Robert Almer:Versicherung gegen Sturm und Hagel

Robert Almer: "Er kann die Bälle gut abfangen": Torwart Robert Almer bei seiner vom Trainer gelobten Arbeit.

"Er kann die Bälle gut abfangen": Torwart Robert Almer bei seiner vom Trainer gelobten Arbeit.

(Foto: Martin Bureau/AFP)

Gegen Portugal rettet Torwart Robert Almer Österreich mit seinen Paraden.

Von Thomas Hummel, Paris

Julian Baumgartlinger verfehlt derzeit selten das Ziel. Im Pariser Prinzenpark behielt der Mittelfeldspieler als einer der wenigen Österreicher den Überblick und passte den Ball auch mal zum Mitspieler. Oft nahm er den Portugiesen den Ball ab, und wenn es sein musste, stieg er dem Gegenspieler gewissenhaft auf den Fuß. So war es kaum verwunderlich, dass Baumgartlinger derjenige war, der in der Causa David Alaba die treffenden Worte fand.

Alaba sollte ja der Fixstern im Team Austria sein. Der FC-Bayern-Profi war die große Hoffnung vor dieser Europameisterschaft, der einzige Spieler auf Weltniveau. Und dann wechselte ihn Trainer Marcel Koller gegen Portugal nach 64 Minuten aus. Als es beim Stand von 0:0 noch um Wohl und Wehe ging. Wie kann das sein? "Er macht sich selbst großen Druck, weil er ein großartiger und ehrgeiziger Spieler ist. Da muss man auch mal sagen: Junge, du brauchst nicht alles zerreißen." Sagte Julian Baumgartlinger.

Vielleicht übernimmt Trainer Marcel Koller diese Aussage einfach. David Alaba hatte ja mindestens verwundert reagiert: "Ich weiß nicht, warum mich der Trainer rausgenommen hat. Glücklich war ich nicht." Später setzte er seine übergroßen Kopfhörer auf und zog seinen Rollkoffer wortlos zum Mannschaftsbus.

Trainer Koller hielt stets zu Almer - obwohl der bei seinen Klubs nur im Schatten der Ersatzbänke lebte

Der Trainer Koller gab sich in Paris als Kenner der Fußball-Psychologie zu erkennen. Nachdem die Österreicher ohne Alaba und mit viel Glück die restlichen Minuten ohne Gegentor überstanden hatten, wollte er um keinen Preis schlechte Stimmung entstehen lassen. Davon hatten sie genug gehabt nach dem 0:2 gegen Außenseiter Ungarn. "Da waren wir zwei Tage lang geknickt und enttäuscht, da mussten wir die Spieler aufbauen", berichtete Koller. Dabei brauche man Selbstvertrauen, um gut Fußball spielen zu können. Durch das 0:0 gegen Portugal kann seine Mannschaft nun am Mittwoch gegen Island mit einem Sieg das Achtelfinale erreichen. Allein dieser Umstand sorgte fast für Euphorie. Auch wenn es wohl einer der glücklichsten Punktgewinne der EM-Geschichte war.

Koller hatte auf den Zusammenbruch gegen Ungarn mit einem Komplett-Umbau reagiert. Da der beste Abwehrspieler Aleksandar Dragovic gesperrt fehlte, ordnete er strenge Defensive an. "Jeder von uns hat sich ein bisschen in den Arsch gekniffen", erzählte Linksverteidiger Christian Fuchs. Tatsächlich boten die Österreicher zwar kein schönes Spiel, sie opferten sich aber im Abwehrkampf auf. Und einen Helden hatten sie auch dabei. Wenn auch einen, mit dem vorher niemand gerechnet hatte: Robert Almer.

Der Torwart rettete mehrmals für seine phasenweise konfusen Feldspieler. Die Zeitung Der Standard erhob ihn zur "Sturm- und Hagelversicherung des ÖFB" und war sicher, dass Almer auch Ronaldos "Penalty schnurgerade an die Stange mentalisierte". Ob er noch seinen Enkeln erzählen werde, wie er Cristiano Ronaldo stoppte, wurde Almer gefragt. Der durch und durch bodenständige Mann aus Bruck an der Mur konnte mit der Heldensaga indes wenig anfangen. "Da ich eh schon relativ alt bin, versuche ich, daraus Energie zu saugen", sagte er. Robert Almer ist 32 Jahre.

Gegen Island wird Almer sein 31. Länderspiel machen, das sind mehr Partien als er je für einen seiner Profiklubs bestritten hat. Ob in Düsseldorf, Cottbus oder Hannover - überall scheiterte Almer schnell. Er lebte meist im Schatten der Ersatzbänke. Nur Koller hielt zu ihm, er durfte sich in Paris bestätigt fühlen. "Wir haben seine Qualitäten gesehen, er ist sehr ruhig und kann durch seine Größe die Bälle gut abfangen und antizipieren", erklärte der Trainer. Seiner Ansicht nach könne Almer noch viel selbstsicherer auftreten.

Um gegen robuste Isländer auch offensiv selbstsicherer aufzutreten, wird Österreich David Alaba brauchen. Den echten David Alaba und nicht den, der da im Prinzenpark vor sich hinspielte. Er wirkte überhastet, übermotiviert und durcheinander. Der bald 24-Jährige trug kaum etwas zu einem strukturierten Angriffs- oder wenigstens Konterspiel bei. Nach dem Ausfall des Bremers Zlatko Junuzovic schob ihn Koller nach vorne, Alaba spielte im Zentrum, bei ihm sollte alles zusammenlaufen. "Es war schwer für ihn, diese neuerliche andere Position zu bearbeiten", entschuldigte Koller, um dann die Wahrheit bis an die Schmerzgrenze zu verbiegen: "Aus meiner Sicht hat er das sehr gut gemacht." Für schlechte Stimmung war der Trainer einfach nicht zu haben.

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