenes Limit, an dem es sich nicht mehr rechnen würde, bei einem ewig Quengelnden, der im August schon 30 wird, auf Vertragserfüllung bis 2021 zu pochen, zumal er dann ablösefrei gehen kann. Aber diese Schmerzgrenze ist hoch und definiert sich über die Alternative. Und auch wenn jetzt mancher meint, der FC Bayern müsse doch endlich in der Hundert-Millionen-Euro-Liga mitbieten, so fällt immer nur der selbe Name: Einer wie Antoine Griezmann, 27, müsse es sein. Wobei einiges vergessen wird: Der famose Franzose ist ein anderer Spielertyp, eher Konter- als Strafraumstürmer, zudem wird vor dessen fixiertem Transfer von Atlético Madrid zum FC Barcelona offenbar nur noch über die exakte Ablöse bei circa 120 Millionen Euro gestritten.

Und dann? Einer wie der quirlige Uruguayer Cavani steht in Paris vielleicht zum Verkauf, ist aber auch schon 31. Einer wie der Torjäger der Saison, der Ägypter Mo Salah, der im Sommer 2017 vom AS Rom zum FC Liverpool wechselte, ist jene Strafraum-Perle, nach der jeder fahndet, die aber in dieser Qualität sobald niemand mehr entdecken wird. Und in der Bundesliga? Von den Lewandowski-Verfolgern Petersen (15 Tore), Füllkrug, Uth, Volland (alle 14) kommt keiner in Frage. Allenfalls Nationalstürmer Timo Werner (13) von RB Leipzig wäre ein Kandidat, aber die Red-Bull-Eigentümer gelten als ähnlich stur wie der FC Bayern in der Lewandowski-Frage. Auf Transfergeld sind beide Klubs nicht angewiesen.

Lewandowskis lancierter Ich-will-hier-raus-Ausruf ist der Einstieg ins Sommertheater. Die WM wird die Preise treiben, denn Torjäger wissen, dass sie rar sind. Wie rar, das zeigt ein letzter Blick in die Bundesliga-Hitparade: Platz sechs für 13 Tore ging noch an Pierre-Emerick Aubameyang, Borussia Dortmund. Der fehlte eine halbe Saison lang, er stürmt seit Januar in London für den FC Arsenal.

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