Ribéry und Robben:Die drängende Frage zu Bayerns Flügelzange

FC Bayern Muenchen v 1. FSV Mainz 05 - Bundesliga

Franck Ribéry (l.) und Arjen Robben sind beim FC Bayern München ein Indikator für die Form der ganzen Mannschaft.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Der FC Bayern München muss am Mittwoch bei Paris Saint-Germain antreten - es ist der wohl schwerste Gegner in der bisherigen Saison.
  • Früher konnten sich die Münchner ins solchen Duellen auf Franck Ribéry und Arjen Robben verlassen, doch die Topform der beiden Flügelspieler ist fraglich.

Von Benedikt Warmbrunn

Die Tür zu den Kabinengängen ging auf, heraus kam Luca Toni, und sofort verbreitete sich Glanz in den Gängen der Münchner Arena. Die dunklen Haare nach hinten gewellt, im Gesicht ein gepflegter Sechs-Tage-Bart, so lief er zum Ausgang, Küsschen für ein paar Journalisten, das Leben kann so leicht sein. Luca Toni war in München, weil er am Tag zuvor auf dem Oktoberfest zu feiern hatte, beim Abend der Legenden, mit sog. Legenden wie Giovane Elber oder Miroslav Klose, von denen, mit Verlaub, weiterhin keiner so blendend aussieht wie Luca Toni. Der Italiener ist inzwischen 40 Jahre alt, nach seiner Zeit in München hat er in sechs Jahren noch für sieben Vereine gespielt, er hat sogar geheiratet, doch nun, an diesem für den FC Bayern eher unerfreulichen Abend, war sein Glanz eine Erinnerung an eine Zeit, in der alles etwas leichter wirkte.

Als Luca Toni erstmals für den FC Bayern spielte, erlebte er den Aufbruch in eine neue Zeit mit, Luca Toni traf gegen Rostock einmal, die sog. Legende Miroslav Klose zweimal, aber um die Stürmer ging es an jenem Augusttag 2007 nicht. Es war der Aufbruch in die Ära des Flügelspiels des FC Bayern. Neben Luca Toni debütierte auch ein gewisser Franck Ribéry, der die seitliche Ausrichtung des Spiels salonfähig machte. Zwei Jahre später kam ein gewisser Arjen Robben dazu, Luca Toni war gerade verletzt, er musste dann auch bald gehen, was kaum jemanden störte: Es gab ja jetzt diese Flügelzange beim FC Bayern.

Sieben Vereine und eine Hochzeit später schaute Luca Toni also wieder mal beim FC Bayern vorbei. Es hat sich einiges verändert im Verein, eines aber ist geblieben: die Flügelzange. Nur durfte Luca Toni am Freitagabend beobachten, dass diese erstmals vor ungewissen Zeiten steht.

Das 2:2 des FC Bayern im Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg hat viele Fragen aufgeworfen über die näheren Aussichten der Mannschaft. Wie stabil ist sie zurzeit? Wie schwer wiegt der Ausfall von Torwart Manuel Neuer? Wie lange reicht es noch, so sehr auf die Tore von Robert Lewandowski zu vertrauen? Doch weil an diesem Mittwoch die erste ernsthafte Prüfung ansteht, das Auswärtsspiel in der Champions League bei Paris Saint-Germain, war die drängendste Frage vielleicht die, wie es um die gute, alte Flügelzange steht.

Bayern braucht Ribéry und Robben in Topform

Traf der FC Bayern auf einen schweren Gegner, war jahrelang immer zu hören: Mit Ribéry und Robben wird das schon. Die Dribblings, die Tricks und die Tore von Rib & Rob, das war fast ein Jahrzehnt lang das Markenzeichen der Mannschaft, das, was sie unberechenbar gemacht hat. Vor der Partie in Paris sind sich auch alle einig darin, dass die gute, alte Flügelzange in Topform entscheidend sein kann im Duell mit einem Gegner, der ebenfalls über beachtliche Flügelspieler verfügt. Nicht ganz so einig sind sich alle dagegen, ob Ribéry und Robben gerade in Topform sind.

Dass der FC Bayern gegen Wolfsburg trotz einer 2:0-Führung nicht gewonnen hat, lag natürlich nicht allein an den Flügelspielern. Nachdem Lewandowski das 1:0 erzielt hatte (33.), war es Robben, der die Wade von Rafinha traf, die wiederum den Ball zum 2:0 ins Tor abfälschte (42.). Beim 1:2 waren Ribéry und Robben explizit unschuldig, wie alle anderen auch, außer Torwart Sven Ulreich, der einen Freistoß von Maximilian Arnold falsch einschätzte und sich den Ball ins eigene Tor legte (56.). Beim Ausgleich durch Daniel Didavi stimmte dann die Abstimmung nur unter der Annahme, dass der Vorsatz war, kollektiv nicht zu verteidigen (83.). "Den einen Punkt hat Wolfsburg nicht gewonnen, die Schleife haben wir ihnen selbst überreicht", sagte Thomas Müller. "Ein bisschen mehr Bewegung, ein bisschen mehr Schnelligkeit hätte uns schon gut getan", sagte Mats Hummels, der am Ende ein "ziemlich offenes, ziemlich wildes Spiel" erlebte.

Ancelottis Rotation schmeckt Ribéry und Robben nicht

In diesem hatten Ribéry und Robben dann in der zweiten Halbzeit bezeichnenderweise je eine Szene - beide hätten das 3:1 erzielen können. Doch erst scheiterte Robben (58.), dann scheiterte Ribéry (78.). Ansonsten wussten die beiden Spieler, die sonst für den Glanz in den Auftritten des FC Bayern zuständig sind, wenig beizutragen, keine Tricks, keine Dribblings, kaum Bewegung, kaum Schnelligkeit. Und so standen sie beispielhaft für einen uninspirierten Abend der Mannschaft.

An den Flügelspielern lässt sich gut ablesen, dass der FC Bayern zum Herbstbeginn 2017 keine gefestigte Mannschaft ist. Auf der linken Seite leidet Ribéry darunter, dass er zurzeit unterstützt wird vom Ersatz-Linksverteidiger Rafinha, der gegen Wolfsburg eine Wade ins Spiel brachte, mehr nicht. Robben hat in Joshua Kimmich zwar einen unaufgeregten Seitenpartner, dem Niederländer fehlte aber die Explosivität; er konnte immerhin auf den mildernden Umstand verweisen, dass er unter der Woche wegen einer Grippe ausgefallen war.

Ribéry und Robben wissen, dass sie im Rotationskarussell von Trainer Carlo Ancelotti keine Sonderbehandlung erhalten, das scheint ihre Motivation nicht zu steigern; beide betonen ja, dass sie ihren Rhythmus nur finden, wenn sie immer spielen. Schließlich war ihre Unberechenbarkeit meist dann besonders wertvoll, wenn sie zu einem Gemeinschaftsgefühl dazu kam wie 2013 unter Jupp Heynckes oder zu einer durchgestylten Taktik wie unter Pep Guardiola. Fehlt beides, reichen zehn tapfer verteidigende Wolfsburger, um die gute, alte Flügelzange zu einem stumpfen Werkzeug werden zu lassen.

Einen überraschenden Moment hatte Ribéry an diesem Wochenende dann doch. Beim Oktoberfestbesuch des Klubs am Samstag sagte er: "Wir sind süß, und das ist super." Es war spontan, es war unerwartet. Es war eine kleine Rückkehr zur alten Topform.

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